Positionspapier 2025 der KA Innsbruck

Ein gutes Leben für alle Menschen – während der ganzen Lebensspanne

Gesellschaftspolitischer Arbeitskreis der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck (Juli 2025) 

 

Teil 1: Dringende Maßnahmen für Kinder und Jugendliche 

Wir begrüßen die Absicht der Bundesregierung, die Kinderarmut in Österreich bis 2030 zu halbieren (Regierungsprogramm Seite 114, Kinderarmut). Wir erwarten, dass im darauffolgenden Jahrzehnt Kinderarmut beseitigt wird. Viele der dazu notwendigen Maßnahmen erfordern eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren (zum Beispiel für die Ausbildung von qualifiziertem Personal, für bauliche Maßnahmen, für strukturelle Reformen, …). Daher ist es notwendig, dass entsprechende Planungen sofort beginnen und eventuell notwendige Beschlüsse im Parlament rasch gefasst werden. 

Der Wohlstand unseres Staates beruht auf dem Generationenvertrag: Die erwerbstätige Generation zahlt sowohl die Pensionen der Alten als auch Unterhalt und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Damit wird einerseits abgegolten, was die erwerbstätige Generation in ihrer Kindheit und Jugend erhalten hat, andererseits ein Anspruch auf Versorgung im Alter begründet. Für das Funktionieren des Generationenvertrags, insbesondere zur Vermeidung von Altersarmut, muss immer wieder eine nächste Generation heranwachsen, die leistungsfähig ist und solidarisch denkt, das heißt: fähig und willens ist, ihrerseits die Menschen zu erhalten, die noch nicht oder nicht mehr erwerbstätig sind.

Leistungen für den Unterhalt, die Bildung und die Förderung von Kindern und Jugendlichen sind daher keine Almosen, sondern für die Gesellschaft überlebenswichtige Investitionen in die Zukunft. 

•  Wir unterstützen besonders das Vorhaben, in allen Bildungseinrichtungen „kostenlose gesunde Mahlzeiten“ (Regierungsprogramm Seite 114, Kinderarmut) anzubieten. 
Durch Einbindung der Schulen und Gemeinden (Ideenwettbewerbe?) könnten innovative und kostengünstige Lösungen gefunden werden. Zum Beispiel könnten Schüler:innen in die Erstellung des Speisenplans und die Zubereitung des Essens in der Schule eingebunden werden. Das fördert den sozialen Zusammenhalt der Schüler:innen und vermittelt ihnen für das Alltagsleben wichtige Kenntnisse.      

•  Zur Förderung der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen braucht es ausreichend viele schulische Angebote für Bewegung. Zur Unterstützung der Lehrpersonen bei gesundheitlichen, sozialen und psychologischen Fragen sollten qualifizierte Ansprechpersonen zur Verfügung stehen. 

•  Die Veränderungen in den Familienstrukturen während der vergangenen Jahrzehnte haben dazu geführt, dass viele Kinder am Nachmittag alleine sind. Das macht Angebote für Nachmittagsbetreuung notwendig (Regierungsprogramm Seite 208, Ausbau der Ganztagsschulen, Gemeinsame Schule).

•  Nach wie vor ist der Anteil der Jugendlichen, die nach Abschluss der Pflichtschule nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen können, um im Berufsleben erfolgreich zu sein, in Österreich überdurchschnittlich hoch. Einer der Gründe dafür liegt in der Trennung der Schulen der Sekundarstufe 1 in Mittelschule und Gymnasium. Es ist höchste Zeit, das zu ändern. Das Parlament sollte bald den Grundsatzbeschluss fassen, in spätestens 10 Jahren die gemeinsame Schule für alle Kinder (bis 14 Jahren) einzuführen (Regierungsprogramm Seite 209, Ausbau der Ganztagsschulen, Gemeinsame Schule). Eine wichtige Vorarbeit dafür wurde schon geleistet: die einheitliche Ausbildung aller Lehrpersonen für alle Schulen der Sekundarstufe. Dann kann ein flächendeckendes Angebot mit Schulen der Sekundarstufe 1 entstehen, das allen Kindern einen relativ kurzen Schulweg bietet. Auch der Unterricht in der Volksschule würde nicht mehr von der bevorstehenden Selektion überschattet sein. Die Aufteilung in Landes- und Bundeskompetenzen im Bereich der Sekundarstufe 1 ist sachlich nicht begründbar und macht das System unflexibel.     

•  Die Transferleistungen für Kinder und Jugendliche (Säule 2 der Kindergrundsicherung; Regierungsprogramm Seite 113, Kinderarmut) müssen den Unterhalt der Kinder abdecken, sodass den Familien durch Kinder keine finanzielle Belastung entsteht. Diese Entlastung der Familien ist kein Geschenk der öffentlichen Hand, sondern eine gerechte Mindestabgeltung für die Leistung, die durch die Betreuung und Erziehung der Kinder von den Familien für die ganze Gesellschaft erbracht wird. Dafür kann man von den Eltern verlangen, dass bei der Kinderbetreuung gewisse Standards nachgewiesen werden, etwa nach dem Modell des Eltern-Kind-Passes, der bereits 1974 eingeführt wurde. Partnerschaftliches Verhalten in den Familien ist durch geeignete Anreize zu fördern, insbesondere sollen einem Elternteil, der sich überwiegend der Familienarbeit widmet (Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Pflege von Angehörigen) daraus keine Nachteile bei der Pension entstehen. 

•  Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund brauchen zum Erwerb der deutschen Sprache – die Voraussetzung für beruflichen Erfolg und soziale Integration – eine besondere Förderung durch kostenlose Sprachkurse. Dies ermöglicht, dass sie als Erwachsene vollwertige und geschätzte Mitglieder unserer Gesellschaft sind, die ihren Beitrag zum Sozialsystem leisten.

 

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