Gedenken an Sternenkinder bei Gottesdiensten in ganz Österreich

"Worldwide Candle Lighting Day" am 14. Dezember

Mit zahlreichen Gottesdiensten und Gedenkfeiern ist in Österreich rund um den "Worldwide Candle Lighting Day" am Sonntag (14. Dezember) der "Sternenkinder" gedacht worden - jener Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt gestorben sind. "Liebe verbindet und ist nicht an Raum oder Zeit gebunden", sagte Bischof Hermann Glettler bei einer Feier mit betroffenen Familien im Innsbrucker Jakobsdom. "Die Sternenkinder, deren wir heute gedenken, sind bereits in der Umarmung Gottes angekommen - für immer", so Glettler bei dem von der Klinikseelsorge gestalteten Gottesdienst. Jede Umarmung, jedes ehrliche Nachfragen und gemeinsame Aushalten öffne einen Korridor hin zu einer größeren Hoffnung.

 

"Es ist nicht nur eine stille Geburt, sondern es ist einfach wirklich still rundherum, eine ewige Stille", beschrieb Krankenhausseelsorger Tomy Mullur schon im Vorfeld des "Worldwide Candle Lighting Day" die Erfahrung vieler Eltern. In dieser Stille könne gemeinsames Gedenken helfen, "nicht allein zu sein".

 

Das Ritual der Entzünden einer Kerze ist ein zentrales Element des weltweiten Gedenkens. Es erinnere Eltern an die kurze, aber bedeutsame Zeit mit ihrem Kind und gibt Halt in der Trauer. Der Candle Lighting Day richte sich aber nicht nur an Eltern von Sternenkindern, sondern an alle, die ein Kind verloren haben. Der Weltgedenktag signalisiere damit, so Mullur: "Ihr seid nicht allein, eure Kinder sind unvergessen."

 

Rund 10.000 bis 12.000 sogenannte Sternenkinder werden in Österreich pro Jahr gezählt. In vielen Kirchen und Pfarren gibt es mittlerweile eigene Gedenkstätten für früh verstorbene Kinder; zwei neue Orte des Gedenkens bieten die Salzburger Pfarre Thalgau und die Bregenzer Antoniuskirche.

 

Der Vorarlberger Bischof Benno Elbs segnete am Samstag den aus fünf Stationen bestehenden Meditationsweg in der Antoniuskirche mit Gemälden der Künstlerin Eva Breneis und Texten von Gudrun Hermwille, der betroffenen Müttern und Vätern neuen Mut schenken soll. Gemeinsam mit einer Mutter, die vor drei Jahren ihre kleine Tochter verlor, brachte Elbs die erste Gedenktafel an dem Erinnerungs- und Hoffnungsort an.

 

Die im Jahr 1996 gegründete Initiative "Worldwide Candle Lighting Day" geht auf eine Vereinigung verwaister Eltern und ihrer Angehörigen in den USA zurück. Der Gedenktag findet jährlich am zweiten Sonntag im Dezember statt.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Gedenken an Sternenkinder bei Gottesdiensten in ganz Österreich
Fotos: dibk.at

Die Liebe verbindet

Predigt von Bischof Hermann Glettler zum Sternenkinder-Gottesdienst 2025, Innsbrucker Dom Lesung: Jes 35,1-10; Evangelium: Mt 11,2-11

Einleitung: Was uns heute, zu diesem Gottesdienst zusammengeführt hat, ist die Sehnsucht nach Verbundenheit. Sie alle, die sie der schmerzlichen Erfahrung des Verlustes eines Kindes gekommen sind, teilen diese Sehnsucht. Da hilft keine billige Tröstung, kein gut gemeintes, aber oft unpassendes Wird-schon-wieder-werden-Gerede. Im Haus Gottes können wir intuitiv und stärker als sonst irgendwo erfahren, dass es ein größeres Geheimnis des Lebens gibt, auch ein größeres Eingebettet-sein – ja, sagen wir, eine größere Verbundenheit, die wir selbst nicht machen können. Gerne möchte ich heute mit Ihnen einen dreifachen Trost des Glaubens teilen, wie er uns in den heutigen Texten des dritten Adventsonntags angeboten wird.

 

1. Advent – eine Zeit, sich von Gott umarmen zu lassen 

Ich erinnere mich an meinen ersten Weihnachtsgottesdienst als Bischof – es war am Nachmittag des Heiligen Abends 2017 in der Hospizstation im Krankenhaus in Saggen. Auf engstem Raum haben wir schlicht, aber berührend die Geburt Jesu gefeiert. Im Anschluss an den Gottesdienst habe ich allen Mitfeiernden einen Einzelsegen angeboten, vor allem den Kranken, die teilweise mit ihren Betten im Raum anwesend waren. Eine Frau, die vom Krebs bereits deutlich gezeichnet war, gab mir ein Zeichen, ganz nahe an sie heranzukommen. Mit gebrochener, aber entschlossener Stimme sagte sie: „Herr Bischof, nicht nur einen Segen, eine Umarmung bitte!“ Diesem Wunsch kam ich natürlich gerne nach. Das war Weihnachten!

 

Geburt und Tod sind Brückenmomente. Übergänge, die sich in ihrer Tiefe ähneln, obwohl sie in unserer Wahrnehmung so weit auseinanderliegen. Beide führen uns an Schwellen, die wir nicht vollständig begreifen – noch nicht. Zeitlos. Raumlos. Unkontrollierbar. Und doch – es reicht eine adventliche, tief gemeinte weihnachtliche Umarmung, um zu wissen, dass Gott niemanden vergisst. Die Sternenkinder, deren wir heute gedenken, sind bereits in der Umarmung Gottes angekommen – für immer. Die Verbindung hat im Mutterleib begonnen: körperlich durch die Nabelschnur, emotional durch die Liebe. Und diese Liebe ist nicht an Raum oder Zeit gebunden. Sie bleibt als Sehnsucht, als Erinnerung, als Beziehung, die unsichtbar ist und doch real.

 

2. Unsicherheit teilen – Verbundenheit trotz der offenen Fragen 

Sehr bewegend ist im heutigen Evangelium die Frage des Johannes, mit der er aus dem Gefängnis heraus seine Jünger zu Jesus schickt: „Bist Du es oder müssen wir auf einen anderen warten?“ Welch eine seelische Erschütterung! Der unerschrockene Prophet hat ein Leben lang auf Jesus verwiesen. Er hat es gewusst und immer wieder bezeugt: „Dieser ist es, der kommen wird, um die Welt aus der Macht des Bösen zu befreien!“ Und jetzt? In einer Nacht des Glaubens fragt er: „Bist Du es wirklich?“ Diese Offenheit berührt, sie gibt der Unsicherheit, den vielen offenen Fragen, ja auch dem Zweifel einen Platz in der Bibel. Selbst Johannes, der „Größte unter den Menschen“, wie Jesus selbst sagt, hatte seine bedrängenden Fragen. Wir haben sie auch.

 

Im gottesdienstlichen Zusammensein ist das Wort Gottes, das wir vertrauensvoll hören und aufnehmen, die entscheidende Mitte. Umso wichtiger ist es, dass in dieser Mitte auch ein Platz ist für unsere Ungewissheit, für die Fragen, für die Trauer, für die Ohnmacht, für den Zweifel. Dieser Freiraum tröstet, weil in ihm alle Menschen ankommen können – vor allem jene, die einen schweren Verlust zu beklagen haben. Wenn wir Trost- und Hoffnungslosigkeit miteinander teilen, zeigt sich unsere Menschlichkeit. Die Liebe verbindet. Auf die Frage des Johannes antwortet Jesus ganz schlicht: „Berichtet von dem, was ihr seht und hört!“ Und es werden ein paar Zeichen genannt, die Gottes barmherziges Wirken belegen. Keine schlagenden Argumente, nur Zeichen für die, die es aufnehmen wollen: Mit Jesus hat eine neue Hoffnungsgeschichte begonnen!

 

3. Ausgetrocknet – und dennoch ein neues Aufblühen erleben? 

Das vermutlich stärkste Bild es Trostes wird uns heute vom Propheten Jesaja geschenkt: „Jubeln wird die Wüste und das trockene Land!“ Mit den biblischen Bildern der aufblühenden und frohlockenden Steppe wird  eine radikale Wende, ein Wunder proklamiert: Gott lässt inmitten ausgetrockneter Lebensfelder Neues geschehen! Wie sehr erflehen wir die Erfüllung dieser Verheißungen in einer Zeit der Bedrängnis – nicht nur angesichts der vielen Orte, wo Städte, Leben und Schöpfung verwüstet werden. Wir möchten, dass diese Worte wahr werden, gerade in den persönlichen Momenten der Trauer, wenn alle Lebenskraft versiegt zu sein scheint.

 

Der Verlust eines Kindes, auf das man sich mit allen Sinnen gefreut hat, fühlt sich doch an, als ob jede Lebensfreude ausgetrocknet wäre. Selbst das, was man sonst gerne mit Begeisterung getan hat, wirkt trocken. Beziehungen, die sonst tragen, fühlen sich leer an. Umso wichtiger ist es, den Zuspruch an sich heranzulassen, weil es Gott selbst ist, der uns zu Herzen spricht – mit freien Worten: „Ich lasse dein Inneres wieder aufblühen! Ja, es wird langsam, aber bestimmt eine Zeit kommen, da wirst Du wieder erblühen – und nach all dem Schmerz auch wieder Freude empfinden! Ja Deine Trauer wird sich in Jubel verwandeln!“ Sind diese Wort nicht Frischwasser für die Seele? Erfrischung aus dem Urquell von Leben und Liebe, der Gott selbst ist?

 

Abschluss: Liebe überdauert die Zeit. Liebe trägt. Liebe kommt von Gott. Sie ist die Brücke, die Geburt und Tod zu einem größeren Ganzen verbindet. Jede Umarmung, jedes ehrliche Nachfragen und gemeinsame Aushalten einer Unsicherheit öffnet einen Korridor hin zu einer größeren Hoffnung. Niemand wird von Gott für immer vergessen! Niemand! Eine große Verbundenheit ist uns geschenkt – damit wir dem Leben wieder trauen! Die Liebe verbindet.

Die Liebe verbindet