Ruanda: 125 Jahre Christianisierung mit Bischof Hermann

Österreich-Abordnung nahm an historischem Ereignis mit 45.000 Mitfeiernden im Fußballstadion von Kigali teil - Bischof Hermann: Geistige Frischluft und unbändige Glaubensfreude

Mit einer großen Eucharistiefeier in der größten Fußballarena des Landes hat Ruanda am Samstag den 125. Jahrestag der "Ankunft des Evangeliums" begangen. 45.000 Gläubige versammelten sich im Amahoro-Stadion in Kigali, wo Staat und Kirche das Jubiläum als Zeichen nationaler Einheit und Versöhnung würdigten. Hauptzelebrant des Gottesdienstes war Kardinal Antoine Kambanda, unter den internationalen Gästen gab es auch eine Abordnung von missio Österreich mit dem Innsbrucker Bischof Hermann Glettler und missio-Nationaldirektor P. Karl Wallner.

 

Kardinal Kambanda erinnerte an die historische Leistung der ersten Missionare und betonte die spirituelle Dimension der Versöhnung: Die Ankunft des Evangeliums im Jahr 1900 sei der Beginn eines Weges gewesen, "auf dem Christus die Herzen verändert hat - damals wie heute". Dieser Prozess setze sich nach wie vor fort, besonders durch lokale Versöhnungsprogramme, pastorale Initiativen und die lebendige kirchliche Jugendkultur im Land. Der erste Kardinal aus Ruanda würdigte auch die "ungebrochene Glaubenskraft der Gemeinden", die sich besonders in der liturgischen und gemeinschaftlichen Gestaltung des Jubiläums zeigte.

 

Der ruandische Premierminister Justin Nsengiyumva würdigte in seiner Ansprache die Kirchen als "entscheidende Partner beim Wiederaufbau unseres Landes". Sie hätten wesentlich zum Aufbau von Vertrauen nach dem Genozid von 1994 beigetragen. Zudem hob er die Rolle der Kirche für Familien, Jugendliche und besonders für vulnerable Gruppen hervor und erinnerte daran, dass Einheit, Heilung und soziale Stabilität "nur durch Opferbereitschaft, Mut und Liebe" möglich geworden seien. Nsengiyumva betonte zudem die gemeinsame Verantwortung von Staat und Religionsgemeinschaften für Bildung und das Wohlergehen der Bevölkerung: "Ein Kind, das lernt, ist ein Land, das aufgebaut wird." Die Kirche bleibe, so der Premierminister, ein "starker Pfeiler der Entwicklung Ruandas".

 

Friede als Programm
Überwältigt von dem Ereignis zeigten sich die österreichischen Teilnehmer. Bischof Glettler wies auf Instagram darauf, dass der Name der Arena "Amahoro" - "Friede" - programmatisch für das Land stehe. Für ihn habe Ruanda seit seinem ersten Besuch vor über 20 Jahren - vier weitere folgten seither - einen bleibenden Eindruck hinterlassen, nicht zuletzt durch die Partnerschaft zwischen der Pfarre Graz-Karlau und Nyamasheke, die seit Mitte der 1980er-Jahre besteht. Diese Beziehung habe für ihn und andere ein tieferes Verständnis von weltkirchlicher Verbundenheit und globalen Armutsverhältnissen eröffnet. 

 

"Zutiefst beschenkt" habe ihn weiters die "durch dieses Fenster zu uns kommende geistige Frischluft und unbändige Glaubensfreude", so der Bischof weiter. "Ich habe verstanden, dass wir durch Jesus weltweit Geschwister sind und voneinander lernen dürfen." Inspiriert und gestärkt habe ihn in Ruanda zudem auch das Erleben des Engagements der Gemeinschaft Emmanuel, der Glettler selbst angehört. Die Gemeinschaft führt u.a. ein Zentrum für Straßenkinder in Kigali und betreibt Evangelisation an Hochschulen und durch Pfarrmissionen.

 

Auch Glettler würdigte die kirchliche Rolle im Versöhnungsprozess nach 1994. In einer einzigartigen Kooperation habe das Land staatliche Initiativen wie die Gacaca-Gerichte mit kirchlichen Versöhnungs- und Heilungsprogrammen verbunden. Das Ergebnis sei ein weltweit beachtetes Modell des gesellschaftlichen Wiederaufbaus, das zeige: "Feindschaft muss nicht das letzte Wort haben. Wunden des Hasses können heilen." Der Innsbrucker Oberhirte verwies zudem auf Kardinal Kambanda als "wichtige Stimme der Versöhnung in einer politisch komplexen Phase des Landes". Der eingeschlagene Weg müsse nun konsequent fortgesetzt werden.

 

Missio-Nationaldirektor P. Karl Wallner zeigte sich ebenfalls tief bewegt vom "Glaubenszeugnis", welches die auf den Beginn der Christianisierung verweisende Feier gewesen sei. Die ersten Missionare - die Weißen Väter - hätten 1900 in Ruanda die erste heilige Messe gefeiert; heute bestehe der Orden weiter, "aber alle Berufungen sind schwarz", betonte Wallner. Das Christentum in Ruanda sei heute tief in der Gesellschaft verwurzelt. Beeindruckt zeigte sich der Zisterziensermönch auch von der professionellen Medienarbeit der Kirche: "Fernseh- und Radiostationen, YouTube und Instagram gehören hier selbstverständlich zum missionarischen Alltag."

 

Papst: Versöhnung muss weitergehen
Ein Höhepunkt der Feier war die Verlesung der Botschaft des Papst durch den Apostolischen Nuntius Alnaldo Sanchez Catalan. Leo XIV. ließ ausrichten, er "verbinde sich mit der Kirche in Ruanda im Dank an Gott für das 125-jährige Jubiläum der Ankunft des Christentums". Er erinnere "mit Dankbarkeit" an die ersten Missionare und an alle, "die durch ihren Glauben und ihre Großzügigkeit geholfen haben, das Evangelium in Ruanda zu verwurzeln". Zugleich ermutigte er die Gläubigen, dem "Geist der Versöhnung, des Friedens und des gegenseitigen Respekts" treu zu bleiben, damit die christlichen Gemeinschaften "ein Zeichen der Hoffnung bleiben, besonders für die Jugend und für alle, die sich nach Heilung und erneuerter Einheit sehnen". 

 

Zentrale Rolle in Entwicklung des Landes
Die Ankunft des Christentums in Ruanda um 1900 war Teil umfassender Missionsbestrebungen in der Region der Großen Seen. Die "Weißen Väter" errichteten erste Missionsstationen, die außer auf Glaubensverkündigung auch auf den Aufbau von Bildungs- und Gesundheitsstrukturen abzielten. Die Missionare erlernten die Kinyarwanda-Sprache, entwickelten Schrift- und Grammatiksysteme weiter und waren an frühen ethnografischen und sozialgeschichtlichen Studien beteiligt, die wesentlich zum Verständnis der lokalen Gesellschaft beitrugen. Schon im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wurden Pfarren, Schulen und Katechistenprogramme errichtet, die katholische Gemeinschaft wuchs schnell, ab etwa 1950 gab es auch einheimische Bischöfe. 

 

Gleichzeitig spielte die Kirche eine ambivalente Rolle in der Gesellschaft, da ihre Strukturen ethnische Unterschiede zwischen Hutu und Tutsi teilweise verstärkten. 1994 erreichte der Ruanda-Genozid, bei dem binnen weniger Wochen über 800.000 Menschen ermordet wurden, auch die Kirchen: Viele Geistliche und Gemeindemitglieder wurden Opfer der Gewalt, während andere Schutz boten oder in Verstrickungen gerieten. In der Folge engagierte sich die Kirche stark im Wiederaufbau, in Versöhnung und Trauma-Bewältigung, zudem reflektierte sie ihre Rolle kritisch.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Ruanda: 125 Jahre Christianisierung mit Bischof Hermann
Foto: Glettler/dibk.at