Familienarbeit in der Pfarre

kann gelingen
  • indem die Pfarre die Familien willkommen heißt - im Gottesdienst, bei Taufanmeldungen...
  • indem die Pfarre den Familien hilft, ihre Kinder religiös zu erziehen (z.B. Familiengottesdienste, Jungschar, Jugendgottesdienste, Adventbasteln, Palmbuschenbinden, religiöse Kinderbücher in der Pfarrbibliothek, Erstkommunion- und Firmvorbereitung...). www.familien-feiern-feste.net 
  • indem die Pfarre Paare dabei unterstützt, ihre Partnerschaft spirituell zu leben (Ehejubiläen feiern, Gottesdienst für Liebende am Valentinstag, Angebote der Diözese wie Gesprächsseminare weitergeben...).
  • indem die Pfarre das Leben feiert Woche für das Leben und sich dafür einsetzt (Pfarrkindergarten, Jugendtreff, politische Arbeit für Familien...).
  • indem die Pfarre dem Thema "Ehe und Familie" im Pfarrgemeinderat  in allen Grundvollzügen der Kirche (Diakonie, Liturgie, Zeugnis, Gemeinschaft) genug Raum gibt.

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Es gibt weniger Zwang

Ein Interview zum Thema "Glaube in der Familie" mit Religionspädagogin Ass.-Prof.in Dr.in Silvia Arzt, Universität Salzburg.

Manchmal hört man, es gebe in Familien eine „Sprachlosigkeit“ zu religiösen Themen. Was sagen Sie dazu? 

Eigentlich weiß man sehr wenig darüber, was in Familien zu diesen Themen gesprochen wird. Es gibt kaum Studien dazu. Die Studien, die es gibt, zeigen allerdings auf, dass Religion und Glaube ein wichtiges Familienthema ist. In der Schweiz etwa wurden Rituale in Familien untersucht. Die Autoren der Studie waren überrascht, wie oft Abend- und Tischgebete noch praktiziert werden.

Sie selbst haben eine Pilotstudie in Salzburg zum Thema Religion und Familie durchgeführt. Was ist den Familien in Ihrer Studie besonders wichtig? 

Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 8 Jahren ritualisieren ihr Leben sehr stark. Sie wählen den immer gleichen Ablauf, zum Beispiel beim Abendritual. Das kann ein Anknüpfungspunkt für ein Abendgebet oder ein Kreuz zum Segen auf die Stirn sein. Bei einer gemeinsamen Mahlzeit ist es eben das Tischgebet. Außerdem ist der Umgang mit religiösen Kinderfragen für die Eltern sehr wichtig: Wo komme ich her? Wo war ich, bevor ich geboren wurde? Wo gehe ich hin, wenn ich sterbe? Um diese Fragen kommen Eltern nicht herum. So ist, zum Beispiel, der siebenjährige Sohn von Bekannten ganz begeistert von Kirchenräumen. Seine Eltern, die mit der Kirche wenig am Hut haben, müssen sich damit auseinandersetzen.

Wie antworten Eltern auf religiöse Kinderfragen? 

Die Erinnerung an die eigene Kindheit spielt dabei eine große Rolle. Meistens gibt es bei den Antworten eine starke Übereinstimmung mit der Tradition der Herkunftsfamilie. Information holen sich die Eltern bei engen Bezugspersonen aus Familie und Freundeskreis, eher nicht bei Institutionen.

Viele Eltern stehen auf Distanz zur Kirche. 

Das hängt wohl mit der Individualisierung zusammen: Jeder baut sich sein Leben für sich zusammen. Das ist die heutige Freiheit. Zum Teil gibt es auch negative Erfahrungen mit Menschen aus der Kirche, die nie aufgearbeitet werden. Außerdem muss man sich bewusst sein, dass die Begriffe Religion, Spiritualität, Glaube, Kirchlichkeit nicht unbedingt zusammengehen müssen. Oftmals gibt es einen Glauben an eine höhere Macht, der völlig unabhängig von einer Kirchengemeinschaft besteht. Auch Menschen, die an die Heilkraft der Steine glauben, können sich als religiös bezeichnen. Für die empirische Religionspädagogik ist es wichtig, zu sehen, wie die Menschen leben, nicht das Urteil darüber.

Eltern möchten ihren Kindern die Wahl der Religion oft freistellen. Gelingt das? 

Prinzipiell: Wenn Religion und Glaube in einer Familie wichtig sind, dann kriegen die Kinder das mit. Dasselbe gilt für das Gegenteil. Die Kinder schauen sich das ab. Allerdings wollen Eltern, denen Religion wichtig ist, meist trotzdem keinen Zwang auf ihre Kinder ausüben. Sie akzeptieren die eigene, freie Entscheidung des Kindes. Die Art der Erziehung hat sich verändert. In meiner Kindheit hat es viel mehr Normen und Regeln gegeben. Heute wird eher verhandelt. Es gibt weniger Zwang. Das trifft natürlich auch auf die religiöse Erziehung zu.

Inwiefern ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche zum Glauben und Beten Vorbilder haben? 

Beten lernt man nicht aus Büchern. Kinder brauchen Erwachsene, die sie begleiten, die ihnen das Beten zeigen. Jemand muss den Kindern von Gott erzählen. Dabei spielen die Großeltern und immer öfter auch die Urgroßeltern eine wichtige Rolle.

Wie können Pfarrgemeinden mit dem „punktuellen Erscheinen“ von Familien (z.B. Kindermette, Erstkommunion…) in der Kirche umgehen? 

Ich würde sagen: „Schön, dass die Familien da sind.“ Ich würde mir nicht erwarten, dass sie jeden Sonntag kommen. Spezielle Angebote werden von Familien gut angenommen. Man könnte noch kreativer werden. Nur weil der Großteil nicht jeden Sonntag in die Kirche geht, kann man aber nicht den Rückschluss ziehen, dass die Familien mit Glaube und Religion nichts am Hut haben. Vom Bild der Hauskirche in der Familie, die auf das kirchliche Leben vorbereitet, muss man sich allerdings verabschieden. Das ist für die Eltern nicht das erste Anliegen zum Thema Glauben.

 

Aus: Lebenswelten 2/2012; Link: Ass.-Prof.in Dr.in Silvia Arzt

 

Familie beim Tischgebet

(c) Toni Fiung