80 Jahre „Tiroler Sonntag“: Festgottesdienst im Dom
Mit einem festlichen Gottesdienst im Innsbrucker Dom hat die Kirchenzeitung „Tiroler Sonntag“ am Sonntag, 14. Dezember 2025, ihr 80-jähriges Bestehen gefeiert. Der Dom war bis auf den letzten Platz gefüllt – ein starkes Zeichen der Verbundenheit mit dem traditionsreichen Blatt, das seit 1945 Woche für Woche Orientierung und geistliche Impulse bietet.
Die Feier wurde von Bischof Hermann Glettler zelebriert. In seiner Predigt erinnerte er an die Anfänge des Kirchenblattes in den Trümmern der Nachkriegszeit und würdigte den Tiroler Sonntag als „leise, aber nachhaltige Ansage von Hoffnung“ über acht Jahrzehnte hinweg. „Vor 80 Jahren – inmitten der Verwüstungen und Trümmer nach dem Zweiten Weltkrieg – entstand das Tiroler Kirchenblatt. Es war tatsächlich eine Ansage von Hoffnung, aber nicht im Sinne eines heroischen Neubeginns, sondern als leises, tastendes Wort in eine zutiefst verunsicherte Gesellschaft hinein“, betonte der Bischof.
Er ermutigte dazu, auch heute die Frohbotschaft so zu vermitteln, dass sie Menschen in ihren Fragen und Sorgen erreicht: „Die Aufgabe, die sich heute stellt, ist nicht einfach: Frohbotschaft so zu vermitteln, dass sie im Leben der Menschen ankommt – in ihren Sorgen, in ihren Hoffnungen, in ihren Fragen. Nicht als fertiges Paket, sondern als Einladung.“
Musikalisch gestalteten Domkapellmeister Christoph Klemm und ein Bläserquintett der Blasmusikkapelle Innsbruck-Wilten den Gottesdienst und sorgten für eine festliche Atmosphäre. Ein besonderer Höhepunkt war die Präsentation und Segnung der neuen Pilgerfahne von „Pilgern und Reisen mit dem Tiroler Sonntag“. Sie zeigt das bekannte Gnadenbild Mariahilf von Lucas Cranach. Das Fahnengestänge wurde von Schülern der Tiroler Fachberufsschule für Holztechnik angefertigt – ein sichtbares Zeichen für die Verbindung von Tradition und Handwerkskunst. Die Schüler trugen die Fahne auch während des Gottesdienstes.
Im Anschluss an die Feier waren alle Gäste zu einer Agape auf dem Domplatz eingeladen. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen und das Jubiläum in geselliger Runde ausklingen zu lassen. Bei wärmenden Getränken und kleinen Köstlichkeiten wurde die Gemeinschaft spürbar, die den Tiroler Sonntag seit 80 Jahren trägt.
Mit dem Jubiläumsgottesdienst wurde deutlich: Der Tiroler Sonntag bleibt ein wichtiges Sprachrohr für Glauben, Hoffnung und Orientierung – damals wie heute.
Tiroler Sonntag – 80 Jahre Ansage von Hoffnung
Einleitung: Besonders bewegt hat mich vor Kurzem eine Krippe, die ich im Krippenbauverein Jenbach gesehen habe. Der Krippenberg keine alpenländische Idylle, auch kein orientalisches Ambiente, sondern ein ausgebranntes Haus mitten in einem Kriegsgebiet – Maria und Josef dort stellvertretend für alle Familien, die irgendwo in den Trümmern der Ostukraine oder im Gaza zu überleben versuchen. Ein starkes Werk! Aber das Besondere in dieser Krippe ist die feine Ansage von Hoffnung: Da wird der Reifen des zerschossenen Autos repariert. Eine Frau kehrt den Schutt zur Seite, eine andere bringt Tee, Kinder reparieren ihre Spielgeräte und am improvisierten Herd wird gekocht und musiziert. Diese Krippe ist heute mein Einstiegsbild: Vor 80 Jahren – inmitten der Verwüstungen und Trümmer nach dem Zweiten Weltkrieg – entstand das Tiroler Kirchenblatt. Es war tatsächlich eine Ansage von Hoffnung, aber nicht im Sinne eines heroischen Neubeginns, sondern als leises, tastendes Wort in eine zutiefst verunsicherte Gesellschaft hinein.
1. 80 Jahre TS: Eine unerwartete Ansage von Leben, Gottvertrauen und Caritas!
„Jubeln wird die Wüste und das trockene Land!“ Mit dieser Ansage beginnt die heutige Lesung aus dem Propheten Jesaja. Die biblischen Bilder der aufblühenden, ja sogar frohlockenden Steppe proklamieren eine radikale Wende, ein Wunder: Gott lässt inmitten von Verwüstungen Neues geschehen! Die letztgültige Erfüllung dieser Verheißungen steht noch aus, aber einiges blüht ja doch auf – quer durch alle Jahrhunderte allen Zerstörungen zum Trotz. Vor 80 Jahren war es der Beginn vom Tiroler Sonntag – eine leise, aber nachhaltige Ansage von Hoffnung. Am 2. Sept. 1945 erschien das Kirchenblatt, hrsg. vom Seelsorgeamt der Apostolischen Administratur. Und Leopold Stratmann, der das KZ Dachau überlebt hat, war der erste Redakteur – überzeugt davon, dass der Wiederaufbau nur auf einem festen geistigen Grund gelingen kann.
Der „Tiroler Sonntag“ wurde zu einem Sprachorgan für Menschen, die Orientierung suchten. Er bot Trostvolles, gab Halt, vermittelte religiöse Impulse und Lebensratschläge – und rief zur gegenseitigen Unterstützung auf. In einer Zeit, in der viele Familien Gefallene zu beklagen hatten, in der Heimkehrer traumatisiert waren und die materielle Not drückte, war jedes Wort, das Mut machte, kostbar. Gleichzeitig dürfen wir nicht übersehen, dass das Blatt – wie viele kirchliche und gesellschaftliche Institutionen jener Zeit – noch nicht bereit war, die ideologische Verblendung und die moralischen Verirrungen der NS-Jahre kritisch zu reflektieren. Die Zeit war dafür noch nicht reif, die Wunden zu frisch, die Sprachlosigkeit zu groß. Das hat sich geändert.
2. 80 Jahre TS: Offener Diskurs, aber kein Platz für Skandal und Kitsch
Anwaltschaftlich für den ehrlichen Diskurs, den jede gute Pressearbeit zu führen hat, steht für mich die Frage des Johannes, mit der er aus dem Gefängnis heraus seine Jünger zu Jesus geschickt hat: „Bist Du es oder müssen wir auf einen anderen warten?“ Welch eine seelische Erschütterung! Der unerschrockene Prophet hat ein Leben lang auf Jesus verwiesen. Und jetzt? In einer Nacht des Glaubens fragt er: „Bist Du es wirklich?“ Diese Frage geht zu Herzen. Wir müssen sie zulassen, ihr Raum geben – und mit ihr den vielen Fragen, Erfahrungen von Ohnmacht und Unsicherheit – gerade heute. Anders als noch im Herbst 1945, sagt der Tiroler Sonntag Ja zu den kritischen Fragen unserer Zeit. Ja zu den unterschiedlichen Perspektiven.
Jesus antwortet auf die Frage des Täufers mit dem Verweis auf die Werke von Gottes Barmherzigkeit. Wer bereit ist, sieht Gutes, sieht Neues – damals und heute! Wichtig scheinen mir die folgenden kritischen Fragen: „Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr zu Johannes hinausgezogen seid – ein Schilfrohr, das im Wind wankt?“ Damit ist wohl jemand gemeint, der früher oder später zu Fall kommt. Eine Benko-Geschichte und ähnliches. „Oder einen Mann in feiner Kleidung?“ Also Lust auf Unterhaltung mit Hochglanz Society, Beauty und Lifestyle? Was also – wollen wir sehen und hören in den Medien? Der TS sagt sympathisch Nein zu üblichen Skandalgeschichten, Nein zum banalen Klatsch – ohne deshalb humorbefreit zu sein. Danke!
3. 80 Jahre TS: Verbreitung der Frohbotschaft, menschennah und alltagsrelevant!
Was ist der bleibende Auftrag? Programmatisch hieß es schon in der ersten Nummer 1945, dass die Schönheit des Glaubens aufgezeigt werden soll und das Glück derer, „welche die Kraft aufbringen, aus ihrer religiösen Überzeugung heraus das Leben zu gestalten“. Dementsprechend bot schon das erste Kirchenblatt einen breiten Teaser von geistlicher Unterweisung und Tipps zu einer ehrlichen Glaubenspraxis. Und das wurde durchgehalten – 80 Jahre lang, auch wenn die Welt in einem ungeheuren Maß schneller, säkularer und unüberschaubarer geworden ist. Im TS findet sich nicht nur Kircheninfo und Weltgeschehen, sondern viel Stoff zum Nachdenken, echte spirituelle Orientierung – und als mittiges Herzstück jeder Ausgabe das Wort Gottes.
Die Aufgabe, die sich heute stellt, ist nicht einfach: Frohbotschaft so zu vermitteln, dass sie im Leben der Menschen ankommt – in ihren Sorgen, in ihren Hoffnungen, in ihren Fragen. Nicht als fertiges Paket, sondern als Einladung. Und auch nicht als austauschbares Wellness-Programm. Die Frohbotschaft Jesu sollte auch in Zukunft so aufbereitet werden, dass sie die Kraft entfalten kann „Blinde sehend zu machen und Lahme in die Gänge zu bringen“. In diesem Sinne ermutigt seit 80 Jahren der TS zu Solidarität und tätiger Nächstenliebe. Viele Spendenaufrufe für die Caritas u.a. zeugen davon. Danke dafür! Auch damit wird die Verbundenheit der Menschen gestärkt, ihre Resilienz und Hoffnungskraft. Und wenn kaum was gelesen wird – die letzte Seite bewegt: Tolle Karikatur, brauchbare Witze und ein treffender, herzerfrischender Schlusspunkt.
Abschluss: Die Aufgaben des Kirchenblattes haben sich gewandelt – 1945 begleitete es ein Land, das in der Nothilfe stand, in der Trauerbewältigung und zugleich im vorsichtigen Aufbruch. Hoffnung wurde damals nicht aus Stärke geboren, sondern aus Zerbrechlichkeit. Und gerade deshalb hat sie Gewicht. Auch wenn wir heute nicht mehr – wie im Jahr 1946 50.000 Exemplare verteilen – ist und bleibt der Tiroler Sonntag die wichtigste Wochenzeitung Tirols. Er ist und bleibt hoffentlich widerständig bei allen tsunamiartigen Wellen von Zerstreuung, Verängstigung und Banalität, die uns heute heimsuchen. Keineswegs dürfen wir aufhören, die vielen, aufrichtenden Narrative einer verlässlichen Hoffnung zu verbreiten. Mein Dank gilt dem aktuellen Team des TS – sowie allen, die über 80 Jahre lang diese wertvolle kirchliche Medienarbeit geleistet haben.