Theologe: Narzissmus größte Gefahr für Kirche

Papst Franziskus setzte in seinem bisher fünfjährigen Pontifikat klare Zeichen: kein Palast, politische Einmischung zugunsten der Armen und Kritik an Intrigen und dem Narzissmus - der größten Gefahr für Kirche und Gesellschaft.

Der Papst aus Südamerika unterscheidet sich damit zugleich deutlich von seinen beiden Vorgängern Benedikt XVI. und Johannes Paul II., wie der Innsbrucker Theologe Roman Siebenrock in der "Furche" darlegt. Mit der Überschrift "Häretiker der Barmherzigkeit" weist Siebenrock auf die Widersprüchlichkeit des aktuellen Pontifikats hin, mit dem sich die einen solidarisieren und dem die anderen einen Bruch mit der Lehrtradition vorwerfen.

Anders als Johannes Paul II. führe Franziskus kein "straffes Regiment" nach Innen, sondern stärke die Verantwortung aller durch einen Dialog nach Außen und Innen, erklärt der Dogmatiker diese Differenz in der Wahrnehmung und Einschätzung Franziskus'. Dem aktuellen Papst sei eine "verbeulte Kirche" lieber, als eine "unbeschadete, die nichts wagt", erklärte der Innsbrucker Theologe und sieht darin einen wesentlichen Unterschied zu Benedikt XVI. Dieser habe durch seinen Rücktritt zwar zur "Entmythologisierung des Papstamtes" beigetragen, trotzdem aber die Tendenz zur traditionellen Liturgie, Kontinuität und "Entweltlichung" gefördert.

Nicht mehr die modernen Kultur oder das II. Vatikanische Konzil - mit dem Programm von "Gaudium et spes" - seien eine Gefahr für die Kirche, sondern der Narzissmus. Für Siebenrock beschreibe der Papst damit "eine um sich selbst kreisende Sorge, die dadurch trostlos werde, weil sie die Erfahrung verloren habe, dass unsere Lebensfreude immer nur mit, nie ohne oder gar gegen die anderen wachse."

Unter diesen Vorbedingungen seien auch die beiden Stichworte des Pontifikats - "Barmherzigkeit" und "Freude" - zu bewerten, so Siebenrock weiter: Sie stehen im Zeichen der ignatianischen Mystik, in der Gott jedes Leben berühren könne und Gottessuche in allen Dingen und Situationen möglich sei. Für Siebenrock drücke sich das auch im Papstschreiben "Evangelii gaudium" aus: "Alle mögen ihre Beziehung zu Jesus Christus jetzt erneuern, oder sich dazu entschließen, sich von ihm finden zu lassen. So sollen wir zu Mitarbeiter der Freude werden."

Der Transformationsprozess, der durch das II. Vatikanische Konzil ausgelöst wurde, werde von Franziskus bis heute weitergetragen. Als Beispiel nannte Siebenrock die von Papst Franziskus propagierte "Option für die Armen" ein. Diese sei beim "lateinamerikanischen Konzil" in Medellin 1968 wesentlich geprägt und von Franziskus in dessen Rolle als Erzbischof von Buenos Aires weitergetragen worden und spiele in seinem Pontifikat eine wesentliche Rolle.

Eine Meldung von www.kathpress.at