Alles vergeht - über Tod und Abschied sprechen

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,

als welkten in den Himmeln ferne Gärten;

Sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde

aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.

Und sieh dir andere an: es ist in allen.

Und doch ist EINER, welcher dieses Fallen

Unendlich sanft in seinen Händen hält.

Rainer Maria Rilke

Fragen zur Reflexion

Welche Erfahrung sprechen die Sänger*innen an?

Welche Abschiede gibt es?

Welche Abschiede fallen sehr schwer?

Was hilft mit der Trauer und dem Schmerz umzugehen?

Der Baum erzählt

Nach einem Herbstspaziergang kann im Unterricht folgender Text gelesen werden; möglich auch mit leiser Hintergrundmusik. Die Schüler*innen können einen Jahreszeitenbaum gestalten oder malen (siehe Vorlage und Download). Dieser kann als Trauerbaum weitergezeichnet werden. Alle Gefühle und Begriffe, die die Schüler*innen mit Tod und Trauer verbinden können um oder auf dem Baum geschrieben werden.

 

„Ich bin schon sehr alt.

Ich war schon lange vor dir da.

Vielleicht lebe ich länger als du.

Ich kenne das Jahr, ich kenne die Zeit, die Sonne,

den Regen, die Hitze und Kälte, den Sturm und den Wind.

Die Erde ist mein Haus,

dort halte ich mich fest.

Je größer ich werde, umso mehr wachsen meine

Wurzeln in der Erde.

Durch sie strömt der Lebenssaft in den Stamm,

in die Äste und Zweige und in die Blätter.

Nun beginnt eine andere Zeit, es wird kalt.

Es kommen Frost und Nebel.

Die Erde muss ausruhen und Kraft sammeln.

Ich werde wie tot sein.

Ich kann keine Kraft mehr aufnehmen.

Ich lasse meine Blätter los.

Sie lösen sich leicht, der Wind hilft dabei.

Sie fallen wieder in mich hinein.

Ihr Leben ist zu Ende.

Die Erde wartet schon auf die Blätter. Sie sagt:

„Fallt in mich hinein.

Ich brauche euch.

Ihr werdet in mir verwandelt.

Aus euch wird die Kraft zum neuen Leben.“

 

 

 

 

Wohin gehen die Toten?

Eine Geschichte für die Volksschule und die ersten Klassen der Unterstufe

Franziska und Fabian besuchen ihre alte Tante Sofia sehr gern. Sie hat immer Zeit. Mit ihr können sie über alles reden, auch über das Sterben. Tante Sofia lässt die Kinder von sich erzählen und spricht mit ihnen über ihr eigenes Leben: ihre Erinnerungen an früher, ihre Erlebnisse von heute und ihre Hoffnungen für morgen.

Als Simon, Tante Sofias Nachbar und Freund, gestorben ist, sagt sie den Kindern, wie sehr sie ihn vermisst und dass sie sich ohne ihn oft einsam fühlt. Auf ihrem Schränkchen im Wohnzimmer steht ein Foto von ihm. „Wo ist Simon jetzt?“ wollen die Kinder wissen. „Wo gehen die Toten hin?“

Fabian sagt: „Mein Vater meint, mit dem Tod ist alles zu Ende.“ Bei diesen Worten sieht er Tante Sofia fragend an. Tante Sofia erwidert: „Das glaube ich nicht, Fabian. Ich glaube, dass die Verstorbenen bei Gott sind… Und dass Gott ihnen ein neues Leben gibt.“ Fabian ist verwundert und fragt: „Ein neues Leben? Wie soll das gehen?“

Lächelnd antwortet Tante Sofia: „Das weiß ich nicht… Ich brauche es auch nicht zu wissen. Für mich darf es ruhig ein Geheimnis bleiben.“ Sie ergänzt: „Vielleicht ist wie bei der kleinen grünen Raupe. Sie weiß auch nicht, dass sie in ihrem späteren Leben ein Schmetterling wird. Und doch ist es wahr“.

Franziska blickt aus dem Fenster hinauf zu den Wolken und meint: „Manche Menschen glauben, Tote kommen in den Himmel.“ Tante Sofia antwortet ihr: „Ja, aber sie meinen nicht diesen Himmel, nicht den Wolkenhimmel, Franziska. Sie meinen Gottes Himmel. Der Ort, an dem Gott ist. Im Himmel sein heißt, bei Gott gut aufgehoben sein.“