Stubaitaler nahmen Abschied von „ihrem“ Pfarrer
Viele Menschen aus den Stubaitaler Gemeinden, Musikapelle, Schützen, Vertreter der Blaulichtorganisationen und zahlreiche Abordnungen von Traditionsverbänden verabschiedeten sich am Freitagnachmittag mit einem Dankgottesdienst in der Pfarrkirche Neustift von „ihrem“ Pfarrer Augustin Kouanvih. Auch eine Gruppe seiner vorherigen Wirkungsstätte im Stanzertal reiste zur Trauerfeier an.
Gemeinsam mit Bischof Hermann Glettler, Generalvikar Roland Buemberger, Dekan Augustin Ortner und Seelsorgeraum-Kurator Diakon Leo Hinterlechner gaben auch zahlreiche Mitbrüder dem Verunglückten die letzte Ehre. Stellvertretend für die Familie nahm eine Großcousine von Pfarrer Augustin aus Belgien am Gottesdienst teil.
Der aus Togo stammende Priester gilt seit den schweren Unwettern im Tiroler Stubaital in der Nacht vom 22. auf den 23. Juli als vermisst. Eine Mure hatte das Auto des 60-Jährigen in jener Unglücksnacht mitgerissen, als er auf dem Nachhauseweg von einer Feier für Ehrenamtliche in Neustift war. Vom Fahrzeug konnten nur mehr Trümmerreste geborgen werden. Trotz intensiver Suche wurde der Pfarrer bis heute nicht gefunden.
Bischof Hermann Glettler: Trauer braucht Zeit und Diskretion
In seiner Predigt erinnerte Bischof Hermann Glettler an die biblische Gestalt des Hiob, eines Mannes, dem im Laufe seines Lebens viel Leid widerfährt. Und wie Freunde versucht hätten, ihm durch gutes Zureden beizustehen. Bischof Glettler: „All das ist richtig, wird aber in der Situation dem abgründigen Geheimnis des Lebens nicht gerecht. Trauer braucht Zeit und Diskretion. Gott tröstet durch seine stille Gegenwart.“ Ihn beeindrucke die in der Bibel überlieferte Antwort Hiobs: ‚Mein Erlöser lebt.‘“
Und Bischof Glettler weiter: „Hiob möchte, dass beide Gewissheiten in Stein gemeißelt seien: Sowohl die Erfahrung von unerklärlichem Leid als auch die Zuversicht, dem Ewigen Gott nach aller Entfremdung einst von Angesicht zu Angesicht persönlich begegnen zu können. Alles sollten es für immer wissen: Der Mensch ist nicht verloren!“
Bischof Hermann Glettler erinnerte sich an persönliche Begegnungen: „Mit seiner fröhlichen Art hat Pfarrer Augustin die Herzen vieler Menschen gewonnen. Auch der Kontakt zu denen, die der Kirche fernstehen, war ihm ein Anliegen. Er hat Menschen wertgeschätzt, sich ihre Namen leicht gemerkt – vor allem jene der Kinder und Jugendlichen. Gelegentlich musste ich schmunzeln, wenn er sich nach einem Gottesdienst in langen Aufzählungen bei allen bedankte. Es kam aus seinem Herzen, vielleicht auch aus seiner Herkunftskultur."
Bischof Hermann Glettler – eingehend auf die letzten Stunden des Stubaitaler Seelsorgers: „Wie mir berichtet wurde, hat Pfarrer Augustin unmittelbar vor dem Unglück bei einer Dankesfeier im Kreis von pfarrlichen MitarbeiterInnen mehrmals gesagt: ‚Unsere Zukunft ist im Himmel!‘ Diese letzten Worte, die im Nachhinein wie eine Todesahnung klingen, sind für uns weit mehr als das – sie weiten unseren Horizont über die bedrohliche Geröllmasse von Traurigkeit und Verzagtheit hinaus. Pfarrer Augustin war als Seelsorger immer bemüht, Menschen Trost zuzusprechen. Seine fundierte Gottesbeziehung gab ihm dazu Halt und innere Sicherheit.“
Der Innsbrucker Bischof zusammenfassend: „Unsere Zukunft ist der Himmel! Das waren die letzten Worte von Pfarrer Augustin. Und noch deutlicher: Unsere Zukunft liegt in der Hand Gottes. Ewiges, mit göttlicher Liebe getränktes Leben ist unser Ziel – und ein Wiedersehen mit allen, die uns vorausgegangen sind. Diese Gewissheit lässt uns dem Leben wieder trauen. So verabschieden wir uns mit großem Dank von Pfarrer Augustin – auch von seinem schönen Lächeln.“
Kurzbiografie Pfarre Augustin Kouanvih
Pfarrer Augustin Kouanvih wurde im Dezember 1990 zum Priester geweiht und 1998 von seiner Heimatdiözese Aneho in Südtogo zum Kirchenrechtsstudium nach Innsbruck geschickt. Nach seiner Doktorarbeit zum Thema „Rechte und Würde der Frau in der südtogolesischen Gesellschaft und Kirche“ blieb er als Seelsorger in der Diözese Innsbruck. Nach einer kurzen Zeit als Pfarradministrator in Rum und Neu-Rum wurde er im Herbst 2008 Pfarrer im Seelsorgeraum „Oberes Stanzertal“. Im Herbst 2019 kam er ins Stubaital.