Hl. Geist ist Energieversorger, Konfliktmanager und Therapeut

Bischof Hermann Glettler: "Bedrohlicher Krisencluster" macht es notwendig, nach Entlastung und Zukunftsperspektiven Ausschau zu halten

Als Energieversorger, Konfliktmanager und Therapeut hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in seiner Predigt am Pfingstsonntag am Innsbrucker Domplatz den Heiligen Geist charakterisiert. Jeder wisse, "in welcher Funktion er aktuell den Hl. Geist dringend braucht". Wichtig sei die Offenheit, sich vom Himmel her unterstützten und helfen zu lassen. "Wenn wir unsere eingebildete Souveränität aufgeben, schenkt Gott seine Herzensenergie immer großzügig." Jeder, der sich für den Geist öffne, vergrößere das "himmlische Verteilungs- und Versorgungsnetz", so Glettler.

Derzeit erlebe die Gesellschaft einen "bedrohlichen Krisencluster", so Glettler. Dieser mache es notwendig, Ausschau zu halten, "nach Entlastung, Zukunftsperspektiven, Überlebenskraft und nachhaltigen Energiequellen". Dies gelte nicht nur für Haushalt, Industrie und Verkehr, "sondern mindestens so dringlich für Körper, Geist und Seele". Die Belastungen seien real, "zusätzlich zu den Pandemie-Folgen und sozialen Verschärfungen sind wir bereits bei mehr als 100 Tagen Krieg in der Ukraine", erinnerte Glettler. Es brauche deshalb "einen Energieversorger der anderen Art, einen Anwalt in den vielfältigen Konfliktzonen und einen Therapeuten für die vielen seelischen Verwundungen unserer Zeit".

Auf nationaler und EU-Ebene würden derzeit Debatten um ein Öl- und Gasembargo mit großer Leidenschaft geführt. "Wir sind mit unserer Energieversorgung in einer realen Abhängigkeit vom kriegsführenden Russland", so Glettler. Ein Ausstieg wäre als Sanktionsmaßnahme ethisch wichtig. Ebenso stehe der "Energiehaushalt unseres Herzens zur Debatte", bei all der Katastrophen sei es nicht verwunderlich, dass viele "wegschalten, abdrehen und verdrängen". Pfingsten bedeute in dieser Hinsicht "Gratisenergie des Himmels", die dabei helfe, innerlich aufzutanken.

Der Heilige Geist sei auch Konfliktmanager und Anwalt, so Glettler, in dieser "hoch gereizten Zeit" sei sehr viel Heiliger Geist nötig. Dieser setze nicht auf "krampfhafte Verteidigung", sondern schenke "die Freiheit, Versagen und Schuld einzugestehen". "Er schwächt den Reflex, alle anderen für das eigene Problem verantwortlich zu machen." Der Heilige Geist sei verlässlicher Anwalt der Wahrhaftigkeit, er ermutige zu Ehrlichkeit.

Der Heilige Geist könne auch als Therapeut wirken, zeigte sich der Innsbrucker Bischof überzeugt. Kaum jemand gehe ohne Kränkung durchs Leben, Heilung wäre dringend notwendig. Ein paar Schritte in Richtung Versöhnung seien meist die beste Heilung. "Aber es fällt schwer, den ersten Schritt zu tun." Der Heilige Geist sei der beste Therapeut, wenn man sich auf sein Übungsprogramm einlasse. Das sei keine Magie, was es brauche, sei die Bereitschaft zuzuhören, Zeit zu investieren und Mut zu haben. "Wer den Heiligen Geist heilsam an sich wirken lässt, wird selbst zum heilsamen 'Nahversorger', mit Zuversicht, Vertrauen und Lebensmut für seine Umgebung". Gerade in einer nervösen, erschöpften und friedlosen Zeit brauche es den Geist Gottes als Coach, der Zukunft im Blick hat, so Glettler.

Fotos: Sigl