Synode als Weg – oder als Puzzle

Die Weltsynode, die am 9. Oktober in Rom offiziell gestartet wurde, wird als gemeinsamer Weg bis Oktober 2023 dauern, wenn sich die Bischöfe in Rom treffen. Ein Kardinal vergleicht den Weg mit einem Puzzle aus vielen tausenden Teilen.

Eine Synode sei ein gemeinsamer Weg, sagen in diesen Tagen die meisten Redner im Vatikan. Kardinal Jean-Claude Hollerich hingegen vergleicht sie mit einem Puzzle. Eines "mit mindestens 10.000 Teilen", würde mancher hinzufügen. Der weltweite synodale Weg, zu dem der Papst am Wochenende den Startschuss gab, ist zunächst auf zwei Jahre angelegt, soll aber weiterführen. Am Ende soll das Puzzle "nicht eine andere Kirche" ergeben, "sondern eine Kirche, die anders ist".

So formulierte es Franziskus am Samstag in der vatikanischen Synodenaula mit einem Zitat des französischen Konzilstheologen Yves Congar (1904-1995). Eine "Kirche, die anders ist", weil sie einen anderen Stil pflegt und offener ist für Menschen und den Geist Gottes. Ohne diesen, so betonte der Papst mehrfach, gebe es keine Synode. Und "ein Parlament oder eine Meinungsumfrage" sei sie schon gar nicht.

"Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung" lautet der Titel des Puzzles Weltsynode. Die ersten Teile dazu wurden am Samstag und Sonntag auf den Tisch gelegt. Vom Papst, von Kardinal Mario Grech, dessen Synodensekretariat das Mammutunternehmen organisieren soll, aber auch von Katholiken aus allen Kontinenten, die persönlich in Rom waren oder per Video dazugeschaltet.

Das sind der australische Bischof, der die Kirche in gesellschaftlicher Bedeutungslosigkeit versinken sieht; die junge Mutter, die hofft, dass die Fähigkeiten ihrer beiden Töchter später in der Kirche anerkannt und genutzt werden. Frere Alois aus Taize schlägt für die Halbzeit der Weltsynode eine große ökumenische Versammlung vor, damit Kirchen aufeinander hören, was ihnen jeweils noch fehlt. Und für die Kanzlerin der Erzdiözese Newark lässt sich hinsichtlich Synodalität viel von US-Frauenorden lernen.

Damit die rund 200 Delegierten, vom Kurienkardinal bis zur geladenen Jugendvertreterin, synodalen Gesprächsstil noch einmal einüben, gab es am Samstag Gruppengespräche mit Anleitung. Jeweils rund 15 Personen sprachen dabei über die Frage: "Wie geht 'gemeinsam gehen'?"

Als Generalrelator der Synoden-Bischofsversammlung im Oktober 2023, der dritten Stufe des Unternehmens Weltsynode, wird Kardinal Hollerich maßgeblich für die Erstellung des dafür vorgesehenen Arbeitstextes sorgen müssen. Noch habe er "keine Ahnung, welche Art von Arbeitsinstrument ich schreiben werde". "Die Seiten sind leer; es liegt an Ihnen, sie zu füllen", sagte er. Es gebe noch keine Agenda, betonte auch Grech.

Davon ist nicht jeder überzeugt. "Wenn ich mit Leuten spreche, sagen die mir: 'Die Themen liegen doch auf dem Tisch; die können wir dir auch ohne Synode sagen'", sagte Markus Welte am Sonntag nach der Eröffnungsmesse, die er wie der Wiener Kardinal Christoph Schönborn im Petersdom mitfeierte. Der Theologe, der den synodalen Weg in der Erzdiözese Salzburg koordiniert, weist solche Einwände nicht völlig zurück. Aber er erinnert an den Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils(1962-1965).

Gleich zu Beginn schon hatte die Kurie fertige Dokumente ausgearbeitet. Doch die Bischöfe der Weltkirche ließen sich damit nicht abspeisen, berieten von vorn und kamen zu anderen Fragen, Themen und Ergebnissen. Franziskus, so scheint es, will mit seinen steten Appellen, einander zuzuhören, auch jene Erfahrungen, Themen und Ideen bergen, die noch nicht auf den Tischen öffentlicher Diskurse liegen.

"Wir jungen Menschen, auch wir Frauen, wollen nicht nur gehört werden; wir wollen unsere Ideen und Alternativen einbringen", sagte die 26-jährige Agatha Natania aus Indonesien. Das ist nicht neu. Auf Journalistenfragen, was dazu nötig sei, antwortete sie nicht mit Forderungen etwa nach Frauenordination oder Bischofswahlen. Man müsse immer wieder miteinander sprechen, evaluieren, neu miteinander sprechen und neue Wege suchen, beschrieb sie einen anderen Stil, als er etwa in westlichen Gesellschaften gepflegt wird.

Junge Menschen "haben diese Energie, diese Kreativität, um im synodalen Prozess Menschen zusammenbringen", sagte sie mehrfach. Derweil klagen in Europa Haupt- wie Ehrenamtliche, nun komme binnen weniger Jahre das nächste Dialog- und Gesprächsprojekt. Franziskus räumte ein, man könne "nicht umhin, das Unbehagen und Leid vieler pastoraler Mitarbeiter, der partizipativen Organe in den Diözesen und Pfarren und der Frauen" zu registrieren.

Er macht wenig inhaltliche Vorgaben; das Verhältnis Kleriker und Laien in der Kirche nennt er in jüngster Zeit indes mehrfach. Egal, wie Verantwortung und Macht zwischen ihnen künftig verteilt werden: Beide Gruppen sollen selbstständiger werden und sich als Glaubende dem Alltag der Menschen zuwenden.

 Jeder Beitrag der kommenden Monate kann laut Kardinal Hollerich ein Puzzleteil sein, mit dem das Bild einer synodalen Kirche vollständiger wird. Wenn es gut läuft, könnte am Ende eine katholische Kirche stehen, die anders ist: in der Entscheidungen anders als bisher gefunden werden; die überzeugender ist, weil sie sich weniger um sich selbst und mehr um andere kümmert; in der zuletzt zunehmende Polarisierungen wieder abklingen.

Einwände wie "das bringt nichts" lässt Franziskus jedenfalls nicht gelten. Unbeweglichkeit sei ein Risiko, sagte er zum Weltsynodenauftakt. Der Satz "Das haben wir immer so gemacht" sei "Gift im Leben der Kirche".