Out of the Box: Jesu Logik neu entdecken

Söllerpredigt in Eben: Bischof Hermann über die heilsame Verrücktheit des Glaubens

Am Sonntag, 14. September, versammelten sich zahlreiche Gläubige in Eben am Achensee zur traditionellen Söllerpredigt anlässlich des Gedenktags der Heiligen Notburga. Bei strahlendem Wetter hielt Bischof Hermann Glettler seine Festpredigt vom Balkon des Mesnerhauses – ein Fixpunkt im kirchlichen Festtagskreis der Region.

 

In seiner Predigt sprach der Bischof über die Herausforderungen einer „verrückten Welt“ und die heilsame „Verrücktheit“ des christlichen Glaubens. Ausgehend vom Evangelium des Festes Kreuzerhöhung (Joh 3,13–17) stellte er die Frage, wie man in einer Welt voller Widersprüche und Überforderung geistlich bestehen kann. „Ganz dicht bist du zum Glück nicht“, zitierte Bischof Hermann einen befreundeten Psychiater – und erklärte, dass gerade jene Menschen Hoffnung geben, die offen, durchlässig und herzlich sind. Die „begnadet Undichten“ seien jene, die sich überraschen lassen, zuhören können und nicht alles kontrollieren wollen.

 

Der Bischof benannte zahlreiche gesellschaftliche Widersprüche – von der Schönheitsindustrie über die Klimakrise bis zur digitalen Überforderung – und rief dazu auf, wieder „bei Sinnen“ zu leben. Dabei ging er auf die fünf Sinne ein und zeigte, wie sie auch geistlich gedeutet werden können: Hören als Öffnung für Gottes leises Wirken, Sehen als Blick für das Wesentliche, Riechen als Wahrnehmung von Atmosphäre, Schmecken als Genuss des Lebens und Tasten als Ausdruck von Nähe und Heilung.

 

Im zweiten Teil der Predigt sprach Glettler über das „Von Sinnen sein“ – wie es Jesus selbst vorgeworfen wurde. Diese „Verrücktheit“ sei Ausdruck einer göttlichen Andersartigkeit, die sich nicht in weltliche Kategorien pressen lasse. Die Seligpreisungen, das Kreuz und die radikale Botschaft der Vergebung seien Beispiele für diese befreiende Logik Jesu, die alles auf den Kopf stellt. Auch die Heilige Notburga wurde als „verrückt im besten Sinn“ gewürdigt – durch ihren Einsatz für soziale Gerechtigkeit und den arbeitsfreien Sonntag. Glettler erinnerte zudem an andere „verrückte Heilige“ wie Engelbert Kolland und Pier Giorgio Frassati, die durch ihr Leben ein starkes Zeugnis für den Glauben gaben.

 

Im dritten Teil der Predigt benannte der Bischof konkrete Felder, in denen die „heilsame Verrücktheit“ des Christseins heute gefragt ist: im Umgang mit Leid und Versagen, im Wahrnehmen von Gottes Gegenwart im Alltag, im Einsatz für Gerechtigkeit und im Mut zur Vergebung. „Die Logik Jesu kann alles zum Guten wenden“, so Glettler.

 

Zum Abschluss rief der Bischof dazu auf, sich vom Heiligen Geist erfüllen zu lassen und mit der „geistvollen Verrücktheit Jesu“ die Teufelskreise von Hass und Gewalt zu durchbrechen. „Wer ihm folgt, mit ihm geht und mit ihm liebt, ist im schönsten Sinn des Wortes verrückt.“

Out of the Box: Jesu Logik neu entdecken
Fotos: Ronny Wenke