bau.stein.zukunft 1487-2017
Der Größte von euch soll euer Diener sein. (Tagesevangelium Mt 23,11)
Heute am 5. November 2017 wird, nachdem als erste Bauetappe der dreijährigen Außenrenovierung das Turmdach samt Kugel, sowie die Ostseite des Turms samt neu gefasster (der Fassung aus dem 19. Jhdt. entsprechend) Turmuhr erneuert wurde, die Kugel mit der Chronik wieder aufgesteckt.
Kurze Zeit davor, am Mittwoch, den 27. September d.J., gibt der Vatikan bekannt, dass Hermann Glettler zum 5. Bischof der Diözese Innsbruck ernannt wird, welcher am 2. Dezember die Bischofsweihe erhalten wird und in dieser Woche nach Innsbruck übersiedelt ist. Seine erste Bergtour machte er auf das Ebner Joch. Bei dieser Gelegenheit besuchte er auch unsere Pfarrkirche und informierte sich über das Renovierungsvorhaben. Damit geht eine 22 Monate dauernde Sedisvakanz in der Diözese zu Ende, welche in dieser Zeit durch Administrator Mag. Jakob Bürgler geleitet wurde.
Die heurige Nationalratswahl war vor allem durch das Thema "Ausländer" geprägt. Während das Thema Flucht und Asyl bei uns immer noch (bei aller Beruhigung) unter den Nägeln brennt, wird zwischen Washington und Nordkorea die Diplomatie und der Weltfrieden auf eine harte Probe gestellt. Papst Franziskus, der nicht müde wird, den Frieden und einen neuen Umgang mit der Umwelt einzumahnen, hat nach der Familiensynode zu einer weiteren zum Thema Jugend aufgerufen und in seinem neuen Stil seines Papstverständnisses im Vorfeld eine breite Befragung veranlasst. Der Start der Renovierung fällt aber auch in ein Jahr mit besonderen Jubiläen.
Die Katholische Kirche feiert heuer das Gedenken an die Marienerscheinungen von Fatima vor 100 Jahren. Damals mitten hinein in den ersten Weltkrieg verliert das Gebet von Fatima um den Frieden aufgrund des modernen Säbelrasselns leider nichts von seiner Aktualität. Darum beten wir (aus dem Friedensgebet von Fatima): "...dass zwischen den Völkern Eintracht herrschen möge; dass die Verantwortlichen der Nationen Wege der Gerechtigkeit finden; dass wir alle den Frieden im Herzen finden und dass wir durch die Fürsprache und Hilfe der Königin des Friedens zu Erbauern einer geschwisterlichen Welt werden...".
Ihr alle aber seid Brüder (und Schwestern) (Mt 23,8).
In dieser Woche feierten wir mit der evangelischen Gemeinde Jenbach 500 Jahre Reformation. Was könnten nicht auch die Steine, die noch vor der Zeit der Trennung aufeinander geschlichtet wurden, dunkle Kapitel der Kirchengeschichte vor Ort erzählen. Doch ist inzwischen das kleine Pflänzchen Ökumene gut angewachsen und es sind hier bei uns weitere Samen des interreligiösen Dialogs gesät worden. In der aktuellen Diskussion zwischen Positionen zur Wiedervereinigung, wie sie Kardinal Marx vertritt, und zur bewussten Hervorhebung der Verschiedenheit, wie sich Margot Kässmann zu Wort meldete, braucht es das Bemühen um beides. Die Akzeptanz der Unterschiedlichkeiten, der verschiedenen Zugänge zum Glauben und das weitere Bemühen um das Gemeinsame, das "Noch-näher-zusammenkommen".
Gerade sind wir dabei, Wege auszuloten, um noch stärker die Ökumene und auch den Dialog mit anderen Religionsgemeinschaften hier konkret im Ort zu leben. Jenbach im Jahre 2017 bedeutet nämlich ein Ort zu sein, in dem sich über 27 Nationalitäten und über 18 religiöse und konfessionelle Bekenntnisse finden. Mit ca. 4600 Katholiken stellen wir derzeit etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Auch wenn die Zahl kleiner wird, so hebt doch das Vertrauen, dass sich 150 Frauen und Männer ehrenamtlich in den unterschiedlichsten Gremien und Gruppierungen engagieren und so dem Evangelium ihr konkretes Gesicht geben.
Es ist uns Jenbacherinnen und Jenbachern nur zu wünschen, dass die Pflanzen des Miteinanders weiter gedeihen mögen. Dass uns heute nach 500 Jahren auch das Vertrauen eines Martin Luther zu eigen ist, der auf die Frage, was er tun würde, wenn morgen die Welt zugrunde ginge, als Antwort gegeben haben soll, einen Apfelbaum zu pflanzen. Zwei solche Apfelbäume und eine Linde sind in diesem Jahr auch auf Pfarrgrund gepflanzt worden. Ob es gelingt, diese konkreten Bäume, sowie den Baum des Miteinanders über religiöse Grenzen hinweg zu hegen und zu pflegen und zum Wachstum zu verhelfen, mögt ihr, die ihr diese Chronik öffnet, besser entscheiden.
Der Pfarr- und Gemeinde-Kindergarten wird dann wohl Geschichte sein, so wie wir sonst noch nicht abschätzen können, welche Veränderungen im Ortsbild sich ergeben werden. Doch zu hoffen bleibt, dass die Kirche und ihr Turm auch weiterhin ein Fingerzeig für den Himmel sein werden. Dass dieser Ort mit Gebet und Gesang belebt und damit erst zur Kirche gemacht wird. Möge euer Urteil über uns milde sein, und davon getragen, dass wir dem heutigen Evangelium entsprechend bemüht waren, den Worten Taten folgen zu lassen.
Möge diese unsere Pfarrkirche, frei nach dem Hl. Wolfgang ein Ort sein, mit offenen Türen, die alle einladen einzutreten. Möge es uns gelingen, mit den Kindern und Jugendlichen neue Wege der Glaubensweitergabe zu finden und Menschen an der Schwelle einladend zu erscheinen.
In Anlehnung an die Turmchronik von 1893, wo es heißt. "Und nun Glück und Segen Euch Allen die Ihr in Jenbach lebt zur Zeit, wenn diese Büchse eröffnet wird! Gebe Gott und der Verstand und die Thätigkeit derjenigen, die nach uns kommen, daß die Gemeinde glücklich sei und gedeihe, daß Unfrieden aus ihrer Mitte verbannt sei...", wollen auch wir euch diesen Segen Gottes erbitten, hoffend in den kommenden Jahrzehnten die richtigen Entscheidungen für unsere Pfarrgemeinde und das Miteinander in unserer Marktgemeinde getan zu haben und vertrauen unsere und eure Zukunft der Barmherzigkeit Gottes an und wir erbitten um seinen Segen.
Heilige Maria, die wir dich mit der mittelalterlichen Statue am Hochaltar ehren, bitte für uns! Heiliger Wolfang und Heiliger Leonhard, bittet für uns!