Kirchliche Lebensschutzbeauftragte tagten in Salzburg

In den Gesprächen standen die Entwicklungen im Bereich der Sterbehilfe, der Reproduktionsmedizin und der Abtreibungspolitik im Mittelpunkt.

Lebensschutz aus unterschiedlichen Perspektiven: Mit diesem Programm ging kürzlich das Treffen der Lebensschutzbeauftragten der österreichischen Diözesen in Salzburg über die Bühne. Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Sterbehilfe, Reproduktionsmedizin und Abtreibungspolitik wurden kritisch beleuchtet. Das berichtete die Erzdiözese Salzburg in einer Aussendung am Donnerstag. Zur Sterbehilfe betonte der Salzburger Ethiker und Professor für Moraltheologie, Andreas Michael Weiß: "Der Umgang mit Sterben und Tod bedeutet nicht nur Wertewandel, sondern Traditionsabbruch." Sein Plädoyer: "Den positiven Erfahrungen im Hospiz- und Palliativbereich trauen." 

Das Argument, der Mensch könne sich frei entscheiden, habe laut Weiß alle anderen ethisch-moralischen Überlegungen außer Kraft gesetzt. "Wenn Staat und Gesetzgeber keine Lösung finden, beruft man sich auf das Selbstbestimmungsrecht." Die Gesellschaft habe die Fähigkeit verloren, einen Konsens zu finden. Auf dieser Linie sei die Tradition des Sterbenlassens in eine Technik des Tötens übergegangen. "Man hat die Schwelle zur Tötung durch den assistierten Suizid bereits überschritten." Tötung auf Verlangen sei der nächste Schritt. Weiß warnte zugleich davor, sich gegenseitig Ideologie zu unterstellen. In Fragen des Lebens und Sterbens zerstöre diese Haltung die Basis der ethischen Auseinandersetzung und ersetze Argumente durch Bekämpfung des "anderen Bösen".
Ethik frage Moralvorstellungen und Ideologien gleichermaßen an. Der Unterschied zwischen Töten und Sterbenlassen, zwischen direkter und indirekter Tötung sei durch Sprache, Kultur und Rechtsprechung jedoch verwischt, warnte der Experte. Der Lebensschutz gewinne seine "Überzeugungskraft nicht aus dem Strafrecht, sondern aus den positiven Erfahrungen gelingenden Lebens im Angesicht des Sterbens".
Antonia Holewik, Juristin im Institut für Ehe und Familie der Österreichischen Bischofskonferenz, ging auf die Debatte rund um Leihmutterschaft ein: In der öffentlichen Wahrnehmung gehe es "meistens nur um die Sehnsucht und den Wunsch von Paaren nach Kindern. Die oft leidvolle Geschichte der Leihmutter oder der Kinder wird ausgeblendet." Die Kinderwunschdebatte sei zu einer Anspruchsrechtsdebatte bei "Bestelleltern" geworden. Gepaart mit einer Ausbeutungskultur von Leihmüttern ergebe sich eine schwierige Gemengelage. Holewik sprach von einer "modernen Form der Sklaverei von Frauen", weshalb das Verbot von Leihmutterschaft in Österreich verschärft und global ausgesprochen gehöre.
Hohe Zahl an Abtreibungen
Pro Jahr finden in Österreich geschätzt 30.000 bis 35.000 Schwangerschaftsabbrüche statt, erklärte die stellvertretende Direktorin der Pädiatrie Innsbruck, Daniela Karall. Bei der im Ländervergleich hohen Anzahl dürfte in rund 500 Fällen eine medizinische Indikation vorliegen, also eine schwere Erkrankung des Kindes oder Gefährdung des Lebens der Mutter. Die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) plädierte dafür, in der Öffentlichkeit "eine Ebene des Dialogs" zu finden, um betroffenen Paaren und Frauen zu helfen und alternative Angebote aufzuzeigen. Wünschenswert sei zudem eine Enttabuisierung des Themas. 
Karall bekräftigte die Anliegen der Initiative "Fairändern": Es brauche eine Statistik und anonyme Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen sowie eine ärztliche Hinweispflicht auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen. Eine Bedenkfrist von mindestens drei Tagen zwischen Anmeldung und Durchführung eines Abbruchs sei genauso nötig wie die Diskriminierung behinderter Kindern vor der Geburt.
Für ein "Recht für Frauen auf Aufklärung und sicheren Zugang zu Alternativen und Angeboten von psychologischer Nachbetreuung nach einer Abtreibung" sprach sich Susanne Kummer, Geschäftsführerin des Wiener Bioethikinstituts "IMABE", aus. Schwangerschaftsabbrüche seien für Frauen mit erhöhtem Risiko für psychische Gesundheitsprobleme verbunden, für behauptete positive Effekte gäbe es keine wissenschaftlichen Beweise: Das lege eine im Frühjahr erscheinende Forschungsarbeit von "IMABE" nahe, so Kummer.
Eröffnet wurde die Tagung vom Salzburger Bischofsvikar Gerhard Viehhauser. Der für Lebensschutzthemen innerhalb der Bischofskonferenz zuständige Bischof Glettler konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen. 

Foto: Erzdiözese Salzburg