Jedes dritte Opfer von Menschenhandel ist minderjährig

Hilfsorganisationen warnen: Opferzahlen steigen, Mädchen besonders betroffen - Jugend Eine Welt: Digitalisierte Welt hat neue Formen der Sklaverei hervorgebracht - Tag gegen Menschenhandel am 30. Juli

Der Kinderhandel nimmt weltweit zu. Globale Krisen wie Klimawandel, bewaffnete Konflikte und Armut verschärfen die Lage. Darauf haben Hilfsorganisationen im Vorfeld des "Tags gegen Menschenhandel" (30. Juli) hingewiesen. Kinder würden zum Betteln oder Stehlen gezwungen, wie Sklaven als billige Arbeitskräfte missbraucht, als Kindersoldaten rekrutiert, in die Prostitution gedrängt oder als Kinderbräute verkauft, erklärte Jugend-Eine-Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer in einer Aussendung am Montag. Zudem habe die digitalisierte Welt neue Formen der Sklaverei hervorgebracht.

 

Laut dem aktuellen "Global Report on Trafficking in Persons 2024" der Vereinten Nationen ist fast jedes dritte registrierte Opfer minderjährig - mit steigender Tendenz, wie die SOS-Kinderdörfer mitteilten. Der jüngste Bericht der in Wien ansässigen UN-Behörde für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNDOC) weist für das Jahr 2022 mit 75.000 Fällen von Menschenhandel einen Anstieg um 25 Prozent im Vergleich zu 2019 aus. Von insgesamt im Zeitraum 2020 bis 2023 identifizierten 202.478 Opfern waren 38 Prozent Minderjährige. 42 Prozent aller identifizierten Opfer waren von Arbeitsausbeutung, 36 Prozent von sexueller Ausbeutung betroffen, teilte Jugend Eine Welt mit.

 

Frauen und Mädchen besonders betroffen
Generell sei der Anstieg des Menschenhandels, insbesondere bei Minderjährigen, besorgniserregend, so die UNDOC. Frauen und Mädchen sind unter den registrierten Opfern weiterhin in der Mehrzahl, 61 Prozent waren es 2022. 60 Prozent der weiblichen Opfer wurden sexuell ausgebeutet. Kinder und Jugendliche - meist Mädchen - seien häufig mehrfacher Ausbeutung ausgesetzt, erklärte Heiserer: "Zum Beispiel werden sie als Minderjährige in eine Zwangsehe geschickt, als kostenlose Haushaltshilfe ausgebeutet und womöglich als Sexarbeiterin auf Internetplattformen angeboten." 

 

Ein wichtiger Schritt gegen missbräuchliche Kinderarbeit sei das beschlossene, aber noch nicht umgesetzte europäische Lieferkettengesetz, so Heiserer: "Wir alle müssen dazu beitragen, solchen Handel gerade mit den jüngsten und wehrlosesten Menschen zu beenden." Ein Problem sei, dass Menschenhandel und Ausbeutung oft im Verborgenen stattfinden. Die Polizei sei auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.

 

Auch die SOS-Kinderdörfer fordern entschlossenes Handeln. "Wir alle tragen Verantwortung, die Schwächsten zu schützen - mit klaren Taten, nicht nur mit Worten", erklärte Anne Beck für die Hilfsorganisation in einer Aussendung. Betroffene Kinder müssten besser erkannt, erfasst und betreut werden. Zudem müsse konsequent gegen Ausbeutungsnetzwerke vorgegangen werden.

 

Die SOS-Kinderdörfer verwiesen auch auf Menschenhandel in Deutschland. Das Bundeskriminalamt verzeichne, dass 15 bis 25 Prozent der registrierten Opfer minderjährig sind. Diese Kinder würden sexuell ausgebeutet, zur Arbeit gezwungen oder für kriminelle Zwecke missbraucht. Die Dunkelziffer sei hoch, weil viele Kinder nicht als Opfer erkannt, sondern fälschlich als Täter behandelt würden. Oft fehlten kindgerechte Betreuung, spezialisierte Fachkräfte und sichere Schutzräume.

 

Angebote der Hilfsorganisationen
Jugend Eine Welt unterstützt weltweit Aufklärungskampagnen und Einrichtungen ihrer Don Bosco-Partner, die jungen Opfern von Gewalt und Ausbeutung Schutz, medizinische und psychologische Betreuung sowie Hilfe bei Ausbildung und Jobsuche bieten. Vorzeigeprojekte sind die Mädchenschutzhäuser von Don Bosco Fambul in Freetown (Sierra Leone), wo von den Straßen geholte Mädchen nach schweren Missbrauchserfahrungen Zuflucht finden, sowie das Don Bosco-Mädchenschutzhaus im südindischen Deodurga, das unter anderem Kinderarbeiterinnen und vor Zwangsehen gerettete Mädchen aufnimmt. (Spendenkonto: AT66 3600 0000 0002 4000; Onlinespenden: www.jugendeinewelt.at/spenden) 

 

SOS-Kinderdörfer weltweit engagieren sich sowohl präventiv als auch in der direkten Betreuung von Opfern des Menschenhandels. Familienförderprogramme sollen Armut verringern, Bildung ermöglichen und so das Risiko von Kinderhandel senken. In besonders betroffenen Regionen, etwa in Westafrika oder Südasien, betreibt SOS geschützte Unterkünfte, in denen Kinder medizinische und psychologische Betreuung, sichere Unterkunft und Unterstützung bei Schul- und Berufsausbildung erhalten. Mädchen, die besonders häufig Opfer sexueller Ausbeutung sind, werden in speziellen Programmen gestärkt und beim Aufbau einer selbstbestimmten Zukunft begleitet.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Jedes dritte Opfer von Menschenhandel ist minderjährig
SOS-Kinderdort unterstützt Kinder, Jugendliche und ihre Familien in 136 Ländern weltweit. Foto: Gerhard Berger/SOS Kinderdorf