Was in der unserer Bibel steht...

... Gott erschuf den Menschen als sein Bild,
als Bild Gottes erschuf er ihn.
Männlich und weiblich erschuf er sie…
Gott sah alles an, was er gemacht hatte:
Und siehe, es war sehr gut. 
(Gen 1,27; 31)

 

… und trotzdem gibt es Stellen, in denen homosexuelles Verhalten verurteilt wird. Was steckt dahinter? 

Die Bibel verurteilt homosexuelle Handlungen (z.B. Gen 19; Lev 18,22.20,13; Röm 1,26f; 1 Kor 6,9f; 1 Tim 1,10) als Laster der Heiden. 

Die Ablehnung der Homosexualität steht aber jeweils in einem bestimmten Kontext, wie z.B. Verletzung des Gastrechtes, Vergewaltigung (Gen 19,4-8). Homosexuelle Handlungen widersprechen außerdem der Pflicht der Juden, Nachkommenschaft zu zeugen. Die Bibel kennt Homosexualität im Sinne einer Veranlagung nicht. In keiner Weise scheinen die biblischen Schriften von der Annahme auszugehen, dass Homosexualität anlagebedingt sein könnte. Es handelt sich also um zeitbedingte Aussagen, die eine einfache Anwendung der sittlichen Wertung der Bibel auf die heutige Fragestellung nicht zulassen. Biblische Ethik orientiert sich am Geist und Lebenszeugnis Jesu Christi: Die Grundnorm ist das Liebesgebot: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“ „Alles, was ihr tut, geschehe in der Liebe!“ Richtet nicht, damit auch ihr nicht gerichtet werdet!“

Es geht um Liebe, Achtung Respekt und Beziehung und die daraus resultierende Möglichkeit, dass jeder und jede sein/ihr Leben entfalten kann. 

(c) pixabay

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Wie können scheinbar homophobe Bibelstellen gedeutet werden?

Beispiel: Levitikus 

Du darfst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; das wäre ein Gräuel. Lev. 18,22  Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide haben den Tod verdient; ihr Blut kommt auf sie selbst. Lev. 20,13 

In der damaligen Zeit glaubten die Menschen, der männliche Samen enthielte bereits fertige Menschen und die Frau sei lediglich Ort, an dem der Samen heranreifte. Wichtig war es, dass der Samen nicht verschüttet wird, da dies den Mann unrein werden ließ. Die Frau war die passende Person, denn in ihr konnte der Samen wachsen. Ein Mann hätte diese Aufgabe nicht erfüllen können, weshalb es nicht erlaubt war seinen Samen mit einem anderen Mann zu „verschwenden“.

  

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Jesus selbst äußerte sich nicht zum Thema Homosexualität.

Allgemein gibt es im Neuen Testament nur wenige Stellen in den Paulusbriefen: 

Röm 1,26-27: Darum lieferte Gott sie entehrenden Leidenschaften aus: Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer treiben mit Männern Unzucht und erhalten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung. 

Auch hier ist der historische Kontext zu beachten. 

1. Ist es eine Antwort auf Zustände einer christlichen Gemeinde in Rom.
2. Wichtig ist der Vorspann: 1,25: Die Gemeinde hat Gott aus dem Blick verloren. Daraus ergibt sich ein soziales Fehlverhalten Paulus spricht von Beziehungen „voller entbrannter Begierde“, was auf Beziehungen ohne gegenseitiges Einverständnis schließen lässt. Jesus selbst machte keine Angaben zu diesem Thema, da er als Gottes Sohn für die uneingeschränkte Liebe und den Frieden war. 

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Im Interview mit einem Liturgiewissenschafter

Das folgende Interview wurde von Josef Wallner für die KirchenZeitung der Diözese Linz geführt und beleuchtet das Thema Homosexualität von liturgischer Seite.

Das Interview entstammt folgender Seite: https://www.kirchenzeitung.at/site/themen/gesellschaftsoziales/mehr-als-ein-normaler-segen.
Wir danken den Verantwortlichen für die Erlaubnis, das Interview auf unserer Website zu veröffentlichen - Herzlichen Dank! 

"Die Linzer Liturgiewissenschafter Ewald Volgger und Florian Wegscheider haben ein Buch über die Benediktion von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften herausgebracht. Mit den Überlegungen zu einer „amtlichen Segnung“ – was der Begriff Benediktion bedeutet – begeben sie sich im Auftrag der Kirche auf Neuland.

Warum nimmt sich nun die Liturgiewissenschaft des Themas Homosexualität an? P. Ewald Volgger OT: Weil uns die liturgische Kommission Österreichs, deren Vorsitzender Erzbischof Lackner von Salzburg ist, beauftragt hat, uns mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Im Katholischen Katechismus heißt es, dass homosexuelle Handlungen in keinem Fall zu billigen sind und homosexuelle Menschen zur Keuschheit gerufen sind. Daher gab es bisher keinen Anlass, aus Sicht der Liturgiewissenschaft über Segensfeiern nachzudenken. Aber es ist Bewegung in die Thematik gekommen. Die Lehre der Kirche stößt gesellschaftlich und innerkirchlich auf immer geringere Resonanz, insbesondere die Moraltheologie spricht sich für neue Denkansätze in der Bewertung von Gleichgeschlechtlichkeit aus. So ist auch unser Auftrag  nachvollziehbar, sich aus liturgischer Sicht Gedanken über eine Segnung zu machen.

 

Die Einführung einer amtlichen Segnung würde aber eine Änderung des Katechismus voraussetzen? Volgger: Selbstverständlich, denn eine offizielle Liturgie der Kirche muss ihre Grundlage in der Glaubenslehre der Kirche haben. Das geht gar nicht anders. Doch die Lehre über die Homosexualität ist europaweit derart in Diskussion gekommen, dass eine Öffnung nicht nur diskutierbar, sondern auch einforderbar ist. Es gibt auch eine beachtliche Anzahl von Bischöfen, die sich im Bereich der Sexualmoral zur Bewertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaft ein Umdenken wünschen.

Wann wird Ihrer Einschätzung nach diese Änderung kommen? In zehn, zwanzig oder dreißig Jahren? Volgger: Ich weiß es nicht, mein Wunsch wäre aber so bald wie möglich. Auf jeden Fall war eine Beschäftigung aus wissenschaftlicher Sicht an der Zeit. Die Regenbogenpastoral, Seelsorgerinnen und Seelsorger, die gleichgeschlechtliche Paare begleiten, tun das ja in der Praxis schon lange. Dazu finden jährlich am Valentinstag Segnungen auch von gleichgeschlechtlichen Paaren statt, die in der Regel Akzeptanz finden.

Was heißt nun Benediktion von gleichgeschlechtlichen Paaren? Volgger: Eine Benediktion ist kein Sakrament, sie steht nicht auf einer Stufe mit dem Ehesakrament, aber sie ist doch ein amtlicher Segens-Akt, den die Kirche Benediktionalie nennt – so wie eine Ordensprofess, die Abtsbenediktion, eine Verlobungsfeier und Ähnliches. Konkret würde das heißen: So wie die Ehe zwischen Mann und Frau ein Bild für die Schöpferliebe Gottes ist, ist auch die gleichgeschlechtliche Beziehung ein Bild für die Zuwendung Gottes zu den Menschen. Wenn Partner und Partnerinnen das Geschenk der gegenseitigen Liebe in Treue zueinander leben und mit den Geistesgaben Gottes wie Güte, Nachsicht, Geduld, Versöhnung usw. ihr Leben gestalten, ist ihre Beziehung doch auch ein Bild für die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes.

In einer Fernsehdokumentation des ORF wurde kürzlich ausführlich der Stephansdom porträtiert. Die Grundbotschaft des Beitrags war: Der Dom gehört allen Menschen. Dabei kam ein homosexuelles Paar zu Wort, das sich ausdrücklich für die Segnung durch den Dompfarrer bedankte. Ist das nicht bereits diese Segnung, von der Ihr Buch handelt? Volgger: Nein, denn dabei handelt es sich wohl um die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren zum Valentinstag. Diese sind in der Praxis weit verbreitet. Eine Benediktion, wie sie aus liturgietheologischer Sicht vorgeschlagen wird, hätte aber auch amtlichen Charakter, durch den Kirche die Verpflichtung zur Treue und zur Ausschließlichkeit der Beziehung zum Ausdruck bringt. Übrigens ist das eine sehr schöne Botschaft, dass im Stephansdom jeder Platz hat und gesegnet wird.

 

Das soeben erschienene Buch „Benediktion von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, gibt in der ersten Hälfte einen Überblick über die aktuelle Rechtslage von gleichgeschlechtlichen Ehen in Österreich (Elisabeth Greif), über Homosexualität und biblische  Tradition (Martin Stowasser) sowie über ethisch-moraltheologische Überlegungen (Martin Lintner und Michael Rosenberger). Im zweiten, liturgiewissenschaftlichen und liturgischen Teil  finden sich die Beiträge von Ewald Volgger, Benedikt Kranemann und Stephan Gugerel." Quelle des gesamten Interviews vom 28.4.2020: https://www.kirchenzeitung.at/site/themen/gesellschaftsoziales/mehr-als-ein-normaler-segen