Adventimpulse zu zusammen.leben

Die Adventzeit ist eine Zeit des Wartens und der Achtsamkeit. Die Sehnsucht danach mehr und mehr „ganz Mensch“ zu werden ist nun besonders spürbar. Die Herberg Suche ist ein schöner und berührender Brauch in vielen Gemeinden. Für die Menschen auf der Flucht ist es harte Realität geworden.

Wie kann ein gutes zusammen.leben in unserem Land gelingen? Diese Frage beschäftigt viele, angesichts des Leides in den Flüchtlingslagern. „Was hilft das Weinen über so viel Übel in der Welt? Es ist besser, sich aller Kräfte zu bedienen, um sie zu beheben“, sagte Johannes Bosco, Priester und Ordensgründer. Vielleicht ist dieser Hinweis ein Wegweiser durch den Advent und vielleicht eröffnet sich anhand von biblischen Erfahrungen das Geheimnis der Menschwerdung.

  

Biblische Spurensuche: 

Impuls 1:  

Jesus ein Flüchtlingskind - Matthäus 2,13 - 23  

Jesus ist in seiner Heimat bedroht – Josef beschützt seine Familie und flüchtet nach Ägypten – er bringt sich und seine Familie in Sicherheit – „Es ist ein langer Weg von Israel nach Ägypten, doch wo sollten Flüchtlinge hin? Wenn ich das Alte Testament betrachte, haben wir immer wieder diese Flüchtlingsroute über den Sinai, mal in die eine Richtung, mal in die andere Richtung. Die Kindheitsgeschichte Jesu öffnet also den Horizont, geht über Bethlehem, Nazareth und Jerusalem hinaus. Grenzen werden in Jesu Leben von Anfang an überschritten.“ So der Bibelwissenschaftler Thomas Söding.

Idee für den Gottesdienst: Bis zum 1. Juni 2021 sind 44 764 Menschen auf der Flucht verstorben (nur die gefundenen) – in der Anlage finden Sie eine Liste mit den Namen der Menschen – vielleicht könnten Sie stellvertretend für die 44 754 bei jedem Gottesdienst einige Namen vorlesen mit Herkunftsland und Art des Todes

Ideen für Arbeit mit Gruppen: Umgang mit Grenzen, Gefahr der Flucht, Gefahr im eigenen Land, Menschen einladen, ihre Fluchtgeschichten zu erzählen

Lied: Meine engen Grenzen 

 

Impuls 2 

Das Magnifikat Lk 1,46–55) 

„Dieses Lied der Maria ist das leidenschaftlichste, wildeste, ja man möchte fast sagen revolutionärste Adventslied, das je gesungen wurde. Es ist nicht die sanfte, zärtliche, verträumte Maria, wie wir sie auf Bildern sehen, sondern es ist die leidenschaftliche, hingerissene, stolze, begeisterte Maria, die hier spricht, … ein hartes, starkes, unerbittliches Lied von stürzenden Thronen und gedemütigten Herren dieser Welt, von Gottes Gewalt und von der Menschen Ohnmacht.“ Dietrich Bonhoeffer, Theologe, am 17.12.1933

Maria singt dieses Lied, als sie Elisabet besucht, nachdem ihr der Engel Gabriel die Geburt Jesu verheißen hat.

  

Ideen für den Gottesdienst oder der Arbeit in Gruppen  

Kreuzzeichen: Ich stelle mich wie Maria in Gottes Gegenwart.

Das Magnifikat Vers für Vers mit Pause lesen

Gedanken zum Magnifikat: 

 

Maria, eine einfache Frau aus dem Volk erhebt ihre Stimme und erzählt von dem Ungeheuerlichen, das ihr passiert ist:

 

Der „Mächtige hat Großes an ihr getan“

  

Trauernde werden getröstet, Hungrige werden satt, die Armen erfahren Gerechtigkeit. -

 

Einladung zum Nachdenken oder zum Austausch: 

 

Wo ist das Magnifikat Aufforderung und Ermutigung, zum Einmischen und uns einsetzen, eine gerechte Welt? Wo wollen wir Stimme erheben für ein gutes Leben für alle?

  

Lied: Magnifikat GL 390 

  

  

  

Impuls 3 

Der Jakobusbrief -glaubwürdig sein 

Der Jakobusbrief ist eine wichtige Stimme des frühen Christentums. „Jakobus geht von konkreten Situationen aus und begegnet ihnen mit Hilfe seines theologisch gewonnenen Menschenbildes. So treibt er im besten Sinne Theologie von unten.“ (Rudolf Hoppe). Für die Arbeit mit Texten aus dem Jakobusbrief eignet sich besonders die Bibel in gerechter Sprache.

Ideen für die Arbeit mit Gruppen  

In der Anlage sind Bilder vom Bibelwerk in Stuttgart mit dem Hinweis auf die dazugehörigen Bibelstellen

Ein Bild wählen – was sehe ich – welche Gedanken kommen mir – welche Gefühle regen sich in mir – Austausch in der Gruppe.

Zusammen.leben kann gelingen, wenn viele es wollen – welche Handlungsmöglichkeiten habe ich/ haben wir?

Entdeckungen auf Moderationskarten schreiben – in die Mitte legen – einen gemeinsamen Rundgang machen – noch einmal lesen – Abschlussrunde

 

Impuls 4 

Das Buch Ruth 

Ruth eine Moabiterin, also eine Fremde und eine der Stammmütter Jesu nimmt den Glauben ihrer Schwiegermutter Naomi, die aufgrund einer Hungersnot ihre Heimat verlassen musste, an. Zwischen Naomi und Ruth entwickelt sich eine Freundschaft. Sie helfen einander in der Not. Gutes Leben wird wieder möglich, nachdem Ruth ihre Heimat verlässt und mit Naomi nach Bethlehem - dem Haus des Brotes - geht. Naomi und Ruth - eine Freundschaft über verschiedenen Kulturen hinweg, eine Freundschaft, die ihrer beider Leben rettet.

 

Impuls für ein Geespräch in der Gruppe  

Freundschaft mit „Fremden“ – ein Gewinn für alle!?

Welche kulturübergreifenden Freundschaften hast du?

Impuls 5 

Der Wirt im Krippenspiel – (Impuls entdeckt im Erzbistum Köln)

Kaum ein Krippenspiel ohne den Wirt – er steckt seinen Kopf aus der Tür und weist Maria und Josef ab. Dabei kommt er in der Weihnachtsgeschichte überhaupt nicht vor. In der Bibel heißt es: „Denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“. Vom Wirt keine Spur in der Bibel. Wieso ist der Wirt für uns so wichtig, dass wir ihn erfinden müssen? Zu Weihnachten erzählen wir uns gern Geschichten von herzzerreißender Not, die am Ende gut ausgehen. Nur im wirklichen Leben, da ist’s oft nicht so. Da verwirrt es eher, wenn abgerissene Gestalten durch die Gegend irren. Ist es eine Notsituation? Sind es gescheiterte Existenzen? Und wenn ihnen himmelschreiendes Unrecht widerfahren ist? Draußen vor der Tür stehen, betteln müssen, auf Wohlwollen und Beistand angewiesen sein, das macht niemand gern. Es tut weh, es ist demütigend genug. Maria und Josef müssen nicht nur an fremden Türen klopfen. Der Wirt weist sie auch noch ab, eine doppelte Entwürdigung. Er verkörpert die Herzlosigkeit, die Leuten wie Maria und Josef entgegenschlägt, damals wie heute. Die Geschichte rührt das Gefühl in uns an, selbst diese arme Familie zu sein und abgewiesen zu werden. Sie rührt an die Angst, dass wir herzlos behandelt und ausgeliefert sind, als Kind, auf der Arbeit, in der Familie, und dass wir ohnmächtig und verletzt zurückbleiben. Brauchen wir den Wirt in der Weihnachtsgeschichte deshalb, um diese ganze Herzlosigkeit zu spüren – und gleichzeitig den erlösenden Zipfel Menschlichkeit am Ende? Der Wirt gehört zu den Eingesessenen. Maria und Josef sind fremd. Sie sind arm dran. Sie haben nichts vorzuweisen, haben nichts zu sagen. Sie haben nur sich selbst. Und Gott. Das reicht. Es reicht, um im Herz des Wirtes etwas anzurühren, soviel, dass er die beiden hineinlässt. Letztendlich öffnet Menschlichkeit die Türen. Gottes Menschlichkeit. Maria gebärt ihr Kind. Die Bettelleute werden zur Heiligen Familie und wenig später zur Flüchtlingsfamilie. Wenn Maria und Josef heute hier ankommen, dann kommen sie aus Syrien, dem Irak, aus Nigeria und Indien, oder oder oder… Ein Dach über dem Kopf brauchen sie. Mehr noch brauchen sie Freundlichkeit, ein nettes Wort, ein Augenzwinkern, Schutz vor Anfeindungen und übler Nachrede. Sie brauchen Einheimische, die mit ihnen sprechen, damit sie die Sprache hier lernen. Sie brauchen Leute aus der Gegend, die ein bisschen Zeit mit ihnen teilen und ihnen helfen, damit sie sich in diesem fremden Land zurechtfinden. Wenn also Maria und Josef, die Fremden, bei uns angekommen sind, hat der Wirt seinen Auftritt. Oasen gibt es schon, Räume zum Begegnen. Wir müssen uns also nicht einmal auf Herbergssuche begeben. Vielleicht ändern sich dann die Rollen. Der Wirt wird neu erfunden, das Drehbuch neu geschrieben. Der Wirt muss nicht mehr grimmig dreinschauen, sondern wedelt aufgekratzt mit den Armen und bekommt viele Kolleginnen und Kollegen. Maria und Josef brauchen sich nicht mehr wie Fremde vorzukommen, sondern können zeigen, was in ihnen steckt. Sie bringen einen Hauch von Bethlehem und Jerusalem und weiß ich was nach?

So werden wir die Beschenkten. Das wäre im Grunde genau der Rollentausch, von dem die Weihnachtsgeschichte der Bibel erzählt: Gott wird Mensch, göttlicher Glanz verwandelt die Menschen.

Lied: Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht…. 

 

 

weihnachtsidylle 

stillen nacht

und kassenklingeln

während in den lagern

menschen darben

kinder kriegen

in den ställen

vor den toren

des gelobten landes

und die weisen

frauen und männer

pilgern hin

bringen brot und decken

knien nieder

vor dem elend

künden dir und mir

auch heute

„den GOTT mit uns“

IMMANUEL

 

petra unterberger

 

Das Bild wurde freundlicherweise vom katholische Bibelwerk de in Stuttgart zur Verfügung gestellt, herzlichen Dank!