Friedensarbeit durch Herzensbildung

Am Jahrestag des Atombombenabwurfs über Hiroshima - 6. August 1945 - richtet Bischof Hermann Glettler eine Grußbotschaft an alle, die sich in der Friedensarbeit engagieren.

Anlässlich des Gedenktages an die Opfer des ersten verheerenden Einsatzes von Atomwaffen richte ich eine Grußbotschaft an alle, die sich leidenschaftliche für eine nachhaltige Friedenssicherung und Friedenspolitik einsetzen. Ihre Arbeit ist von hohem Wert! Haben Sie Mut und bleiben Sie mit Leidenschaft dran!

Ja, wir alle sollten mit neuer Entschiedenheit „für den Frieden lernen“ wie es im berühmten Jesajatext heißt. Der Friede auf unserer Welt ist ein extrem gefährdetes Gut – aktuell wird er durch eine besorgniserregende, von nationalen Egoismen gesteuerte Politik in erschreckender Weise aufs Spiel gesetzt.

Eine nachhaltige Friedensarbeit benötigt dieselbe Intelligenz, Energie und Investitionsbereitschaft wie die „Erfolgsbranche“ der weltweiten Kriegsindustrie. Ja, auf allen Ebenen muss es zu einer Ächtung des Krieges kommen. Die weltweite Waffenproduktion ist bekannter Maßen der erste und entscheidende Kriegstreiber – werden doch Absatzmärkte benötigt, um die gigantischen Ausgaben der Waffenentwicklung zu decken. Längst wäre eine konsequente und systematische Besteuerung aller internationalen Waffenexporte notwendig. Mit den Einnahmen könnten weltweit unzählige friedenssichernde Projekte und Ernährungsprogramme finanziert werden.

Eine effektive Friedensarbeit setzt jedoch eine Herzensbildung von uns allen voraus – es geht um das Einüben einer Kultur der Solidarität und Verantwortung, die vor allem jenen Beachtung schenkt, die die ersten Opfer der sozialen Schieflage unserer Welt sind. Aber wie kann in einer zunehmend technisierten und digitalisierten Welt Herzensbildung gelingen? Besteht nicht die irrige Meinung, dass sich die Welt wie ein Touch-Screen bedienen und steuern lässt?

Es geht um das kostbare Geschenk des Lebens, das wir nicht wie ein Beutestück besitzen, sondern immer neu in seiner Schönheit und Zerbrechlichkeit empfangen. Herzensbildung ist die Einübung von Selbstachtung, Empathie und Konfliktfähigkeit. In der Herzensbildung geht es um das Überschreiten der eigenen Grenzen, um eine Annäherung an das Du – um ein Zulassen, Wahrnehmen, Geben und Empfangen. Dieses Überschreiten der eigenen Horizonte hat eine spirituelle Dimension, sie wird vom Geist Gottes stimuliert und getragen.

Ja, wir brauchen Gottes Herzensenergie, um ein verlässliches Miteinander auf unserem Planeten voranzutreiben. Hass und Vernichtung dürfen nicht das letzte Wort haben. Wir glauben an einen Gott der Versöhnung und der Begegnung – echte, authentische Begegnung ist schließlich auch das einzige Medikament, um menschliche Herzen zu heilen und zu stärken.

Im Gebet und mit guten Wünschen für eine solide Friedensarbeit, die uns hoffnungsvoll in eine gute Zukunft gehen lässt

Bischof Hermann Glettler

Innsbruck, 5. August 2019

Bischof Hermann Glettler ruft anlässlich des Hiroshimatages zu Herzensbildung und Engagement für den Frieden auf. Bildnachweis: Bernhard Aichner.