Kirche erstrahlt dank Dorfzusammenhalt

Altarweihe in Leins am kommenden Sonntag nach Abschluss der Renovierungsarbeiten

Enorm viel hat sich getan in dem Jahr, in dem die Bevölkerung der Pitztaler Gemeinde Leins an „ihrer“ Kirche gearbeitet hat. Nun erstrahlt sie in neuem Glanz. Am Sonntag, dem 8. Dezember 2024, wird der neue Altar von Altabt German Erd OCist geweiht und die Kaplaneikirche wieder ihrem eigentlichen Zweck dienen, obwohl sie durchgehend ein Ort der Gemeinschaft geblieben ist. Immerhin haben die Leiner:innen unermüdlich in ihrer Freizeit das Projekt vorangetrieben. Der Festgottesdienst beginnt um 15:30 Uhr, im Anschluss feiert die Gemeinde die abgeschlossene Renovierung bei Speis und Trank am Kirchplatz.

 

Eine größere öffentliche Feier wird die Orgelweihe mit offiziellen Abordnungen und Formationen gemeinsam mit dem Innsbrucker Diözesanbischof zum Kirchtag Mitte Mai sein – bei angenehmeren Temperaturen als jetzt im Dezember.

 

„Es ist ein Privileg, wenn man an so etwas mitwirken kann“, streicht der stellvertretende Vorsitzende des Pfarrkirchenrats, Benni Raich, hervor. Das Projekt habe den Zusammenhalt im Dorf eindeutig noch mehr gestärkt. „Und nicht nur, dass man lieber in eine schön restaurierte Kirche geht, wenn man sie selbst mitrestauriert hat, ist das gleich noch schöner!“, freut er sich. Raich betont die gute Zusammenarbeit mit den Stellen der öffentlichen Hand und der Diözese Innsbruck bei der Umsetzung des Projekts.

 

Bis in den Herbst hinein wurden der neue Lärchenboden verlegt, die Wände erneuert, Sanierungsarbeiten durchgeführt, neue Bänke angefertigt und viele weitere Arbeiten im Innen- und Außenbereich durchgeführt. Der vom Imster Künstler Elmar Kopp (1929-2020) ursprünglich 1954 gestaltete Triumphbogen wurde wieder hergestellt. In den vergangenen Tagen wurden die neuen Altarmöbel aufgestellt, die von Schüler:innen der HTL Imst nach dem Entwurf von Architekt Ernst Ragg angefertigt wurden. Im Boden des Altarraums eingelassen wird eine Reliquie des Seligen Otto Neururer. Ergänzt wird das neue liturgische Zentrum durch eine Arbeit von Elmar Peintner aus Imst, der das bekannte Innsbrucker Gnadenbild „Maria Hilf“ auf eine neue Art interpretiert hat.

 

An die vielen freiwilligen Helfer:innen und beteiligten Firmen, die mit großem Einsatz und handwerklichem Können zur Renovierung beigetragen haben, richtet sich der Dank von P. Maximilian Maria Schwarzbauer OJSS: „Vergelts Gott für Eure Zeit, Eure Talente und Eure Hingabe. Ihr habt diesen Ort des Gebets und der Gemeinschaft in alter und neuer Schönheit erstrahlen lassen.“ Ohne deren unermüdlichen Einsatz wäre das Projekt nicht möglich gewesen, ist der neue Pfarrprovisor überzeugt. Er selbst ist im Laufe der Arbeiten nach Leins gekommen und hofft: „Diese Kirche soll jetzt wieder die geistige Mitte unseres Dorfes sein, in der wir die heiligen Mysterien unseres Glaubens feiern und uns in verschiedenen Situationen des menschlichen Lebens im gemeinsamen Gebet zu Gott versammeln.“ Er lädt dazu ein, eine Patenschaft für ausgewählte Ausstattungsstücke zu übernehmen und so die Renovierung der Kirche zu unterstützen.

Kirche erstrahlt dank Dorfzusammenhalt
Bild: Huter
Erläuterungen zur Restaurierung und Neugestaltung der Kirche in Leins von Stefan Schöch, Fachreferent für Kunstvermittlung

Deutlich sichtbare Schäden an der Kaplaneikirche in Leins machten eine aufwändige Restaurierung und Erneuerung des alten ehrwürdigen Gotteshauses unumgänglich.

 

Der barocke Bau (ca. 1750) hatte bereits mehrere Erneuerungen und Umgestaltungen erfahren: Im späten 19. Jh. wurden - der damaligen Mode folgend – der historistische Altar eingebaut und die Wände neu ausgemalt (1896). In den 1950er Jahren wurde der zu klein gewordene Raum großzügig erweitert und der Turm angebaut. Der in Imst geborene Künstler Elmar Kopp (1929-2020) bekam den Auftrag, den neuen Triumphbogen in der Formensprache der Zeit (1954) zu gestalten. Ein neuer Entwurf für einen zeitgemäßen Flügelaltar kam allerdings nicht mehr zur Ausführung (siehe Bild!). Im neuen Altarraum wurde vorübergehend der alte Altar wieder aufgestellt.

 

Schäden am Mauerwerk führten in den 1980er Jahren zu einer erneuten, grundlegenden Sanierung: Das Fundament der Kirche wurde mit einem Betonsockel umfangen, der schadhafte Putz abgetragen. Innen und außen wurde ein neuer Kalk-Zementputz aufgebracht. Der nüchtern gehaltene Zubau aus den 1950er Jahren mit der Malerei Kopps am Triumphbogen wurde in der Kombination mit dem verbliebenen, historistischen Hochaltar als wenig zufriedenstellend erachtet. Dies führte bei der Sanierung in den 1980er Jahren dazu, dass man sich gegen das Design der 1950er Jahre entschied und die Bilder Elmar Kopps übermalte. Die Malereien des historistischen Kirchenraumes samt theologischen Aussagegehalt wurden kopiert und auf den ganzen Bau ausgedehnt (Kirchenmaler Erwin Schwenninger, 1986).

Langfristig hatte die Sanierung allerdings wieder Schäden zur Folge: Die damaligen Maßnahmen wie der dichte Wandverputz konnten das Feuchtigkeitsproblem keineswegs beheben, sondern führten im Gegenteil zu neuerlichen sichtbaren Schäden an den Wänden.

 

Unter reger Beteiligung der ganzen Pfarrgemeinde wurde daher ab 2023 wieder die Erneuerung des Gotteshauses angegangen. Bei der Gelegenheit sollten zunächst konstruktive Mängel behoben werden. Umfassende Maßnahmen betreffen jetzt die Sicherung des Mauerwerkes und Wandverputzes und Ausbesserung der Schäden am Dach. Das Feuchtigkeitsproblem sollte durch eine Drainagierung, bei der ein Wasser führendes Gestein getrennt wurde, besser behoben werden. Weitere Arbeiten wurden bei der Erneuerung des Fußbodens, des Gestühls und der Bankauflagen, sowie bei den Elektroinstallationen und der Beleuchtung durchgeführt.

 

Auch das Erscheinungsbild der gesamten Kirche sollte einer Erneuerung unterzogen werden, bei der die ganze wechselvolle Baugeschichte berücksichtigt wird. Im Planungs- und Ausführungsprozess fand eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Pfarrgemeinde, dem Architekten Ernst Ragg, der Abteilung Kirchliches Bauen und dem Konservator der Diözese Innsbruck sowie dem Bundesdenkmalamt statt.

 

Das äußere Erscheinungsbild orientiert sich jetzt am ursprünglichen barocken Zustand der Kirche: Die späteren gelben Faschen wurden – wie die gesamte Außenfassade – im gebrochenen Weiß übertüncht. Die Figurennischen über dem Hauptportal wurden mit kleinen Blechabdeckungen dezent eingedeckt. Zudem wird der gesamte Vorplatz der Kirche durch kleine Maßnahmen attraktiver gestaltet.

 

Die Erneuerung des Wandverputzes im Inneren bot ebenso die Möglichkeit, auf die frühere Baugeschichte Bezug zu nehmen: Die historistischen Fresken des 19. Jahrhunderts im Langhaus wurden gereinigt, Risse geschlossen und schadhafte Stellen ausgebessert. Im jüngeren Zubau wurde das Gestaltungsschema der Restaurierung der 1980er Jahre aufgegeben und das Erscheinungsbild der 1950er Jahre wieder miteinbezogen. Die Malereien Elmar Kopps am Triumphbogen sind in einem erstaunlich guten Zustand erhalten geblieben und wurden durch die Restauratoren Preissenhammer und Mitterer äußerst behutsam freigelegt.

 

Im Anbau der 1950er Jahre mit der betont schlichten, monochromen Farbgebung der Wände und Decke bilden jetzt die liturgischen Orte ein neues Zentrum, das den liturgischen Notwendigkeiten und den Bedürfnissen der Gemeinde besser entspricht. Zusammen mit Arch. Ernst Ragg wurden ein neuer Altar, Tabernakel und Ambo sowie neue Sedilien entwickelt, die gemeinsam mit Schülern der HTL Imst zur Ausführung gelangen.

 

Unter dem neuen Altar wird im Fußboden eine Reliquie beigesetzt. Es handelt sich um Reste der Asche des seligen Tiroler Märtyrers Otto Neururer, der nur wenige Kilometer entfernt 1882 in Piller geboren und 1940 durch die Nazis aufgrund seines Glaubens ermordet wurde. Die Reliquie unter dem Altar macht die Verbundenheit mit den Heiligen im Himmel während der Gottesdienste präsent.

 

Ergänzt wird das neue liturgische Zentrum durch eine Arbeit des Imster Künstlers Elmar Peintner, der das bekannte Innsbrucker Gnadenbild „Maria Hilf“ auf eine neue Art interpretiert.

 

Damit die nun wieder sichtbaren, verschiedenen Etappen der vielschichtigen Baugeschichte in einem einheitlichen Gesamtbild erscheinen, wurde die optische Gestaltung des Altarraumes neu überdacht. Der historistische Altar soll in seiner dominanten Erscheinung zurückgenommen werden. Dafür wird auf ein Material zurückgegriffen, das in Leins mit dem früheren Flachsanbau durchaus Tradition hat: Die abgehängte Leinenbahn vor dem Hochaltar kann den Eindruck einer Verhüllung, einer Bedeckung oder zumindest einer Ergänzung erwecken. Das durchlässige Material verändert je nach Lichtregie oder Beleuchtungssituation seine Transparenz und lässt den Hochaltar in unterschiedlicher Weise vor- oder zurücktreten. Der traditionelle Hochaltar mit seinem Gnadenbild kann hier weiterhin Beheimatung bieten. Gleichzeitig wird mit der Leinwand eine Harmonisierung zwischen dem historistischen Hochaltar und der Malerei der 1950er Jahre erreicht. Daran schließt sich ebenso harmonisch der Kirchenraum an, der in seiner historistischen Formensprache belassen wurde und doch mit den neugestalten Elementen zu einer Einheit findet.

 

Mit der Restaurierung des Orgelpositivs wird ebenso ein bemerkenswertes Zeugnis der Leinser Kirchengeschichte wieder aufgewertet. Das Instrument wird vom Bundesdenkmalamt aufgrund seiner Seltenheit – was das Gehäuse genauso wie das innenliegende Gehäuse betrifft – als Klangdenkmal gelistet. Eine Inschrift weißt auf das Erbauungsjahr 1734 hin. Spezialisten schreiben das Instrument dem bekannten Füssener Orgelbauer Andreas Jäger (1704-1773) zu. Bereits 1901 gelangte das Instrument nach Leins und wurde geringfügig der historistischen Ausstattung angepasst. Seither versieht das Instrument mit seinen 4 Registern dort einen wertvollen Dienst und passt optisch als auch klanglich ideal in den Kirchenraum. Mit der Instandsetzung durch Orgelbauer Alois Linder aus Nußdorf bleibt das Orgelpositiv seinem Ort und seiner Bestimmung erhalten. Es ist für die praktische musikalische Begleitung im Gottesdienst geeignet und kann gleichermaßen solistisch zum Einsatz kommen.