Vier Bischöfe im Gespräch über die Zukunft der Kirche

Der ORF Tirol hat die Bischöfe Manfred Scheuer, Franz Lackner, Ivo Muser und Luigi Bressan zum Gespräch, über die Herausforderungen für ihre Ortskirchen geladen.

(KATPPRESS) Obwohl sich die katholische Kirche in einer Umbruchsphase befindet, sind Glaube und das Evangelium weiter lebendig; Seelsorger und auch alle Laien müssten aber noch mehr dafür tun, dass der von ihnen gelebte Glaube auch andere ansteckt. So lässt sich der Tenor eines Gesprächs unter den vier Diözesanbischöfen der Europaregion Tirol am Samstagabend in Innsbruck zusammenfassen. Auf Einladung des ORF-Landesstudios Tirol nahmen die Erzbischöfe Franz Lackner (Salzburg) und Luigi Bressan (Trient) und die Bischöfe Ivo Muser (Bozen/Brixen) und Manfred Scheuer (Innsbruck) dabei auch Stellung zu Themen wie dem Priestermangel und der Position von Laien in der Kirche. Anlass der Veranstaltung im ORF-Funkhaus in Innsbruck war das 50-Jahr-Jubiläum der Diözese Innsbruck.
"Wir befinden uns in einer massiven Umbruchs- und Übergangssituation, und da stellt sich die Frage: Wer stellt seine ebenskraft, auch seinen Beruf, in den Dienst Gottes und der Menschen?", sagte der Innsbrucker Bischof Scheuer im Rahmen des zweistündigen Gesprächs etwa zur Frage der kirchlichen Berufungen. Es gebe viele, die sich engagieren und für ihren Glauben Zeugnis geben, betonte Scheuer, auch wenn in manchen kirchlichen Berufsfeldern junge Menschen fehlten. Er hoffe, "dass Menschen von Gott berührt werden und den Weg der Nachfolge Gottes gehen", so der Bischof. Wesentlich dafür sei auch, "ob es innerhalb von Gemeinden das Bewusstsein gibt, wir brauchen Seelsorger, Priester, Ordensleute, Religionslehrerinnen Pastoralassistentinnen".
Grundsätzlich sei er davon überzeugt, dass "der Glaube lebendig ist" und das Christsein mehr Menschen erfasst, als es nach außen hin manchmal sichtbar werde. Die Kirche in Europa sei aber manchmal, "so schmerzlich es ist", wie Scheuer betonte, "alt und müde geworden". Ein Weg in die Zukunft führe daher über die "Option für die Jugend".
"Das Evangelium ist und bleibt konkurrenzlos, es ist aktuell und modern", unterstrich auch der Brixener Bischof Ivo Muser. Glaube sei für ihn "nicht Theorie, Idee, nur Ethik oder nur Gebote und Verbote", sondern vor allem eine Beziehung zu Christus. Dies müsse den Menschen vermittelt werden, und zwar nicht in dem man ihnen den Glauben "aufzwingt", sondern sie durch das eigene christliche handeln "ansteckt".
Jeder einzelne sei berufen, Kirche zu sein und seinen Teil zur Seelsorge auch in größeren Räumen beizutragen, so Muser. "Bei aller Wichtigkeit des Priesterdienstes, ist es wichtig, dass wir Seelsorge nicht einfach fixieren auf den Priester allein. Wir alle sind berufen, Kirche zu sein, unseren Beitrag zu leisten. Jeder mit den eigenen Kompetenz, jeder mit den eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten."
Lackner: Jesus war auch Laie
Die Bedeutung des Engagements der Laien für die Zukunft der Kirche werde in Zukunft noch wachsen, schilderte der Salzburger Erzbischof Lackner. Die Realität der kirchlichen Zukunft werde weniger Priester umfassen, aber auch, "dass die Laien in dieser Kirche wichtige und verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen können". Diese Funktionen dürfe man nicht kleinreden, betonte Lackner. "Wir haben vergessen, dass Jesus auch Laie war."
Insgesamt habe die Kirche heute Schwierigkeiten den Menschen die "Alltagstauglichkeit des Glaubens" zu vermitteln, so Lackner. "Mir scheint, die Menschen glauben auf einem niedrigen Niveau und sind dabei der Ansicht, ihnen fehlt nichts." Die große Frage sei, wie Kirche die Menschen auf dieser Ebene begleiten könne. Es gelte, die Sehnsucht nach mehr Wissen am Glauben zu stärken. Für wesentlich erachtet der Salzburger Erzbischof dabei, "nicht immer gleich mit Idealvorstellungen zu kommen und zu überfordern, sondern die Sehnsucht nach Mehr zu wecken".
Erzbischof Bressan berichtet vom laufenden Organisationsprozess seiner Diözese mit dem Ziel der größeren Zusammenarbeit unter den einzelnen Pfarren. "Wir wollen eine Mission der Kirche für die Leute entwickeln, und das geht auch, das ist möglich", versicherte
Bressan, und zwar mit von Priestern geleiteten Gemeinden, in denen Laien aber besondere Verantwortung für die gesamte Gemeinschaft übernehmen. Der italienische Bischof verwies zudem darauf, dass es in Europa nach wie vor so viele Priester gäbe, wie sonst kaum auf der Welt. "Aber die Leute leben das Christentum auch in Afrika und Lateinamerika."
Näher an die Menschen
Zu den bei der jüngsten außerordentlichen Bischofssynode beratenen Themen im Zusammenhang mit Ehe und Familie sprachen sich alle Bischöfe gegen ein Vorpreschen einzelner Diözesen aus. In der Frage der Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete sei die Synode aber ein erster Schritt gewesen, meinte etwa Bischof Muser. Innsbrucks Bischof Scheuer sprach von einer "kontroversen Diskussion" unter den Bischöfen in dieser Frage. Er selbst hoffe, so Scheuer, dass sich während der kommenden Monate und noch vor der nächsten Synode im Oktober 2015 "eine Vertiefung der Thematik insofern ergibt, dass der wache Blick auf die Realität des Zusammenlebens in Ehe, Familien, Partnerschaften, aber beispielsweise auch von alleinerziehenden Menschen, geschärft wird".
Insgesamt müsse man auch bei den Bemühungen der Kirche mehr sehen, "dass das Glas mehr halb voll ist, als halbleer". Er sei "zuversichtlich, dass die Kirche näher an die Menschen kommt" und es gelingt, "Menschen in Situationen zu begleiten, die noch nicht ganz fertig sind". 

bischofsgespraech_studio.jpg
Diözese Innsbruck - Aktuell