Ein richtiges Fest für die armen Seelen
Rund um Allerheiligen und Allerseelen am 1. und 2. November stehen die Verstorbenen im Mittelpunkt – und doch sind es Feiertage, die Hoffnung und Gemeinschaft vermitteln. An Allerheiligen gedenkt die Kirche aller Heiligen und Seligen – auch jener „Alltags-Heiligen“, die im Verborgenen Gutes tun. Allerseelen ist dem Gebet für alle Verstorbenen gewidmet. Dass sich das Gedenken zunehmend auf Allerheiligen konzentriert, liegt vor allem daran, dass dieser Tag ein gesetzlicher Feiertag ist.
Lebendige Bräuche mit sozialem Charakter
Auch in Tirol und in den muttersprachlichen Gemeinden der Diözese Innsbruck gibt es lebendige, oft heitere Traditionen. In Osttirol und Südtirol lebt etwa der Brauch des „Krapfenschnappens“ weiter – ein Heischebrauch mit Parallelen zum Halloween-Süßigkeitensammeln. Kinder und Jugendliche ziehen am Abend des 31. Oktober und zu Allerheiligen von Haus zu Haus, bitten um Krapfen und Spenden und tragen als Dank Gedichte oder Lieder vor. Das gesammelte Geld kommt wohltätigen Zwecken zugute. In Defreggen heißt der Brauch „Grégeln“, in der Debant oder am Iselsberg spricht man von „Krapfenschnagglern“.

Bischof Hermann Glettler feiert mit den Gläubigen am Allerheiligentag, 1. November 2025, um 10 Uhr ein Pontifikalamt im Innsbrucker Dom zu St. Jakob. Der Domchor und das Dombläser unter der Leitung von Domkapellmeister Christoph Klemm gestalten den Gottesdienst musikalisch unter anderem mit der Loretto Messe von Vinzenz Goller.
Danijel Jurić, Beauftragter für die muttersprachliche Seelsorge, berichtet wiederum aus seiner Heimat: „In Teilen Kroatiens wurde Allerheiligen früher als ‚erstes Weihnachten‘ gefeiert – mit festlichem Abendessen und sogar Tanz vor den Kirchen.“ Auch das Mitbringen von Speisen zu den Gräbern war verbreitet – ein Brauch, der sich im Allerheiligenstriezel widerspiegelt. Dieser wurde nicht nur verschenkt, sondern manchmal auch auf Gräber gelegt – in der Vorstellung, dass die Toten in der Nacht auf Allerseelen auferstehen und verpflegt werden müssten.
Der aus Hefeteig geflochtene Zopf erinnert an einen antiken Trauerbrauch, bei dem Frauen ihre Haarzöpfe abschnitten. Auch die „Nacht der 1000 Lichter“ knüpft an den Volksglauben an, dass die Seelen in dieser Zeit zurückkehren: Über Nacht brennt ein Licht – das „Arme-Seelen-Licht“ – für die Verstorbenen.
Heilige als Vorbilder
Das Allerheiligenfest wurde ursprünglich eine Woche nach Pfingsten gefeiert und später auf den 1. November verlegt. Die Kirche verehrt in den Heiligen Menschen, an denen Gottes Wirken sichtbar wurde. Die Verehrung begann mit den Märtyrern der frühen Christenheit. Um eine unkontrollierte Heiligenverehrung zu vermeiden, wurden später Selig- und Heiligsprechungsverfahren eingeführt.

Symbolfoto: Cincelli/dibk.at

"Allerheiligenstriezl": Ein Hefezopf frisch aus dem Ofen – Foto: Cincelli/dibk.at
Viele Familien schmücken vor Allerheiligen die Gräber mit Kerzen, Gestecken und Blumen. Die Segnung der Gräber mit Weihwasser erinnert an die Taufe – im Volksglauben sollte das Wasser die Seelen im Fegefeuer kühlen. Eine Besonderheit ist das Seelenläuten zu Mittag: Der Glaube besagt, dass die Glocken die „armen Seelen“ für einen Tag aus dem Fegefeuer befreien.
Indische und universitäre Perspektiven
Krankenhausseelsorger Tomy Mullur erinnert sich an die Praxis in seiner indischen Heimat: „Für jede Familie wird zu Allerseelen eine eigene Andacht mit dem Priester gefeiert.“ Auch außerhalb der Familien wird der Verstorbenen gedacht: An der Medizinischen Universität Innsbruck findet am Mittwoch, 29. Oktober, um 16 Uhr der traditionelle Gedenkgottesdienst für Körperspender statt – zelebriert von Universitätspfarrer Propst Jakob Bürgler.
„Diese Bräuche zeigen, dass die Tage rund um Allerheiligen – obwohl sie dem Gedenken gewidmet sind – zugleich einen heiteren und gemeinschaftlichen Charakter tragen“, fasst Danijel Jurić zusammen.
Nacht der 1000 Lichter – gestartet in Tirol vor 20 Jahren
Was 2005 in Tirol mit nur 14 Veranstaltungen begann, hat sich zu einem österreichweiten Projekt mit über 280 teilnehmenden Pfarren entwickelt, das mittlerweile auch in Südtirol verankert ist.
Die Veranstaltung lädt Menschen jeden Alters dazu ein, Kirchen, Kapellen und besondere Orte in einem neuen Licht zu erleben – wortwörtlich. Jugendliche gestalten diese Räume mit hunderten Kerzen, begehbaren Labyrinthen, Lichterwegen, Musik und spirituellen Impulsen. Ziel ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, die zum Staunen, Stillwerden, Nachdenken und Beten einlädt. Alle Veranstaltungsorte, Zeiten und Programme sind auf der offiziellen Website zu finden: www.nachtder1000lichter.at
Bewährtes Angebot der Trauerräume
In der Zeit rund um Allerheiligen und Allerseelen wird in vielen Menschen die Erinnerung an den Tod eines geliebten Menschen wach, auch die eigene Vergänglichkeit wird bewusst. Trauer braucht Zeit, Ausdruck und auch ihren Raum – mit diesem Konzept bietet die Tiroler Hospiz-Gemeinschaft seit über zehn Jahren eigene TrauerRäume an. Gäste haben dort die Möglichkeit, ihre Trauer ganz für sich allein, im Gespräch mit ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen oder durch ein kleines Ritual zuzulassen und auszudrücken.
Liste der Trauerräume: https://www.hospiz-tirol.at/termine

Anatomie-Gottesdienst - Foto: Unipfarre

Nacht der 1000 Lichter - Foto: Rachlé
Ein Abend mit Text, Musik und Bild: Sir Peter Ustinov wird durch die Stimme von Georg Schärmer, die Klarinette von Hermann Götzl und das Porträt von Olaf von Riccabona lebendig. QUO VADIS lädt traditonell rund um Allerheiligen ein zu einem Benefizabend zugunsten der Hilfsprojekte von Bischof Reinhold Stecher. Donnerstag, 30. Oktober, 19 Uhr, Pradler Friedhof.
Livegottesdienst vom Imsterberg zu Allerheiligen
Österreichweit wird der katholische Allerheiligen-Gottesdienst am kommenden Samstag aus der Pfarrkirche Mariä Sieben Schmerzen in Imsterberg in Tirol live übertragen. Mit der Gemeinde feiern am 1. November um 10 Uhr Dekan Franz Angermayer, Lektor:innen und Ministrant:innen der Pfarre. Für die musikalische Gestaltung sorgen der Chor Stimmharmonie unter der Leitung von Pius Frischmann und Josef Vögele, der Dreigesang BaRöNe Töne unter der Leitung von Johanna Neurauter sowie Sara Eiter-Schöpf an der Orgel. Im Anschluss an den Gottesdienst stehen Dekan Franz Angermayer und Pfarrgemeinderatsobfrau Johanna Neurauter eine Stunde lang für Anfragen und Gespräche zur Verfügung. Sie sind unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 100 2260 zu erreichen.
Aktuelle Gottesdienst-Liveübertragungen finden Sie auf www.gottesdienst.at