Fronleichnam: Dank für Lebensmittel und Lebenschancen
Wenn katholische Christen das Fronleichnamsfest feiern, dann ist das zugleich ein "Dank an Gott für Lebensmittel und Lebenschancen". Darauf hat Bischof Hermann Glettler am Donnerstag bei der Feier des Hochfests in Innsbruck hingewiesen. Mit dem hochgehaltenen Brot, mit dem sich Jesus selbst den Menschen zur Nahrung gibt, "halten wir das Vertrauen hoch, dass Gott vorsorgt, dass von ihm niemand übersehen wird - und dass niemand innerlich 'verhungern' muss, der ihn aufnimmt oder zu ihm aufschaut. Das ist Fronleichnam", sagte der Innsbrucker Bischof.
Mit der Hostie "zeigen wir den Leib dessen, der tödlich verwundet wurde, aber drei Tage danach mit seinem gewandelten Leib den Jüngern erschien - und ihnen Frieden und Vergebung brachte", führte der Bischof unter Bezugnahme auf die Auferstehung Jesu zu Ostern weiter aus. Im kleinen Stück Eucharistie sei der Zuspruch Gottes: "Du kannst neu beginnen! Komm, nimm mich auf und du wirst Kraft haben, das Gute zu wählen, nicht den Hass."
Fronleichnam sei daher "keine Demonstration von Stärke, sondern ein Hochalten des Lebens in seiner Verletzlichkeit". Glettler bezugnehmend auf den tragischen Amoklauf in Graz und die aktuellen Nachrichten über Krieg und Terror: "Gegen alle Verherrlichung von Gewalt zeigen wir Jesus und seine siegreiche Liebe. Er ist das Medikament gegen alle Verhärtungen unserer Zeit. Fronleichnam ist eine Ansage von Leben!" Von da her sei Fronleichnam "Gottes Antwort, sein Himmel, der sich unscheinbar, aber nachhaltig unter uns ausbreitet - heilsam, tröstend, stärkend, herausfordernd in unserer verwundeten Welt".
Eine Meldung von www.kathpress.at

Was ist das – in einer verwundeten Welt?
Einleitung: „What’s that?“ Ich erinnere mich an ein Praktikum, das ich bei den Missionaries of Charity in den South-Bronx in New York verbringen durfte. Als Einstieg gaben sie mir die Aufgabe, einige Homeless-People während einer Hl. Messe zu beruhigen, bevor die Essensausgabe begann. Während des Gottesdienstes stellte mir einer von ihnen ununterbrochen die Frage „What’s that?“ und zeigte auf den Hl. Joseph, dann auf den Altar, dann wieder auf ein Glasfenster. Ich versuchte mit meinem mageren Englisch so einige Erklärungen. So ging das dahin bis zur Wandlung. Als der Priester die konsekrierte Hostie hochhielt kam erneut die Frage: „What’s that?“ Im Nachklang hat mich dieses energische Fragen stark beschäftigt. Ja, es ist fragwürdig, was wir da tun! Wozu der Aufwand rund um ein eigenartig bescheidenes Zeichen?
1. Was ist das? Nur ein Stück Brot?
Wir halten zu Fronleichnam ein kleines Stück Brot in die Höhe. Warum eigentlich? Was ist das schon? Würde man auf der Straße die Passanten nach dem Sinn des heutigen Festes fragen, wären die Antworten wohl eher dürftig. Viel liturgischer Prunk, goldene Monstranz, Traditionsvereine rundherum, aber im Zentrum – was eigentlich? Viele wissen nicht, was es mit diesem spirituell hoch energetischen Stückchen Brot auf sich hat. Es ist ein winziges Stück Lebensmittel, das durch die Worte Jesu „Das ist mein Leib!“ gewandelt wurde. Wir zeigen mit dem kleinen Himmels-Brot Jesus selbst, der sich allen Menschen zur Nahrung gibt.
Für das Volk Israel gab es in der Wüste eine lebensgefährliche Situation. Nicht ohne Grund murrten sie gegen Mose und forderten eine solide Nahrung. Was sie bekamen, hat sie überrascht: „Was ist das?“, fragten sie. Auf Hebräisch: „Manna?“ Sie wurden von Gott in einer wunderbaren Art und Weise gespeist. Heute halten wir ein Stück Brot in die Höhe – und danken Gott für die vielen Lebensmittel und Lebenschancen, die wir haben. Und wir halten das Vertrauen hoch, dass Gott vorsorgt, dass von ihm niemand übersehen wird – und dass niemand innerlich „verhungern“ muss, der ihn aufnimmt oder zu ihm aufschaut. Das ist Fronleichnam!
2. Was ist das? Erschreckende Gewalt?
Vor einer Woche hat ein Ereignis die steirische Landeshauptstadt Graz und ganz Österreich erschüttert: Ein 21-Jähriger Amokläufer hat wahllos 10 Personen an seiner ehemaligen Schule niedergeschossen. Entsetzten, Wut, Trauer, Sprachlosigkeit: Was ist das, wenn plötzlich eine so zerstörerische Gewalt am Werk ist? Was ist das, wenn ein junger Mensch sich in Tötungs-phantasien hineinsteigert und unendliches Leid anrichtet? Was ist das, wenn unser soziales Beziehungsnetz derart brüchig wird und junge Menschen zu Hass-Brütern werden, isoliert in einer digitalen Scheinwelt? Was trägt dann noch – und was bewahrt vor dieser inneren Leere?
Heute zeigen wir den Leib dessen, der tödlich verwundet wurde, aber drei Tage danach mit seinem gewandelten Leib den Jüngern erschien – und ihnen Frieden und Vergebung brachte. Im kleinen Stück Eucharistie ist der Zuspruch Gottes: „Du kannst neu beginnen! Komm, nimm mich auf und du wirst Kraft haben, das Gute zu wählen, nicht den Hass.“ Fronleichnam ist keine Demonstration von Stärke, sondern ein Hochalten des Lebens in seiner Verletzlichkeit. Gegen alle Verherrlichung von Gewalt zeigen wir Jesus und seine siegreiche Liebe. Er ist das Medikament gegen alle Verhärtungen unserer Zeit. Fronleichnam ist eine Ansage von Leben!
3. Was ist das? Eine neue Einheit?
Was wir heute veranstalten ist eine Friedens-Demo, die von Jesus selbst angeführt wird. Wir tun dies ganz bewusst angesichts der sich ausweitenden Kriegsschauplätze – heute besonders im Gebet verbunden mit den unzähligen Opfern von Terror, Krieg und Zerstörung im Nahen Osten und in der Ukraine. Wir tun dies ohnmächtig und leidenschaftlich zugleich: Wir halten hoch den „lebendigen Leib“ dessen, der zur Befreiung von der „Sünde der Welt“ sein Leben geopfert hat. Wir glauben, dass Jesus selbst unsere Einheit ist. Wir sind heute unterwegs im Wissen, dass wir zusammengehören. Keine Ideologie und keine digitale Bubble haben das Recht, uns zu trennen.
In Graz haben wir vor Tagen nicht nur die erschütternde Katastrophe gesehen, sondern auch den Zusammenhalt der Menschen, besonders der muslimischen und christlichen Jugendlichen. Der Hass konnte sie nicht bezwingen. Wir zeigen bei der heutigen Jesus-Demo den Leib dessen, der bis zum Schluss um die Einheit aller gebetet und gerungen hat. Damit hat er kein nettes Wohlfühlprogramm gemeint, sondern ein Dasein füreinander – ein Brot-sein, um sich in aller Vielfalt wahrzunehmen, in Geduld auszuhalten und zu stärken. Gegen alle Versuchung der „Ego-Shooter“ weitet das Jesus-Brot unsere Herzen. Fronleichnam meint eine geistvolle Solidarität!
Abschluss: „Was ist das?“ Unwissend fragend, zutiefst erschüttert und dankbar staunend stellen wir diese Frage. Fronleichnam ist Jesus selbst, höchstpersönlich und leibhaftig unter uns gegenwärtig. Fronleichnam ist Gottes Antwort, sein Himmel, der sich unscheinbar, aber nachhaltig unter uns ausbreitet – heilsam, tröstend, stärkend, herausfordernd in unserer verwundeten Welt.

