Offene Türen als Einladung

Eröffnungsgottesdienst zum Heiligen Jahr 2025 in der Diözese Innsbruck – Aufruf zu Novene-Gebet

Bewusst auf die Symbolkraft geöffneter Türen bezog sich Bischof Hermann Glettler beim Eröffnungsgottesdienst zum Heiligen Jahr 2025 in der Diözese Innsbruck. Sie seien eine “Einladung, Bekanntes zu verlassen und neue Räume zu erschließen.” Nachdem am Heiligen Abend Papst Franziskus die Heilige Pforte des Petersdoms geöffnet, wurden am 29. Dezember 2024 in den österreichischen Domkirchen Eröffnungsgottesdienste gefeiert. “Nützen wir die Chance des Heiligen Jahres in unserer Diözese – es soll ein Jahr der Hoffnung werden, die unsere Gesellschaft und Welt so dringend nötig hat”, rief der Innsbrucker Diözesanbischof die Gläubigen auf. 

 

Im Jubiläumsjahr sind die Gläubigen weltweit zu spiritueller Erneuerung, Versöhnung und Solidarität eingeladen. Das Heilige Jahr, eine Tradition, die bis ins Jahr 1300 zurückreicht, wird heute alle 25 Jahre gefeiert und bietet besondere Gelegenheiten, einen Ablass durch Gebet, Pilgerreisen und das Sakrament der Versöhnung zu empfangen. Bischof Hermann erläutert: “Es geht um die vielen Altlasten, die wir in Folge von Verfehlungen, Lieblosigkeiten und Sünden uns selbst und anderen aufgebürdet haben.” Im Heiligen Jahr sei allen, “die Gott und ihren Nächsten um Vergebung bitten, eine nachhaltige Entlastung zugesagt.” 

 

Weltweite Eröffnung am Sonntag – Novene in Österreich  

Gemeinsam mit Weihbischof Anton Leichtfried hat Bischof Hermann Glettler eine „Novene für den Frieden“ verfasst. Gläubige sind eingeladen, sie persönlich oder in Gemeinschaft ab dem 29. Dezember zur Eröffnung des Heiligen Jahres in den Diözesen neun Tage lang zu beten. "Die Novene weist eine einfache Struktur auf - pro Tag ein biblisches Motto und ein dazu passendes Zitat aus der Friedensbotschaft von Papst Franziskus für den 1. Jänner 2025", führt der Innsbrucker Diözesanbischof aus. Es gibt zwei Versionen der Novene. Die kürzere Version verzichtet auf die Papstzitate. Verfügbar sind beide Texte auf der Website der Österreichischen Bischofskonferenz unter:   

https://www.bischofskonferenz.at/heiliges-jahr-2025/novene 

 

Viermal Hoffnung in der Diözese Innsbruck  

In der Diözese Innsbruck wird es unterschiedliche Angebote in den Pfarren, Seelsorgeräumen und kirchlichen Einrichtungen geben. Neben bereits fixierten Veranstaltungen und Schwerpunkten werden sich weitere Eigeninitiativen in das Gesamtthema des Jahres einfügen. Die Diözese Innsbruck konzentriert sich dabei auf vier Hauptbereiche.  

 

Unter „Wege der Hoffnung“ werden Wallfahrten organisiert, „Orte der Hoffnung“ öffnen die Türen zu spirituellen Orten mit eigenen Angeboten. Mit „Initiativen der Hoffnung“ wird auf soziale Vernetzung gesetzt, von Hausbesuchen über Begegnungsinitiativen bis hin zu Weggemeinschaften. „Ideen der Hoffnung“ bietet Platz für eigene Vorschläge. Angelehnt an die Heilige Pforte in einer Haftanstalt wurde in der Justizanstalt Innsbruck ein Kunstwettbewerb der Gefängnisseelsorge durchgeführt. Ein „Weg der Hoffnung“ wird von Häftlingen an die Tür der Gefängniskirche gemalt. 

 

Den offiziellen Auftakt für die Schwerpunkte in der Diözese werden feierliche Gottesdienste in allen Pfarrkirchen des Landes am Sonntag, dem 2. Februar 2025 (Maria Lichtmess) bilden. Mehr Informationen auf www.dibk.at/heiligesjahr    

    

Österreichweiter Überblick und weitere Informationen: www.heiliges-jahr.at   

Offene Türen als Einladung
Bischof Hermann Glettler öffnet das Tor des Doms zu St. Jakob. Fotos: Obholzer/dibk.at 

Eine Tür steht offen – für alle Menschen!

Predigt von Bischof Hermann Glettler zur Eröffnung des Heiligen Jahres 2025, 29. Dez. 2024, Dom zu St. Jakob, Innsbruck

Eindrucksvolle Bilder aus Rom wurden in diesen Tagen von den internationalen Medien kolportiert: Papst Franziskus hat die Heilige Pforte im Petersdom geöffnet. Ein uraltes Symbol, große feierliche Geste und ein Papst, der mit seinem Rollstuhl durchgeschoben wurde. Sind diese Bilder nicht berührend – herrlich und menschlich zugleich! Durch die Geburt Jesu hat sich vor 2025 Jahren eine Tür aufgetan, die bis heute offensteht. Jesus, der menschgewordene Gott ist die offene, einladende Tür Gottes. Sie steht für jeden Menschen offen! Mit dieser Gewissheit machen wir uns auf den Weg – begleitet vom Wort Jesu: "Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden." (Joh 10,9)  

 

1. Die offene Tür steht für Begegnung und Beziehung   

Jesus ist die Tür! Dieses Bild-Wort hat eine enorme Bedeutung, auch wenn es ist uns nicht so vertraut ist wie die Bezeichnung Jesu als Weinstock, Hirte oder Weg. Jesus ist die entscheidende Tür, um einen Zugang zu jenem unfassbaren Urgrund des Lebens zu haben, für den wir das Wort Gott verwenden. Er ist die Tür, um Gott in seiner unendlichen Barmherzigkeit zu erahnen – und aus dieser Quelle zu leben. Gerade jetzt, in Zeiten zunehmender Verhärtungen und Ängste. Ganz markant im Prolog des Johannesevangeliums: „Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.“ (Joh 1,18) Ebenso wichtig ist Jesus als Tür, damit wir uns selbst verstehen können – mit unserer unendlichen Würde und mit unseren Gefährdungen. Jesus ist ebenso die Tür zu unseren Nächsten. Mit ihm können wir besser erfassen, was sie bewegt, erfreut und belastet. Durch die Jesus-Tür können wir einander menschlich begegnen. 

Wir alle haben unsere Geschichten mit verschlossenen und offenen Türen. Beides ist notwendig – das Öffnen und das Schließen. Wenn die Tür ständig nur sperrangelweit offensteht, gibt es keine Geborgenheit, keine Rückzugsmöglichkeit, keine Intimität. Aber noch problematischer sind Türen, die immer zu sind. Das Bild ist verständlich. Eine offene Tür ist eine Einladung, ein Willkommen, ein wohltuendes Zeichen, dass Begegnungen erwünscht und Beziehungen möglich sind. Ganz bewusst wird von Jesus das Ein- und Ausgehen erwähnt – nur mit dieser Freiheit, dass die Tür in beide Richtungen offensteht, gibt es menschliche Freiheit. Die offene Tür des Heiligen Jahres ist eine Einladung, dankbar und wertschätzend mit unseren vielen Beziehungen umzugehen. Jeder Mensch ist letztlich selbst eine offene oder verschlossene Tür. Wir brauchen einander, empathisch verbunden, um das Leben zu erfassen – und auszuhalten.  

 

2. Die offene Tür steht für Entlastung und Versöhnung   

Papst Franziskus hat im Reigen der starken Gesten zur Eröffnung des Heiligen Jahres zusätzlich in einem römischen Gefängnis eine "Heilige Pforte" aufgestoßen und zu den Häftlingen gesagt: 
"Wenn das Herz verschlossen ist, wird es hart wie Stein; es vergisst die Zärtlichkeit. Selbst in den schwierigsten Situationen haltet euer Herz offen; das Herz ist genau das, was uns zu Brüdern und Schwestern macht. Öffnet weit die Türen des Herzens. Jeder weiß, wie es geht." Ja, wir wissen es: Jede Geste einer Bitte um Verständnis, um Vergebung – ja jede Hand, die mit der Bitte um Entschuldigung ausgestreckt wird, öffnet eine Tür. Versöhnung ist möglich! Mit dieser Gewissheit gehen wir in das Heilige Jahr. Ohne Versöhnung verkommt jede Zusage von Hoffnung zu einem bemühten Geschwätz. Oft reicht ein winzig kleiner Türspalt, um neu zu beginnen.    

Im Heiligen Jahr ist immer wieder die Rede vom "Ablass". Auch wenn es eine lange, nicht unproblematische Geschichte dazu gibt, lohnt sich eine Annäherung: Es geht um die vielen Altlasten, die wir in Folge von Verfehlungen, Lieblosigkeiten und Sünden uns selbst und anderen aufgebürdet haben. Vieles davon lässt sich nicht einfach gut machen. Unzählige Biografien und Familiengeschichten sind belastet, oftmals über den Tod hinaus. Im Heiligen Jahr ist allen, die Gott und ihren Nächsten um Vergebung bitten, eine nachhaltige Entlastung zugesagt. Der Ablass ist jedoch nur ein Bonustrack, um es heutig auszudrücken. Entscheidend ist die Öffnung des eigenen Herzens. An vielen Hoffnungsorten (Pfarr- und Wallfahrtskirchen) werden wir in diesem Jahr zu Gesprächen einladen und ganz bewusst das Sakrament der Versöhnung anbieten. Ja, es ist möglich, sich selbst und einander zu entlasten. Türen werden sich überraschend öffnen. 

 

3. Die offene Tür steht für Aufbruch und Zuversicht   

Mit dem Beigeschmack größter Freude denke ich an die alte Eingangstür vom elterlichen Bauernhaus in der Steiermark. Bis zur Sanierung des alten Gebäudes war es eine einfache Holztür, durch die im Winter gelegentlich sogar ein heftiger Sturm den Schnee hereingepresst hat. Kaum wurde sie zugesperrt, das war nicht üblich und nicht notwendig. Am intensivsten jedoch ist mir das Bild vor Augen, wenn mein Vater mit einem Lied oder einem Jodler auf den Lippen die alte Haustür durchschritt und auf den Hof hinaus ging. Das war Aufbruch, fröhliche Entschlossenheit, Vorfreude für alles Mögliche, was der Tag so bieten wird und vor allem Vorfreude auf Begegnungen mit Menschen. Ich liebe dieses Bild: Mit Zuversicht Türen öffnen! 

Als wir klein waren, brauchten wir Hilfe, um die schweren und behäbigen Türen zu öffnen. Und im Alter ist es ähnlich: Wir benötigen Türöffner, nicht nur technische Lösungen, um miteinander in Beziehung zu bleiben. Eine schleichende Vereinsamung verlangt nach vielen behutsamen, aber verlässlichen Tür-Öffnern. Der Schlüssel ist die Freude und Neugierde an Begegnungen – und selbstverständlich auch die Sorge um jene, die sich in ihrer Welt verbarrikadiert haben. Höflichkeit, eine vorauseilende Wertschätzung und Freundlichkeit sind die nötigen „Codes“ für Begegnungen, die Wunder wirken können. Verschanzen wir uns nicht hinter den Türen von Frust oder Bequemlichkeit. Das Heilige Jahr ist eine Einladung zu vielen „Wallfahrten zueinander“. 

 

Abschluss:  Offene Türen sind eine Einladung, Bekanntes zu verlassen und neue Räume zu erschließen. Ganz bestimmt steht uns der Herzens-Raum Gottes offen, in dem für alle Menschen Platz ist. Nützen wir die Chance des Heiligen Jahres in unserer Diözese – es soll ein Jahr der Hoffnung werden, die unsere Gesellschaft und Welt so dringend nötig hat. 

Eine Tür steht offen – für alle Menschen!

Eine Tür steht offen – für alle Menschen!