Bibeltag: Wie Jesus glauben lernte

Auch Jesus war ein Lernender. Im Interview mit der Kirchenzeitung "Tiroler Sonntag" berichtet Bibelwissenschaftler Wilhelm Bruners von wichtigen Vorbildern Jesu und prägenden Glaubenserfahrungen. Am 4. Februar spricht Bruners auf dem Bibeltag der Diözese Innsbruck im Haus der Begegnung.

Jesus wuchs in einer jüdischen Umgebung auf: Seine Eltern waren Juden, seine Verwandten, Freundinnen und Freunde. In welcher Weise hat das seinen Glauben geprägt? 

Wilhelm Bruners: Der jüdische Glaube wurde vor allem durch die Familie weitergegeben.

In täglichen Gebeten, bei Mahlzeiten, und dem drei Mal gesprochenen „Höre, Israel, der Herr, Dein Gott, ist einer“ erfuhr das Kind den wichtigsten Inhalt des Glaubens: Außer Gott gibt es keinen anderen Gott, der die Welt zusammenhält.

Taufe, Erstkommunion, Firmung… Die Stationen der Einführung in den katholischen Glauben sind klar vorgegeben. Wie ist Jesus in seinen Glauben hineingewachsen? 

Bruners: Durch die täglichen Gebete, den Sabbat-Gottesdienst in Synagoge und Familie und die jährlichen Feste. Ab vollendetem 12. Lebensjahr war ein jüdischer Junge religionsmündig. Das wurde in der Bar-Mizwa-Feier („Sohn der Weisung“) zeichenhaft gefeiert. 

Gibt es Ereignisse, die entscheidend sind für den Lebensweg Jesu? 

Bruners: Über die ersten Lebensjahrzehnte Jesu wissen wir nichts. Sein Zimmermanns-Beruf brachte ihn mit Juden und Nicht-Juden zusammen. Er kannte das oft schwierige Leben seines Volkes. 

Eine tiefe charismatische Geisterfahrung hatte Jesus offenbar bei seiner Taufe durch Johannes dem Täufer: „Du bist mein Sohn, der Geliebte!“ Diese „Himmelsstimme“ radikalisierte sein Leben: Er verließ Familie, Beruf und Nazareth und begann die Menschen zu begeistern mit der Botschaft: Gott selbst hat – gegen alle Herrscher – sein Königtum mitten unter den Menschen errichtet. Jetzt!

Jesus ist der Sohn Gottes: Was kann ein „Sohn Gottes" lernen? 

Bruners: In und mit Jesus macht Gott eine menschliche „Selbsterfahrung", wie  das Bischof Klaus Hemmerle einmal ausgedrückt hat. Der Brief an die Hebräer formuliert: „Obwohl er der Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt …"

Jesus war Schüler Gottes und der Menschen.

Kinder und Jugendliche lernen wesentlich von Vorbildern. Wie war das bei Jesus? 

Bruners: Das Matthäus-Evangelium betont, dass Jesus in Josef einen barmherzigen Vater hatte, das Lukas-Evangelium erzählt
Maria, die Mutter, als schriftgelehrte Frau. In Johannes dem Täufer begegnet der erwachsene Jesus einem mutigen, kritisch-religiösem Mann und in seinem Volk erlebt Jesus, wie Menschen unter harten Lebensbedingungen die Hoffnung auf Gott nicht aufgeben. Viele Vorbilder, die das Leben Jesu entscheidend geprägt haben, kennen wir nicht. Sie sind ihm auf den Straßen der Welt begegnet. 

 

Termin:

„Wie Jesus, der Jude, seinen Glauben lernte" lautet das Thema des diesjährigen Bibeltages der Diözese Innsbruck. Referent ist Wilhelm Bruners.

Bibeltag der Diözese Innsbruck, Samstag 4. Februar, 10-17 Uhr, im Haus der Begegnung.  

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