Bischof Manfred Scheuer: Vier Schlüssel für Weihnachten

Gedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Weihnachtsfest 2014.

 

„Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt 25,35)Obdachlosen begegnen wir in Innsbruck auf der Straße als Bettler. Die Bettlerdiskussion in den vergangenen Monaten hat viel Hilflosigkeit im Umgang damit sichtbar gemacht. Auch mit der seelischen Obdachlosigkeit tun wir uns nicht viel leichter. Was heißt es heute, Lebensfreude zu vermitteln angesichts von Depression und Resignation? Wie können Lebensräume erschlossen werden für Menschen, die unter psychischer Obdachlosigkeit leiden? Wenn Beziehungen und Freundschaft kein Raum und keine Zeit gegeben werden, so führt das zum Würgegriff der Vereinsamung. Wer zu wenig Platz hat oder unter Raumnot leidet, der wird in die Enge getrieben, kann nicht mehr frei atmen und wird vielleicht auch von Angst besetzt. Manche sprechen von einer „Sinnhungerepidemie“. Migration, Flucht und Asyl betreffen weltweit Millionen. Die häufigsten Gründe erzwungener oder freiwilliger Migration sind: Vertreibung, Verfolgung, Unterdrückung, Kriege, ökologische Katastrophen, Armut, Explosion der Arbeitslosigkeit in großen Teilen der Welt.Die Herbergssuche ist ein alter Brauch, der in Tirol stark verbreitet ist. Dieser Brauch geht auf das Lukasevangelium zurück: Die Wirte in Bethlehem konnten nicht wissen, wem sie die Aufnahme verweigerten, als sie Maria und Josef von ihren Türen wiesen, „weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ (Lk 2,7) „Ich wünsche uns allen vier Schlüssel: Einen Schlüssel für die Hintertür - der Herr kommt, wo und wann wir's nicht vermuten. Er kommt in denen, die sich nicht ans große Tor getrauen. Einen Schlüssel für die Tür nach innen: der Herr ist inwendiger als unser Innerstes. Von dort aus betritt Er das Haus unseres Lebens. Einen Schlüssel für die Verbindungstür, die zutapezierte, zugemauerte nach nebenan - im Allernächsten, welcher der Allerfremdeste ist, klopft der Herr bei uns an. Einen Schlüssel für die Haustür, für das Portal - dort hat man Jesus mit Maria und Josef abgewiesen. Wir wollen  uns nicht genieren, ihn öffentlich einzulassen in unser Leben, in unsere Welt. Werden wir sein Bethlehem heute sein?“ Ich wünsche Ihnen eine Zeit des Aufatmens und des Wohlwollens. Mit einem großen Vergelt’s Gott für das Engagement im Dienst an den Menschen: Frohe und gesegnete Weihnachten!

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