Demenz: Würde bewahren, Nähe schenken

Bischof Hermann Glettler zum Weltalzheimertag am 21. September 2025

Weltweit sind etwa 55 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, die häufigste ist Alzheimer. In Österreich haben laut Schätzungen 170.000 Menschen eine Form von Demenz – rund 100.000 von ihnen haben Alzheimer – Zahlen, die in den nächsten Jahren leider weiter steigen werden. Seit 1994 wird am 21. September weltweit mit vielen Aktivitäten auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen aufmerksam gemacht. Denn diese Krankheit greift nicht nur das Gedächtnis an, sondern fordert auch das Herz der Familien, die mit ihr leben, auf vielfältige Weise. 

  

Die Diagnose verändert nicht nur das Leben der Erkrankten, sondern auch das ihrer Angehörigen. Sie stellt Beziehungen auf die Probe, fordert Geduld, Mitgefühl und oft auch Kraft weit über die eigenen Grenzen hinaus.

Dennoch bleibt bei all dem, was Demenz nimmt – Erinnerungen, Orientierung, Selbstständigkeit – etwas unantastbar: die Würde des Menschen. Als Kirche glauben wir fest daran, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist und bleibt. Auch wenn Worte fehlen, bleibt die Seele berührbar; auch wenn Erinnerungen verblassen, bleibt die Liebe spürbar. Gerade in diesen Momenten gilt es, die Betroffenen nicht nur zu betreuen, sondern wirklich zu sehen und anzunehmen.

 

Ich danke von Herzen allen, die sich mit Hingabe und Geduld um Menschen mit Demenz kümmern – sei es in der Pflege, in der Familie oder in der Seelsorge. Ihr Dienst ist ein kraftvolles Zeichen gelebter Nächstenliebe. Ebenso gilt mein Dank jenen, die in Forschung und Medizin unermüdlich nach Wegen suchen, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen, zu behandeln und die Betroffenen bestmöglich zu begleiten.

Die Kirche möchte ein Ort sein, an dem Menschen mit Demenz nicht nur aufgenommen, sondern mit offenen Herzen und inklusiven Gottesdiensten einbezogen werden. Wir vertrauen darauf, dass Gottes Nähe auch dort wirkt, wo das Gedächtnis versagt.

 

Der diesjährige Welttag steht unter dem Motto: „Demenz – Mensch sein und bleiben.“ Dieses Motto erinnert uns daran, dass Menschen mit Demenz nicht durch ihre Krankheit definiert werden. Sie bleiben Teil unserer Gemeinschaft – mit ihren Gefühlen, ihrer Würde und ihrem inneren Reichtum. Die Fähigkeit, Freude, Angst und Zuneigung zu empfinden, bleibt oft für immer erhalten.

Ich lade Sie ein, heute innezuhalten – für ein Gebet, ein Gespräch, ein Zeichen der Verbundenheit mit den Betroffenen und ihren Angehörigen. Sie sollen spüren: Wir sehen euch, wir stehen euch bei. Möge Gottes Segen sie alle begleiten – in hellen wie in dunklen Momenten. Und möge unsere Gesellschaft niemals vergessen, dass Menschlichkeit dort beginnt, wo wir einander nicht vergessen.

In Verbundenheit

 

Hermann Glettler
Referatsbischof für Lebensschutz und Familie der Österreichischen Bischofskonferenz 

Demenz: Würde bewahren, Nähe schenken
Das 1. DemenzMeet Innsbruck machte Demenz mit vielfältigen Aktionen, Workshops und Austauschangeboten erlebbar. © M. Freinhofer

Demenz im Ordenspodcast

Demenz, die stille Begleiterin: Von Kuchenbacken, Luftverschmutzung und der Suche nach neuen Wegen in der Gesundheitsversorgung

Anlässlich des Welt-Alzheimertags am 21. September rücken die Ordensspitäler Österreichs das Thema im Podcast „Lebenswerk“ in den Mittelpunkt. Statt die Erkrankung in den Vordergrund zu stellen, stehen die Menschen im Fokus – mit ihren Kompetenzen, Fähigkeiten und Ressourcen. Im Podcast erläutern Expert:innen außerdem, welche Zusammenhänge Bluthochdruck, Luftverschmutzung oder sogar ein missglückter Kuchen mit Demenz haben können.

 

Rund 170.000 Menschen in Österreich leben mit Demenz, die Tendenz ist steigend. Der Podcast „Lebenswerk“ der Ordensspitäler Österreichs widmet sich diesem hochaktuellen Thema. „Wir sollen einen Menschen mit Demenz nicht als Summe seiner Defizite, sondern als Summe seiner Möglichkeiten, Kompetenzen und Ressourcen annehmen“, betont Hannelore Schwaiger, Projektleiterin „Demenz im Krankenhaus“ am Marienkrankenhaus Vorau in der Steiermark. Gemeinsam mit Kerstin Lanegger, BSc MSc, Demenzbeauftragte bei den Elisabethinen Graz, gibt sie im Podcast „Lebenswerk“ Einblicke in ein demenzfreundliches Krankenhaus und spricht über neue medizinische Ansätze sowie über Präventionsmöglichkeiten.