Weg der Hoffnung: 100 Jahre kirchliche Eigenständigkeit

Festgottesdienst im Innsbrucker Dom würdigt 100 Jahre kirchliche Eigenständigkeit von Brixen für Innsbruck und Feldkirch als gemeinsame apostolische Administratur.

Mit einem feierlichen Gottesdienst im Innsbrucker Dom zu St. Jakob wurde am Hochfest Mariä Empfängnis das 100-jährige Jubiläum der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch begangen. Zahlreiche Gläubige, Ordensleute und Vertreter:innen aus Kirche, Politik und Gesellschaft nahmen an der Feier teil. Das Land Tirol wurde durch Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler vertreten, Vorarlberg durch Landtagspräsident Harald Sonderegger.

 

Bischof Benno Elbs aus Feldkirch stand der Eucharistiefeier vor, die Festpredigt hielt Bischof Hermann Glettler. In seiner Ansprache spannte er einen weiten Bogen durch die Geschichte: von der Errichtung der Administratur 1925 als „Ort des Haltes“ in politisch unsicheren Zeiten über die Herausforderungen nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zum Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils. „Jeder 8. Dezember ist ein neues Kapitel“, betonte Glettler. „Gott kann Neues schaffen zu jeder Zeit – auch heute, in einer Welt der Nervosität und Entsolidarisierung.“ Der Blick auf Maria als „Symbol der Hoffnung“ sei dabei wegweisend.

 

Auch Josef Geisler hob in seinem Grußwort die Bedeutung der Kirche als Ort der Gemeinschaft und Zuversicht hervor: „Ein Jubiläum ist nicht nur ein Blick zurück, sondern auch ein Auftrag für die Zukunft.“ Dank galt allen, die die Diözesen in den vergangenen 100 Jahren geprägt haben.

 

Ein besonderer Akzent des Festes war die musikalische Gestaltung: Der Innsbrucker Domchor und der Kirchenchor St. Martin Dornbirn führten die „Messe solenelle cis-Moll“ von Louis Vierne auf – ein Werk, das am 8. Dezember 1901 in Paris uraufgeführt wurde und so den historischen Bogen des Jubiläums unterstrich. Zum Auszug erklang das Finale aus Viernes Zweiter Orgelsymphonie, ein kraftvoller Abschluss dieser festlichen Feier.

 

Mit dem Gottesdienst wurde nicht nur ein Jahrhundert kirchlicher Eigenständigkeit gewürdigt, sondern auch der Auftrag erneuert, als offene und hoffnungsvolle Kirche in die Zukunft zu gehen.

Weg der Hoffnung: 100 Jahre kirchliche Eigenständigkeit
Fotos: Cincelli/dibk.at

Maria als Leitstern – Kirche in Zeiten der Veränderung

Transkription der Predigt von Bischof Hermann Glettler

Liebe Schwestern und Brüder, heute am Fest der Erwählung Mariens begehen wir dieses doch wichtige Datum 100 Jahre apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch, ein Fest der Erwählung. Ich möchte in dieses Gedenken hereinnehmen 1925, 1945, 1965 verschiedene Schwellenmomente, wo wir sehen, Dass Gott wirkt, seine Vorsehung, das soll uns Vertrauen geben.

 

Kirche in der Geschichte und im Wandel 

Ich war vor kurzem jetzt einige Tage in Ruanda, diesem schönen ostafrikanischen Land, wo ich von Graz her sehr viel Beziehung hatte. Und wir konnten 125 Jahre Christianisierung, Ankunft des Evangeliums in Ruanda feiern. Da kann man sich vorstellen, Abschlussgottesdienst mit 50.000 im großen Stadion in Kigali schon eine unglaubliche Wucht und Lebendigkeit. Diese 125 Jahre Kirche auch dort hineingemengt in eine sehr durchwachsene Geschichte. Belgien als letzte Kolonialmacht, die Rassentrennung eingeführt, damit Herrschaft ausgeübt, Kirche mal widerständig, mal mittendrin. 1994 Genozid. Erschreckend, was da passiert ist. Und dann ein Prozess der Versöhnung. Wieder die Kirche beispielhaft in diesem Prozess.

 

 Kein Vergleich jetzt natürlich mit unserer Kirchengeschichte. Viel älter als die Kirche in unserem Lande zurückgehen, wie wir wissen, mindestens ins fünfte Jahrhundert. Aber der Vergleich, durch politische Wirrnisse hindurch, durch ein Widerständigsein mitgerissen werden, Gott sei Dank gab es immer auch die Mutigen, die da aufrecht gehalten haben, an wen man glaubt. Otto Neururer und Karl Lampert hier besonders gedenken im Dom und zusammen mit Diözese Feldkirch.

 

Schwellenmomente der Geschichte: 1925, 1945, 1965 

Immer wieder Schwellen an denen sich Kirche bewähren musste und wieder aufgerichtet hat. Also vor 100 Jahren schrieb der damals ernannte neue Administrator Dr. Sigismund Weitz an seine Gläubigen: Geliebte Diözesanen. Der Heilige Vater, Papst Pius XI., hat mit Entscheidung vom 12. Dezember 1925 verfügt, dass der österreichische Teil der Diözese Brixen als eigener kirchlicher Amtsbereich verwaltet werde. Damit wurde also die kirchliche Verwaltung in Tirol neu organisiert, 1921 als im neuen Professorium.

 

Bedeutung des 8. Dezember: Hoffnung in Zeiten der Krise 

Nicht zufällig feiern wir dieses Jubiläum an einem 8. Dezember, Festtag der Erwählung Mariens. Sie steht uns so als Lichtfigur, als Symbol der Hoffnung vor Augen, dass Gott wirkt. Der 8. Dezember: Ermutigung und Widerstand, weil Gott Neues schafft. Denken wir zurück 1854 Papst Pius IX. das Dogma der Erwählung Mariens in die Mitte dieses 19. Jahrhunderts hinein, 1854 Die Revolutionen in Europa waren noch nicht lange her, 1848/49 Nationalismen haben sich gebildet, Ideologien im Entstehen. Der Krimkrieg hat begonnen, die Großmächte Frankreich, England, Osmanisches Reich gegen Russland, das die Krim besetzt hat.

 

Also ebenso unruhige Zeit, Verunsicherung und da hinein diese Ansage, kann man sagen, dieses theologische Narrativ. Die Netzwerke des Bösen haben nicht die letzte Macht, haben nicht die Deutungshoheit. Gott kann das durchbrechen, er schafft Neues. Das ist wichtig. 8. Dezember ist nicht nur dieses theologische Dogma, dass Gott eingegriffen hat in einer ganz speziellen Intervention "Empfängnis Mariens im Schoß von Anna" quasi herausgenommen aus dieser üblichen Schuldverstrickung, wo wir alle drinnen stecken. Maria, dieses Symbol, dass Gott Neues schafft und auch in Zeiten wirklicher Bedrängnis. Deswegen Maria, dieser Leitstern, auch im 17. Jahrhundert eingeführt in Österreich als Staatsfeiertag, der 8. Dezember, nachdem die Kriege gegen die Osmanen vorbei waren.

 

Gerade in Tirol, Südtirol, Vorarlberg fiel diese Botschaft 1854 eben auf fruchtbaren Boden. Kirchen und Kapellen wurden Maria im Gefängnis geweiht, Wallfahrten belebt. Das bog mal zum tröstenden Bekenntnis. Und vor 100 Jahren, nach dem Ersten Weltkrieg, Piers der Elfte, ruft das heilige Jahr 1925 aus. Und als krönenden Abschluss Christus König, das Christkönigfest, eingeführt. Auch wiederum zu sagen, bei all den Verwerfungen der Geschichte, Christus ist der eigentliche Herr der Geschichte. Da kann man nachvollziehen, dieses Sich-Aufrichten mit diesen theologischen Ansagen. Bei allem, was an Ideologien schon wieder heraufkam, Christus ist der Herr. Ebenso, bitte nicht vergessen, 1925, 21. Mai, Petrus Canisius wurde heiliggesprochen, unser Dözesanpatron. Was ich gerne mit euch, mit Ihnen teilen möchte, ist, dass an diesen Schwellen, 25, 1945, 1965, Kirche in der Krise oder aus der Krise herausgewachsen ist, innerlich gewachsen ist.

 

Historische Herausforderungen und kirchliche Antworten 

Erster Schwellenmoment 25: Ganz Europa auf der Suche nach Orientierung, die neuen politischen Systeme noch instabil, erste Republik in Österreich auch noch sehr fragil. Überall erstarken die extremen Bewegungen. Bei der Tiroler Landtagswahl 1925 bereits zum zweiten Mal die DNSAP, Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei, angetreten. Wirtschaft erholte sich kaum, Arbeitslosigkeit, Inflation, Abwanderung, große Bürden. Millionen Menschen fühlen sich entwurzelt. Die offene Wunde, Trennung von Südtirol blieb.

 

1925 in Brixen, sehr schwierige Situation. Benito Mussolini treibt die harte harte Italianisierung voran. Verbannung der deutschen Sprache aus Schulen und Behörden, Eingriff in das religiöse Leben und so weiter. Und gerade deshalb, in diesen aufgeregten, nervösen Situationen, Kirche versucht, sich zu finden. Errichtung der Administratur. Sigismund Weitz setzt sehr schnell frühe, deutliche Zeichen in Bildung und Sozialem. Einführung der katholischen Aktion, neue Wege in der Seelsorge, Kirche nahe bei den Menschen, das haben sie versucht. Schwelle nach dem Zweiten Weltkrieg, ohne das weiß Gott wie auszuführen. Menschen hungern, frieren, suchen ihre Toten und ihre Zukunft. Auch bei uns.

 

Und am 8. Dezember 1945 wurde der Feiertag wieder neu gefeiert, von den Nazis verboten. Auch wieder dieses deutliche Zeichen, Scharen von Menschen in den Kirchen, Dieser Feiertag hat Symbolkraft. 1955 auch wieder als Staatsfeiertag in Österreich mit einer Abstimmung im Nationalrat eingeführt. An den Schwellen neues Leben, aus der Verunsicherung, Demütigung, aus der Schuld heraus sich aufrichten. Bischof Paulus Rusch von 1938 geweiht und eingesetzt als Administrator, hat deutliche Zeichen gesetzt. Stichwort Wohnbau ist Dombau, Stärkung der kirchlichen Verbände, Gründung vom Pfarren und so weiter. Ich möchte vermitteln, dass wir auch in der heutigen unruhigen Zeit Mut fassen müssen, uns aufrichten im Sinne Gottes, er kann wirken. 6. August 1964 Diözese Innsbruck gegründet, 68 Diözese Feldkirch.

 

Zweites Vatikanisches Konzil: Aufbruch und Erneuerung 

Inmitten dieser wichtigen für uns Daten, aber das ist das letzte, was ich heute in diesem Parcours durch die Schwellen des 20. Jahrhunderts am 8. Dezember 1965 wurde das zweite Vatikanische Konzil abgeschlossen. Papst Paul VI. Ein Ereignis, in dem Weltkirche eine geistliche Erneuerung erfahren hat, sich aufgerichtet hat angesichts der großen Umwälzungen, Globalisierungen, mit vielen Dokumenten und in den letzten Tagen vor allem eine Spur mit drei ganz wichtigen Dokumenten. Einerseits über die Religionsfreiheit, erst im November 1965 abgestimmt, zu sagen, wir sind in einer pluralen Gesellschaft Religion von und Freiheit von und für Ausübung wichtig für alle Menschen. Zweitens, nostre etate, das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, auch so wichtig, diesen multireligiösen Kontext und Gaudium et space am 7. Dezember 1965, also genau vor 60 Jahren.

 

Kirche in der Welt von heute. Und das ist ein Text, der nichts an Frische verloren hat. Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Bedrängten, ist auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger und Jüngerinnen Christi. Es gibt nichts Menschliches, was nicht in ihren Herzen einen Widerhall hätte. Deshalb fühlt sich die Kirche mit der ganzen Menschheitsgeschichte engstens verbunden. Ist das nicht wunderbar? Prolog von diesem wunderbaren Dokument Gaudium and Space genau vor 60 Jahren. Kirche als Resonanzraum für alle Menschen. Genau vor 60 Jahren also dieser Aufbruch.

 

Ausblick: Auftrag für die Kirche heute 

Was machen wir daraus? Kirche heute leben, im Heute kollektiver Nervosität und Ermüdung, im Heute eines aggressiven Auseinanderdriftens unterschiedlicher Welten. im heute wieder wachsender Nationalismus und Entsolidarisierungen. Was wir von neuem benötigen, ist eine Haltung des Aufbruchs trotz allem. Wir wissen ja nicht genau, sind wir in einer fortschreitenden Säkularisierung? Vieles spricht dafür: religiöse Praxis, die zurückgeht, oder in einer Postsäkularen. Wieder neue Nachfrage nach Gott. Auch dafür gibt es deutliche Anzeigen. Suche nach Sinn, religiöser Orientierung. Und da mittendrin: Gott schenkt Erwählung. Der 8. Dezember ist ein Signal. Gott kann Neues schaffen zu jeder Zeit. Und er wählt auch uns heute, wie wir gehört haben, in der zweiten Lesung, eine offene, dialogbereite menschennahe, christusverkündende Kirche zu sein und hoffentlich an der Seite der Armen. Liebe Schwestern und Brüder, jeder achte Dezember ist ein neues Kapitel. 25, 45, 65, 2025. Alle Kapitel erzählen dieselbe Geschichte. Gott hat in Maria einen Menschen erwählt, der uns zeigt, wie er handelt. Leise, zärtlich und stark. Immer mit einer Liebe, die alles Böse überwinden kann.

 

Wenn wir heute also 100 Jahre Administratur Innsbruck-Feldkirch feiern, dann stehen wir in dieser Linie. Wir verbinden uns mit Maria, der Mutter der Hoffnung, und gehen unseren Weg zuversichtlich weiter.

Maria als Leitstern – Kirche in Zeiten der Veränderung

Maria als Leitstern – Kirche in Zeiten der Veränderung

Rede des Politikvertreters

Transkription der Worte von Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler

Geschätzte Exzellenz, liebe Bischöfe, Priester und Ordensleute, geschätzte anwesende Präsidenten, Vertreter des öffentlichen Lebens, Liebe Gläubige, die heute anwesend sind. Dieser heutige Gedenkgottesdienst ist ein Gottesdienst, wo wir durchaus zurückblicken, aber auch in die Zukunft schauen können.

Dieser 12. Dezember 1925, also vor 100 Jahren, war eben ein kirchlicher Neubeginn unserer beiden Diözesen. In einer Zeit großer Unsicherheiten auch in einer Zeit der Trennung unserer Landeseinheit. Gerade in dieser Zeit war die Kirche ein Ort des Haltes und auch ein Ort des Zuhörens, aber besonders auch ein Ort der Gemeinschaft. Und auch ein Ort der Zuversicht.

 

Heute blicken wir nämlich dankbar zurück auf die Frauen und Männer, die unsere Diözese lebendig gehalten haben. Dankbar auf die Bischöfe, auf die Priester und auch die Diakone, Pastoralassistenten und Assistentinnen und vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern in unserer Diözese.

100 Jahre, diese Diözese Innsbruck und Feldkirch bedeuten aber auch 100 Jahre Einsatz für Bildung. karitative Initiativen, Ökumene und viele kulturelle Traditionen in allen unseren Gemeinden und Regionen. Ein Jubiläum ist nicht nur ein Blick zurück, es ist auch ein Auftrag für die Zukunft.

 

Wir stehen heute in einer Welt der Veränderung. Viele Menschen suchen auch Orientierung. suchen Wertschätzung und suchen aber auch Gemeinschaft. Unsere Kirche kann diesen Menschen Räume für diese Begegnung öffnen. Möge uns das Erbe der letzten 100 Jahre darin bestärken, mit Offenheit und auch mit Zuversicht einen Glauben zu leben, der nicht stehen bleibt, sondern sich ständig erneuert. Danke eben an alle, die heute hier sind und alle, die unsere Diözesen tragen. Möge Gottes Segen uns begleiten heute und in den nächsten 100 Jahren.

Rede des Politikvertreters

Rede des Politikvertreters