Forum Alpbach: "Friedensprojekt Europa" wiederbeleben

Südtiroler Bischof Ivo Muser bei Gottesdienst zur Eröffnung des "Tirol-Tages" des Europäischen Forums Alpbach: Erinnerung an Beitrag des Christentums in europäischem Ringen um "Seele" und Identität - Auch Kardinal Hollerich und Rabbiner Goldschmidt bei einer Session vertreten

Für eine Wiederbelebung des "Friedensprojekts Europa" hat sich der Südtiroler Bischof Ivo Muser ausgesprochen. Angesichts eines "bröckelnden Wir-Gefühls" und neuer nationalstaatlicher Rückzüge sei es an der Zeit, an die Gründungsidee und auch den Beitrag des Christentums zu einem geeinten Europa zu erinnern und so zu einem "Recharge Europe" beizutragen, sagte Muser bei einem Gottesdienst am Sonntag im Nordtiroler Alpbach. Der Gottesdienst eröffnete zugleich den "Tirol-Tag" des Europäischen Forums Alpbach, das am 16. August begann und noch bis Freitag, 29. August dauert. Es steht heuer unter dem Titel "Recharge Europe" und hält auch in diesem Jahr wieder zahlreiche hochkarätige Panels, Workshops und ein breites Rahmenprogramm bereit.

 

"Ich lege allen ein Anliegen ans Herz, das uns verbinden kann und das uns hilft, unsere Geschichte gemeinsam weiterzuschreiben: das Friedensprojekt Europa", sagte Muser bei dem Gottesdienst in der Pfarrkirche Alpbach. Dieses Projekt brauche eine "Seele", die sich allerdings nicht in Schlagworten wie einem "christlichen Abendland" erschöpft, welches inzwischen nicht selten als "Abgrenzungs- und Kampfbegriff" verwendet werde. Dennoch könne man nicht ohne Stolz in Erinnerung rufen, dass die Gründung Europas auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges auch aus einem christlich-humanistischen Ethos heraus geschah: "Es geht um eine Identität, die die eigenen Wurzeln kennt, liebt, pflegt, verteidigt und lebt - aber immer im offenen und konstruktiven Dialog mit der Identität der anderen. Das ist das christliche Ringen, um Europa eine Seele zu geben."

 

Neben hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Nicht-Regierungsorganisationen und Zivilgesellschaft sind seitens der Religionsgemeinschaften auch der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich sowie der Oberrabbiner und Vorsitzende der Konferenz der Europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, beim Forum Alpbach vertreten. Sie referieren und diskutieren gemeinsam mit dem Präsidenten des Internationalen Friedens-Instituts, Zeid Ra'ad Al Hussein, am 25. August bei einem Panel unter dem Titel "Den Frieden zurückgewinnen: Traditionen und neue Realitäten" miteinander.

 

Beim "Tirol-Tag", der samt "Landesüblichem Empfang" den Auftakt zum Forum Alpbach bildet, sprachen vor der Kirche im Alpbacher Dorfzentrum u.a. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP). Mattle erinnerte dabei laut Medienberichten an die Anfänge des Forums nach den "Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges". Der Gedanke der EU sei in den vergangenen Jahrzehnten - das Forum feiert heuer sein 80-jähriges Bestehen - in Alpbach "lebendig gehalten worden". Dementsprechend betonte er die "verbindende Funktion" der Veranstaltung, die sowohl die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, um die sich bei den "Euregio-Days" alles dreht, als auch die EU stärke.

 

Ähnlich auch der Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher, der betonte, dass Europa angesichts der vielfältigen Herausforderungen zusammenstehen und "eine (gemeinsame, Anm.) Stimme erheben" müsse. Es gehe dabei um mehr als Ökonomie, so der Landeshauptmann. Vielmehr gehe es um gemeinsame "Werte". "Wir brauchen dieses Europa", betonte er und verwies auf die Wichtigkeit von Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

 

Unter den Schaulustigen und Ehrengästen war auch heuer wieder heimische Polit-Prominenz zahlreich vertreten. Für die Bundesregierung war Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), seitens der Tiroler Landesregierung unter anderem Mattles Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) anwesend. Auch Ex-EU-Kommissar Franz Fischler und Tirols Altlandeshauptmann Günther Platter (beide ÖVP) ließen sich einen Besuch nicht nehmen.

Forum Alpbach: "Friedensprojekt Europa" wiederbeleben
Bei der Eröffnung des diesjährigen Forums - Foto: EFA/Andrei Pungovschi