Bischof Elbs: Respekt vor persönlicher Freiheit
(KATHPRESS) Wie denkt ein neuer Bischof - noch dazu einer, der bereits vor seiner Weihe von vielen Seiten mit einem großen Vertrauensvorschuss bedacht wurde - über aktuelle Fragen sowie über die bekannten "heißen Eisen" in der Kirche? Benno Elbs, seit Ende Juni amtierender Bischof von Feldkirch, hat sich in einem Interview gegenüber dem "Standard" vom 2. August diesen Fragen gestellt und dabei für eine neue "Kultur der Achtsamkeit, eine Mystik der offenen Augen" plädiert. Achtsamkeit sei nicht nur im Blick auf den Umgang mit Menschen in Not gefordert, sondern ebenso im Blick auf die Achtung der persönlichen Freiheit und Gewissensentscheidung jedes Einzelnen, so Elbs.
So sehe er etwa angesichts der jüngsten Abschiebungen von pakistanischen Asylwerbern den Auftrag von Kirche und Gesellschaft gleichermaßen darin, "diesen Menschen zu helfen" - auch wenn kriminelle Handlungen wie Schlepperei vom Rechtsstaat zu ahnden seien. "Schließlich war auch die Heilige Familie eine Flüchtlingsfamilie." Fragen von Flucht und Asyl seien immer auch Fragen der "strukturellen Ungerechtigkeit" dahinter, die es zu bekämpfen gelte. Es stehe daher auch "in keinem Verhältnis", so Elbs, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen und auf der anderen Seite "für Bankensanierungen ganz locker 700 Millionen Euro auszugeben".
"Leben wie jeder andere auch"
Seine eigene Aufgabe als Bischof sieht Elbs nicht darin, sich von Kirchenaustrittszahlen und Statistiken treiben zu lassen. "Ich habe hohen Respekt vor der persönlichen Freiheit." Vielmehr müsse es Aufgabe der Kirche und auch eines Bischofs sein, durch "symbolische Akte" und einen authentischen Lebenswandel "den Glauben vorzuschlagen". Papst Franziskus sei ihm persönlich dabei ein "großes Vorbild", dessen Wirken ein "Paradigmenwechsel" sei: Es zeige, dass sich Moral und ethisches Handeln zuerst durch Beziehung entwickeln, so Elbs.
Wesentlich sei für ihn "das Beispiel durch mein persönliches Leben und das Gebet". Er versuche, dort zu sein, wo Menschen in Not sind und dort die "Menschenfreundlichkeit Gottes" sichtbar zu machen. Entsprechend begründet Elbs auch Entscheidung, in seinem bisherigen Wohnhaus zu bleiben und nicht ins Feldkircher Bischofshaus umzuziehen, mit dem Hinweis, er wolle "leben wie andere Vorarlberger auch". Das Bischofshaus habe eine "zu hohe Barriere, da kommt niemand hin". An seiner langjährigen Adresse habe er Nachbarn und sei mitten unter den Menschen.
"Mehr Freiheit für das Gewissen"
Als "wahrscheinliche" Lösung für die missliche Situation wiederverheirateter Geschiedener bezeichnete Elbs "mehr Freiheit für das Gewissen", zumal es neben dem hohen Gut der biblisch begründeten Unauflöslichkeit der Ehe in jedem Leben auch Brüche gibt. "Es soll einen Neuanfang geben können, einen liebevollen, barmherzigen Umgang in solchen Situationen", so der 52-jährige Bischof, der auch Psychotherapeut ist. Sakramente seien "Heilmittel, keine Mittel zur Disziplinierung". Weder könne man den Wert der Ehe infrage stellen, noch jemanden "für immer und ewig ausschließen".
Neuer Zugang zu Moralität
Die katholische Kirche solle den Menschen dabei helfen, dass ihr Leben gelinge, so Elbs. Der neue Papst habe hier den Themenschwerpunkt verlagert - "von der Sexualität weg zu Armut, Schöpfung, Zukunft der Welt". Nicht aus Geboten und Verboten, sondern aus Beziehung würden sich Moral oder ethisches Handeln zuerst entwickeln. "Wenn ich die Schöpfung achte, gehe ich mit ihr anders um. Das ist ein Paradigmenwechsel mit Moralität". Als "schwere Sünden von heute" nannte Elbs "Umweltverschmutzung, Ausbeutung ganzer Völker zugunsten weniger, die Finanzspekulation".
Die Einführung des Frauenpriestertums in der katholischen Kirche sei "in absehbarer Zeit wahrscheinlich nicht" zu erwarten. Dennoch müsse es gelingen, "Frauen an der Gestaltung der Kirche ernsthaft zu beteiligen, nicht nur pro forma". Sei es auch heute schwer zu verstehen, dass man etwas aufgrund des Geschlechts nicht tun dürfe, müsse eine Frau nicht Priesterin sein, um Kirche zu gestalten: Schon jetzt gebe es zumindest vereinzelt Frauen als Mitglieder der Diözesanleitung.
