Warnung vor inflationärer Rede von Mission

Bischof Hermann Glettler referierte in Korneuburg über Zukunft der Kirche: "Wir müssen Weggemeinschaften, also 'Grundschulen des Glaubens und der Nächstenliebe' in der unmittelbaren Nachbarschaft bilden"

Vor einer "inflationären Verwendung des Begriffs 'missionarisch'" und einer Fokussierung auf Aktionen und pastorale Konzepte anstelle einer nachgehenden Pastoral vor Ort hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler gewarnt. "Wirkliche christliche Mission ist nie nur der Ertrag menschlicher Planung, pastoraler Konzepte und großer Aktionen" - vielmehr müsse eine sich synodale verstehende Kirche der säkularen Welt Wertschätzung entgegenbringen und zugleich neue, regionale "Weggemeinschaften" gründen. Es brauche "Grundschulen des Glaubens und der Nächstenliebe in der unmittelbaren Nachbarschaft", sagte Glettler bei einem Vortrag am Samstag in Korneuburg.

 

Auf Einladung der Pfarre Korneuburg hatte Bischof Glettler einen ganzen Tag u.a. mit zwei Impulsvorträgen, Gesprächsrunden und einem abschließenden Gottesdienst unter dem Titel "Pfarre - Verwalterin oder lebendige Gemeinschaft? Die Zukunft der Kirche" gestaltet.

 

Als Gläubige dürfe man sich nicht als "besser, tugendhafter" betrachten als Ungläubige bzw. nicht kirchlich Gebundene, mahnte Glettler. "Schauen wir bitte immer zuerst auf die positiven Zeichen der Zeit: Solidarisches und ökologisches Bewusstsein, Sensibilität für Minderheiten, Gleichbehandlung und Fairness als Thema". Gott wirke auch im Verborgenen Gutes - entsprechend seien Christen gehalten, allen Menschen gegenüber gleichermaßen mit Wertschätzung zu begegnen. Zugleich müsse man sich als Gläubiger aufrichtig die Frage stellen, ob die anderen, Nicht-Gläubigen, uns fehlen, so Glettler weiter: "Ziehen wir die Fernstehenden durch Gottes Stil an, der aus Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit besteht?"

 

Eine zeitgemäße missionarische Haltung bestehe daher in einem "ganzheitlichen" Verständnis des Menschen und der Offenheit für den Nächsten - und nicht in "frommem Daherreden". Ernsthafte Evangelisation sei insofern immer "Kulturarbeit aus der Kraft des Evangeliums". Kriterien für diese Arbeit und das Gelingen von Evangelisation und Mission seien eine qualitätsvolle pastorale Arbeit, die sich u.a. in einer "Hin-Geh-Kirche", in mehr religiöser Bildungsarbeit und im Aufbau kleinräumiger gemeinschaftlicher Strukturen zeige. Glettler: "Es geht um den Paradigmenwechsel von einer rein bewahrenden Kirchlichkeit, die ihren volkskirchlichen Anspruch mit zunehmender Defensive verteidigt, hin zu einer missionarischen Kirche, die sich hinauswagt und die Initiative ergreift."

Foto: Aichner/dibk.at