Papst ernennt Josef Grünwidl zum Wiener Erzbischof

Ernennung vom vatikanischen Presseamt offiziell bekanntgegeben - Bischofsweihe im Jänner, Einberufung einer Pressekonferenz mit designiertem Erzbischof und Vorgänger Schönborn

Papst Leo XIV. hat Josef Grünwidl zum neuen Erzbischof von Wien ernannt. Die Berufung des bisherigen Apostolischen Administrators der Erzdiözese Wien zum neuen Leiter der mit mehr als einer Million Katholiken zahlenmäßig größten Diözese Österreichs wurde Freitagmittag im Pressebulletin des Vatikans mitgeteilt. Die Entscheidung sei vor wenigen Tagen vom Papst getroffen und am Mittwoch dem Apostolischen Nuntius in Wien, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, sowie dem künftigen Wiener Erzbischof mitgeteilt worden, teilte die Erzdiözese mit.

 

Damit Grünwidl sein neues Amt antreten kann, muss er erst zum Bischof geweiht werden, was voraussichtlich im Jänner 2026 der Fall sein und von Kardinal Schönborn vollzogen werden wird, so die Erzdiözese. Gleichzeitig finde dann auch die feierliche Amtseinführung statt. Bis zu diesem Zeitpunkt verwaltet er die Erzdiözese wie bisher als Apostolischer Administrator. Noch für Freitag um 13 Uhr kündigte die Erzdiözese eine Pressekonferenz mit dem designierten Erzbischof Grünwidl und seinem Amtsvorgänger Schönborn im Club 4 (1010 Wien, Stephansplatz 4) an, die auch live im Internet übertragen wird (Link: https://www.youtube.com/live/zo5_NRxcwww).

 

Mit Josef Grünwidl kommt an die Wiener Kirchenspitze ein Erzbischof, der noch vor einem Jahr über die Diözesangrenzen hinaus kaum bekannt war. In den Vordergrund zu drängen, war nie die Art des 62-Jährigen. Doch durch sein stilles Wirken in der Seelsorge hat er sich über Jahrzehnte bewährt und überzeugte damit nicht nur in der Erzdiözese, sondern offenbar auch seinen Vorgänger Kardinal Schönborn. Dieser hatte ihn einst zum Sekretär und später zum Bischofsvikar bestellt - und ihn dann wohl auch im Vatikan als Apostolischen Administrator empfohlen. Diesen Übergangsauftrag erfüllte der gebürtige Weinviertler - wie von vielen attestiert wurde - mit Bravour, womit er sich in den Augen der Kirchenleitung für höhere Aufgaben qualifizierte.

 

Gebürtiger Weinviertler
Der neue Wiener Erzbischof wurde am 31. Jänner 1963 in Hollabrunn geboren und wuchs im nahegelegenen Wullersdorf auf, unweit des Benediktinerpriorats Maria Roggendorf. Nach der Matura am erzbischöflichen Aufbaugymnasium in Hollabrunn trat Grünwidl 1981 ins Wiener Priesterseminar ein und studierte Theologie an der Universität Wien. Gleichzeitig belegte er das Konzertfach Orgel an der Musikuniversität. Während eines Studienjahrs in Würzburg fiel die Entscheidung: "Musik bleibt mein Hobby, Priester wird mein Beruf." 1987 empfing er durch Weihbischof Helmut Krätzl die Diakonenweihe, 1988 folgte die Priesterweihe durch Kardinal Franz König. 

 

Sein seelsorglicher Weg führte ihn zunächst als Kaplan nach Wien-St. Johann Nepomuk (ab 1988), dann als Kurat an die Dompfarre Wiener Neustadt (1991) und als Diözesanjugendseelsorger (1993) in die überregionale Arbeit. Von 1995 bis 1998 war er Sekretär des damals frisch ernannten Erzbischofs Christoph Schönborn. Danach war Grünwidl viele Jahre Pfarrer in mehreren Gemeinden des südlichen Niederösterreichs, darunter Kirchberg am Wechsel, Feistritz, St. Corona und Trattenbach. 2007 wurde er Dechant, ab 2014 Pfarrer von Perchtoldsdorf. 2016 folgte die Wahl zum geschäftsführenden Vorsitzenden im Wiener Priesterrat, 2023 die Ernennung zum Bischofsvikar für das Vikariat Süd, 2024 zum Ehrenkanoniker des Stephansdoms.

 

Dialogbereiter Interimschef
Nachdem Papst Franziskus (2013-2025) das altersbedingte Rücktrittsgesuch von Kardinal Schönborn genau an dessen 80. Geburtstag am 22. Jänner 2025 angenommen hatte, wurde der damalige Bischofsvikar Grünwidl von ihm zeitgleich zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien bestellt. Seine Aufgabe war seither die interimistische Leitung der Diözese inklusive Verwaltung, seelsorglicher und personeller Koordination, jedoch ohne langfristige Entscheidungen, um dem künftigen Erzbischof nicht vorzugreifen. In dieser Phase profilierte er sich als seelsorglich geerdeter Leiter, geschätzter Prediger und verständiger Gesprächspartner. Diözesanintern wurde sein zuhörender Führungsstil breit geschätzt. 

 

Mit der Ernennung zum Übergangsleiter rückte Grünwidl auch in den Kreis potenzieller Nachfolger. Von Medien auf kirchliche "heiße Eisen" angesprochen, zeigte er sich offen für Reformen. Grünwidl war einst Mitglied der Pfarrer-Initiative, hatte sich von der Reformgruppe jedoch bei deren "Aufruf zum Ungehorsam" wieder zurückgezogen. In aktuellen Interviews betonte er, der Zölibat sei für ihn persönlich eine bewusst gewählte Lebensform, aber "keine Glaubensfrage" - und sollte daher für Priester nicht zwingend vorausgesetzt werden. Beim Thema Frauen in der Kirche ortete er "dringenden Klärungsbedarf": Das Frauendiakonat sollte weiter diskutiert werden, auch eine Aufnahme von Frauen ins Kardinalskollegium wäre für ihn denkbar. Als Administrator nahm er drei Frauen ins diözesane Leitungsteam auf.

 

Mystik statt Kulturchristentum
Die Zukunft der Kirche sieht Grünwidl jedoch nicht in Strukturfragen, sondern in der geistlichen Erneuerung. Die Seelsorge brauche nicht Funktionäre, sondern "Mystikerinnen und Mystiker", so sein Credo. Wer kirchlich tätig sei, müsse zuerst das eigene geistliche Leben pflegen. Menschen mit "abweichender Lebensführung" oder Glaubenszweifler sollten auf "ein liebendes Herz" treffen, und statt oberflächlichem "Kulturchristentum" brauche es eine persönliche Christusbeziehung, sowie regelmäßiges Gebet, Schriftlesung und Eucharistie. In einer Zeit, in der Zugehörigkeit zur Kirche zunehmend zur bewussten Entscheidung werde, plädierte er für stärkere Begleitung und eine glaubwürdige Verkündigung: Das Evangelium sei "die beste Botschaft, in der es um Frieden, Versöhnung, Gemeinschaft und Hoffnung geht". 

 

Die schrumpfenden personellen und finanziellen Ressourcen der Kirche sind Grünwidl bewusst, musste er doch schon als Pfarrer und Administrator damit umgehen. Insbesondere beim Umgang mit kirchlichen Gebäuden plädiert er für behutsame, gemeindenahe Entscheidungen, die vom Erhalt über Umwidmung bis zur möglichen Veräußerung reichen könnten. Die beste Lösung sei "eine lebendige Gemeinde, damit Kirchen im Dorf bleiben" und weiterhin die spirituelle Grundversorgung sichern könnten. Als diözesaner Interimsleiter sprach er sich für ein pastorales Gebäudekonzept und verstärkte Zusammenarbeit zwischen benachbarten Pfarren aus.

 

Zum Thema Synodalität forderte Grünwidl bisher eine "heilsame Dezentralisierung", müsse doch nicht jede einzelne Frage zentral in Rom entschieden werden. Neue Beratungs- und Entscheidungsformate könnten helfen, "kirchliche Schwerhörigkeit gegenüber dem Evangelium und den Lebensrealitäten" zu überwinden. Ob und in welcher Weise er sich künftig in politische Debatten einbringen wird, bleibt abzuwarten. Eine Kirche, "die ständig mit dem Zeigefinger zur Tagespolitik Stellung nimmt", lehnte der künftige Erzbischof ab; wo es jedoch um Menschenwürde, Gerechtigkeit und den Schutz Benachteiligter gehe, seien klare Worte unbedingt geboten.

 

Bergliebhaber und Organist
Ausgleich zum kirchlichen Alltag findet der neue Leiter der Erzdiözese Wien vor allem im Naturerlebnis beim Bergwandern sowie auch beim Musizieren. Musik war für ihn stets "Lebensmittel" und "ein Weg zu Gott", sei es am Klavier oder an der Orgel, berichtete er in einem Radiointerview. Freunde beschreiben ihn als feinsinnigen, humorvollen Menschen und als Fan von Loriot. Zu Grünwidls geistlichen Leitbildern zählen die Benediktsregel ("Bete, arbeite und lies") und die heilige Teresa von Avila, deren Gottvertrauen und "zweite Bekehrung" ihn besonders beeindrucken. 

 

In den vergangenen Monaten seit Beginn seiner interimistischen Leitungsfunktion hatte Grünwidl in Bezug auf die Nachfolge von Kardinal Schönborn mehrfach erklärt, er sehe sich "nicht in dieser Aufgabe" und würde lieber in seine Pfarre zurückkehren. Würde ihn der Papst dennoch darum bitten, so wolle er "sehen, wie ich darauf reagiere". Nun hat er dem Ruf aus Rom doch zugestimmt.

 

(Laufend aktualisierter Kathpress-Themenschwerpunkt zur Ernennung des neuen Wiener Erzbischofs unter www.kathpress.at/erzbischof-gruenwidl)

 

Meldungen von www.kathpress.at 

Papst ernennt Josef Grünwidl zum Wiener Erzbischof
Foto: Schönlaub/edw

Österreichs Bischöfe freuen sich auf Zusammenarbeit mit Grünwidl

Erzbischof Lackner: Ernennung durch den Papst große Freude für Kirche in ganz Österreich - Hermann Glettler: Solide Entscheidung des Vatikan

Die österreichischen Bischöfe haben auf die am Freitag erfolgte Ernennung von Josef Grünwidl für die Leitung der Erzdiözese Wien mit einhelliger Freude reagiert. Der Erzbischof, der in seiner Übergangsfunktion als Apostolischer Administrator nach der Emeritierung von Kardinal Christoph Schönborn schon seit 22. Jänner der Bischofskonferenz angehörte, sei eine gute Wahl von Papst Leo XIV. und man freue sich sehr über die weitere Zusammenarbeit und künftigen Austausch, so der Tenor aller ersten Reaktionen aus den Ordinariaten.

 

Von "großer Freude" in der ganzen Kirche Österreichs schrieb der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Erzbischof Franz Lackner. Wien bekomme mit Grünwidl einen "wirklichen Hirten, einen Seelsorger, der mit weitem Herz und wachem Geist wirkt, und der die Nähe Gottes wie auch der Menschen zulässt". Auch persönlich freue er sich auf Grünwidls baldige Weihe und Aufnahme im Bischofsamt, so der Salzburger Erzbischof, der Österreichs Katholiken zu gemeinsamem Gebet aufrief, "für den angehenden Erzbischof Josef und sein Amt, für sein Wirken und viele Jahre in Frieden".

 

Ähnliche Töne stimmte der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl in seinen Gratulationsworten an und dankte seinem künftigen Bischofskollegen dafür, "dass er diesen Dienst für die Menschen in der großen Erzdiözese mit ihren vielfältigen Herausforderungen angenommen hat". Grünwidl sei für das Amt bestens geeignet, durch reiche Erfahrung in der Pfarrseelsorge wie auch in der Verwaltung der Erzdiözese. Auch als neuer Erzbischof werde Grünwidl gute Entscheidungen treffen, "getragen vom Heiligen Geist mit dem Licht des Evangeliums".

 

Der Innsbrucker Bischof Hermann Gletter kommentierte auf Instagram die Papst-Entscheidung als "solide". Er habe Grünwidl in der Bischofskonferenz und bei persönlichen Begegnungen als "verbindlichen Brückenbauer" kennengelernt, was angesichts eines aktuellen "Auseinanderdriftens so vieler Welten" von großem Wert sei. Sein Kommunikationsstil sei "klar und direkt", zudem sei er als langjähriger Pfarrer, Seelsorger und Bischofsvikar bestens vertraut mit pastoralen Themen und "aufmerksam genug für die aktuellen Fragen und Themen unserer nervösen Zeit". Auch den "Wiener Schmäh" Grünwidls wusste der Innsbrucker Bischof zu schätzen.

 

Der Kärntner Bischof Josef Marketz wies in seiner Reaktion darauf, dass Grünwidl mit den spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten der Kirche in Wien bereits bestens vertraut sei und als Administrator viele Sympathien gewonnen habe. Der in der Bischofskonferenz für die Bereiche Soziales und Pastoral zuständige Bischof hob zudem Grünwidls "besonderes Gespür für soziale und pastorale Anliegen" und den "reichen Erfahrungsschatz als Seelsorger" hervor.

 

Aus Vorarlberg meldete sich Bischof Benno Elbs mit Glückwünschen an den "sehr einfühlsamen, aufmerksamen und zutiefst geistlichen Menschen" Grünwidl anlässlich seiner Ernennung zum Wiener Erzbischof. Auch der Feldkircher Oberhirte hob seine Erfahrung aus der Pfarrseelsorge hervor, freute sich aber besonders, dass die Gläubigen der Erzdiözese Wien mit Grünwidl "einen Bischof erhalten, der nahe bei den Menschen ist und mit Überzeugung und viel Feingespür die Botschaft Jesu lebt und verkündet".

 

Auch der erst vor wenigen Monaten geweihte Weihbischof Johannes Freitag lobte seinen neuen Kollegen in Wien. Er attestierte Grünwidl "geerdete und menschenfreundliche Art, ernsthafte Freude, Humor und Gelassenheit, aber auch Blick auf Menschen am Rand der Gesellschaft". Der designierte Erzbischof "denkt Kirche weit" und lebe gleichzeitig aus der Tiefe. "Seine Erfahrungen an unterschiedlichen Orten der Seelsorge werden ihm im neuen Dienst zugutekommen", so der Grazer Weihbischof.

 

In den Chor der Gratulanten hat auch der Südtiroler Bischof Ivo Muser eingestimmt."Die häufigste Einschätzung, die ich über Josef Grünwidl gehört habe, war: Das ist ein Seelsorger mit Leidenschaft, Herz, Verstand und Erfahrung - und verankert in einer persönlichen Christusbeziehung", hält der Bischof von Bozen-Brixen in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress fest. "Das sind gute Voraussetzungen für den anspruchsvollen Dienst, den er nicht gesucht hat, den aber viele ihm zutrauen. Viele Menschen freuen sich über seine Ernennung, weit über Wien hinaus", so der Bischof, der mit "herzlichen Glück- und Segenswünsche aus Südtirol" verbleibt.