Papst eröffnet Weltsynode

Papst Franziskus hat alle Gläubigen zur Beteiligung am synodalen Prozess eingeladen. In seiner Eröffnungsrede sprach er auch das "Unbehagen und Leid vieler pastoraler Mitarbeiter, der partizipativen Organe in den Diözesen und Pfarren und der Frauen" an.

Zur beginnenden Weltsynode der Katholischen Kirche hat Papst Franziskus die Kirche zu Einheit, Mut und Engagement aufgerufen. Wenn nicht wirklich alle daran teilnähmen, drohe "die Rede von Gemeinschaft nur fromme Absicht" zu bleiben, sagte er bei der Eröffnungsfeier am Samstagvormittag im Vatikan. Zwar gebe es Fortschritte im Bereich Partizipation; aber "wir können nicht umhin, das Unbehagen und Leid vieler pastoraler Mitarbeiter, der partizipativen Organe in den Diözesen und Pfarren und der Frauen" zu registrieren, so Franziskus.

Die Versammlung in der vatikanischen Synodenaula, an der auch der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn teilnahm, eröffnete einen zunächst auf gut zwei Jahre angelegten, mehrstufigen synodalen Prozess mit dem Titel: "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung". Auf diese Weise soll die Kirche einen stärker dialogischen Umgangsstil lernen; konkrete Themen sollen sich erst später ergeben. "Ich sage noch einmal", so Franziskus in seiner Ansprache, "eine Synode ist kein Parlament, keine Meinungsumfrage". Wichtigster Akteur sei der Heilige Geist; "ohne ihn gibt es keine Synode", so der Papst. 

Es gehe darum, sich dorthin führen zu lassen, "wohin Gott will und nicht wohin uns unsere Ideen und unsere persönlichen Vorlieben bringen würden", warnte Franziskus. Der Prozess solle "nicht eine andere Kirche" ergeben, sondern eine Kirche, "die verschieden ist", die sich unterscheidet, so der Papst unter Berufung auf den französischen Konzilstheologen Yves Congar (1904-1995).

Gleichzeitig warnte Franziskus davor, den synodalen Prozess bloß formal, rein intellektuell oder starr anzugehen. Als bloß formal durchgeführtes Unternehmen bringe eine Synode keine echten Ergebnisse. Als rein akademische Studiengruppe hingegen drohe sie "den üblichen sterilen ideologischen und parteilichen Fraktionen zu verfallen" und sich vom realen Leben der Menschen zu lösen. Wer hingegen meine, alles müsse bleiben, wie "es immer schon gemacht wurde", nehme die Zeit nicht ernst, "in der wir leben".

Werde Synodalität ernst genommen, indem Menschen sorgsam aufeinander und auf Gottes Stimme hörten, bietet sich laut Aussage des Papstes die Chance, dass die Kirche dauerhaft synodal wird. Synodalität bestehe dann nicht nur aus einzelnen Veranstaltungen. In Ruhe aufeinander zu hören, biete zudem die Chance innezuhalten, sich von pastoralen Ängsten zu befreien. Im Ergebnis könne die Kirche, Geistliche wie Laien, dann wieder näher bei den Menschen leben.

 

Hollerich: "Kirche der Begegnung"

Zum Auftakt des synodalen Prozesses sprachen in der vatikanischen Synodenaula unter anderen auch der Leiter des Synodensekretariats, Kardinal Mario Grech, und der ernannte Moderator der Bischofssynoden-Vollversammlung im Herbst 2023, der Luxemburger Erzbischof Kardinal Jean-Claude Hollerich.

Eine synodale Kirche sei eine Kirche der Begegnung, betonte Hollerich; es gehe darum, gemeinsam unterwegs zu sein, auf einer Reise, bei der die Bischöfe auf die Stimmen der Gläubigen hören müssten. Die Beteiligten dürften den Synodenprozess nicht für ihre Zwecke manipulieren, mahnte der Kardinal, es gehe wesentlich auch darum, die Ohren zu öffnen und zuzuhören. Die Route der Reise wiederum wähle der Heilige Geist, der "manchmal, wie zu Pfingsten, sich offenbart und unsere Herzen mit Freude und Klarheit erfüllt".

Mit Blick auf die Weltkirche und den synodalen Prozess sprach Hollerich wörtlich von einem Puzzle mit vielen kleinen Teilen in unterschiedlichsten Farben, "die von all meinen Brüdern und Schwestern stammen". Nacheinander müsse man nun die richtigen Teile in einer bestimmten Reihenfolge auswählen - "unter Beteiligung aller", wie der Kardinal betonte.

 

Keine festgelegte Themenagenda

Wie Kardinal Mario Grech vom Synodensekretariat betonte Hollerich zudem, noch gebe es keine Themenagenda. Auch gehe es nicht darum, "Veränderungen zu schlucken, die bereits entschieden sind". Gleichzeitig verwies Hollerich auf die hierarchische Struktur der Kirche. Die Gemeinschaft von Bischöfen und Papst garantiere Katholizität und damit Universalität der Synode; damit diese nicht bloß zu einem Weg von Gleichgesinnten wird. 

Grech stellte zudem in Aussicht, das Abschlussdokument der Synodenvollversammlung im Herbst 2023 werde nicht nur dem Papst, sondern allen Bischöfen und Ordensoberen zur Verfügung gestellt. Da der gemeinsame Weg bei ihnen beginnt, sollten auch sie dieses Ergebnis erhalten, um damit weiterzuarbeiten. Der vom Vatikan vorgegebene Fahrplan sieht vor, dass am kommenden Sonntag die Weltsynode in den Bistümern und Ordensgemeinschaft gestartet wird.

 

Frauen und junge Menschen einbeziehen

Bei der Versammlung berichteten weiterhin Katholiken aus mehreren Kontinenten von Erfahrungen und Erwartungen. Die junge Südafrikanerin Dominique Yon verlieh in ihrem Zeugnis ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Kirche Frauen und junge Menschen stärker einbeziehe. Angesichts der vielen Spaltungen in aller Welt setze sie darauf, dass der synodalen Prozess dazu beitragen wird, die Gläubigen zu vereinen, "jeder mit seiner eigenen Rolle" und "unabhängig von Alter, Religion, Hautfarbe oder Geschlecht".

Laut Aussage eines australischen Bischofs stehen Kirche wie Gesellschaft vor unsicheren Zeiten. Ohne wirklich synodalen Umgangsstil drohe die Kirche noch bedeutungsloser zu werden. Eine junge Mutter wünschte sich, dass die Kirche die Fähigkeiten ihrer beiden Töchter anerkennen und wirklich nutzen möge.

Als Vertreter Europas schlug Frere Alois aus Taize der nun beginnenden Weltsynode eine "große ökumenische Versammlung" quasi als Unterbrechung vor. Trotz theologischer Differenzen könne ein ökumenisches Aufeinander-Hören und Voneinander-Lernen helfen, Gottes Geist noch besser zu vernehmen.

 

Beratungen in Sprachgruppen

Im Anschluss begaben sich die rund 260 internationalen Teilnehmern an der Eröffnungsveranstaltung in zweistündige Gruppengespräche. Dort sollte vor allem die angestrebte synodale Methode des Aufeinander-Hörens eingeübt und praktiziert werden. Die Kleingruppen waren nach Sprachen gegliedert: Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Portugiesisch; Deutsch ist nicht dabei.

Zu den deutschsprachigen Teilnehmern beim Start-Wochenende in Rom gehörten neben Kardinal Schönborn und Fere Alois der Theologe Christoph Theobald (Paris), die Theologin und Ordensfrau Birgit Weiler (Peru), der Theologe Markus Welte (Salzburg), Kurienkardinal Kurt Koch, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der Referent des Luxemburger Kardinals Hollerich, Pit Rasque, Lukas Schibowski, Mitarbeiter des Synodensekretariats in Rom, sowie die in Erfurt lehrende niederländische Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens.

 

Auftakt in Diözesen am 16./17. Oktober

Den weltweiten synodalen Prozess für eine synodale Kirche hatte der Papst im Juni angekündigt. Nach dem Beginn in Rom soll am 16./17. Oktober weltweit jeder Bischof in seiner Diözese den lokalen Auftakt machen. Nach einer gut halbjährigen Phase auf Ebene der Ortskirchen folgt 2022/2023 ein Prozess auf Kontinentalebene, der dann in eine Versammlung der Bischofssynode selbst im Oktober 2023 in Rom mündet.

Die Zwischenergebnisse werden von Bischofskonferenzen und Synodensekretariat ausgewertet und als weitere Arbeitsgrundlagen zusammengefasst. Ab 2024 sollen die Ergebnisse der Synode weltweit vor Ort implementiert werden. Ziel der Vorbereitung ist es, nicht nur möglichst viele Kirchenmitglieder zu beteiligen, sondern auch andere Menschen zu hören.