Kommentar zum Sonntag: Mit leerer Tasche…

…aber vollem Herzen - Kommentar zu Lk 10,1–9

Es gibt Tage, da fühlt sich das Leben wie ein Dauerlauf an: Termine, Erwartungen, endlose To Do Listen. Und dann dieses Evangelium mit einem radikalen Gegenentwurf. Jesus sendet 72 Menschen aus, ohne Geld, ohne Vorräte, ohne Absicherung. Nur mit einem Gruß „Friede diesem Haus!“ verbunden mit der Aufgabe, heilend und hoffnungsvoll unterwegs zu sein. 

Was für eine Zumutung und zugleich eine Einladung. Denn wer mit leichtem Gepäck reist, ist offen für Begegnung. Wer nicht alles kontrollieren kann, muss vertrauen. Und wer den Frieden bringt, wird selbst zum Geschenk. 

Die Zahl 72 steht laut Genesis 10 symbolisch für alle Völker. Die Aufforderung sie zu teilen, gilt uns allen. Nicht nur den Profis, nicht nur den besonders Frommen. Sondern jedem, der bereit ist, sich auf den Weg zu machen: in Gesprächen, in Beziehungen, in das Leben anderer. 

„Esst, was man euch vorsetzt“ will verdeutlichen: Lasst euch ein auf das, was ist. Auf das, was Menschen bewegt. Auf das, was geteilt werden will. Das Reich Gottes kommt nicht mit Pomp, sondern mit Nähe. „Geht!“ – sagt Jesus. Nicht: Wartet, bis ihr bereit seid. Nicht: Nehmt alles mit, was euch Sicherheit gibt. Sondern: Geht. In der Nachfolge Jesu reist man mit leichtem Gepäck, genaugenommen ohne. 

Was nehme ich mit auf meinen Wegen? Und was lasse ich zurück? Vielleicht ist es an der Zeit, weniger zu tragen – und mehr zu teilen. Der nächste Aufbruch beginnt vielleicht schon an der Wohnungstür. Oder beim nächsten Gespräch. 

 

Angelika Stegmayr, Leitung BILDUNG.gestalten 

Kommentar zum Sonntag: Mit leerer Tasche…
Foto: dibk.at