Bischöfe am Christtag: Hoffnung in die Welt tragen

Österreichs Bischöfe betonen in Weihnachtspredigten die weihnachtliche Hoffnung als Kraftquelle für alle Menschen

Das Fest der Geburt Christi und das beginnende Heilige Jahr 2025 als Impulse, um aus dem Glauben heraus Hoffnung in die Welt zu tragen und sich aktiv für Frieden und Veränderungen einzusetzen, haben Österreichs Bischöfe in ihren Weihnachtspredigten am 25. Dezember betont. Trotz aller Schatten im Kleinen und im Großen, die auf diesen Tagen liegen, sei Weihnachten ein Grund zur Freude und zur Dankbarkeit, betonte Kardinal Christoph Schönborn am Beginn des Festgottesdienstes zum Christtag im Wiener Stephansdom und rief zum Gebet für den Frieden in der Welt auf.

 

In seiner Predigt ging Schönborn auf den Kontrast zwischen der in der Heiligen Nacht gefeierten innigen Szene der Geburt Jesu im Stall und der "gewaltigen" Botschaft des am Christtag verlesenen Evangeliums mit dem Johannesprolog ein. "Ist Jesus für mich das Ein und Alles?": Diese Frage und wie der Universalanspruch Jesu mit dem eigenen Alltag und seinen vielen Herausforderungen zusammenzubringen ist, beschäftige auch ihn, sagte der Kardinal, um gleichzeitig die Menschwerdung Gottes als die tiefe Quelle der christlichen Freude herauszustreichen.

 

"Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt": Dieses Wort aus dem Johannesprolog sei Schlüsselwort und Brücke, riet Schönborn zum Blick auf Christi Leben. "Dort, wo Jesus als Mensch hingegangen ist, wie er gelebt hat, das ist die Brücken vom großen universalen Christus hin zu unserem eigenen Leben", sagte der Kardinal. "Er hat unter uns sein Zelt aufgeschlagen, hat demütig unter uns gewohnt wie ein Pilger. (,..) Aus seiner Fülle haben wir Gnade empfangen - ob wir es wissen oder nicht."

 

Bischof Hermann: Ein "Fest verlässlicher Hoffnung"
Gerade angesichts einer aktuell "heillos überforderten und in vielen Facetten hoffnungslos erschütterten Welt" sei Weihnachten in diesem Jahr noch bewusster als sonst ein "Fest verlässlicher Hoffnung", sagte auch der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in seiner Weihnachtspredigt. Gottes Zusage "Fürchtet euch nicht!" aus der ersten "Weih-Nacht" habe "nichts an Bedeutung verloren - auch wenn die Region um Betlehem heute wie gelähmt ist von Krieg, Rache und Vergeltung". 

 

Gott ziehe seine tröstende Anwaltschaft nicht zurück - vor allem nicht für jene, die sich verlassen fühlen, betonte Glettler. "Inmitten der vielen Nächte, mit Ängsten durchsetzt, richten wir unseren Blick auf Jesus - er ist die Hoffnung Gottes in Person", sagte der Innsbrucker Bischof. Und auch Menschen, die sich aus Versagen oder Bitterkeit heraus aufgerichtet haben, seien ein glaubwürdiger Grund für Hoffnung und "die wahren Game-Changer hin zu einer hoffnungsvolleren Welt".

 

Dass Papst Franziskus das beginnende Heilige Jahr mit dem Leitwort "Pilgerschaft der Hoffnung" überschrieben habe, nannte der Bischof eine Einladung zum Aufbruch. "Hoffnung wächst genau dort, wo Menschen einander menschlich begegnen", hob Glettler hervor. Erst wenn sich Menschen zueinander auf den Weg machten, wirke auch Weihnachten als "Fest der ersehnten Geborgenheit" nachhaltig positiv.

 

Lackner: "Der Friede beginnt in uns"
"Christ sein bedeutet, sich zweimal betreffen zu lassen - von Gott wie von den Menschen und ihren Nöten um uns herum", sagte Erzbischof Franz Lackner beim Gottesdienst zum Fest der Geburt des Herrn im Salzburger Dom. In der Welt herrsche so viel Unzufriedenheit, Frustration, Unsicherheit und Not. Auch die schrecklichen Kriege, im Heiligen Land ebenso wie in der Ukraine, zeigten, dass die Welt Christus Erlöser brauche. "Der Friede beginnt in uns, in unseren Herzen, auch in unserer Kirche", betonte Lackner. 

 

"Das wahre Licht liegt in der Krippe, aber die Welt - und das ist auch heute weithin leider bittere Wahrheit - erkannte es nicht", beklagte der Erzbischof in seiner Predigt. Viele Menschen missachteten heute ihre geistig-geistliche Herkunft, seien überzeugt vom Leben und Glauben alles zu wissen. "Hier liegt unser Schwachpunkt: Wir sind heute selbst unser Ursprung; wir tun so, als ob mit uns die Heilsgeschichte überhaupt erst den Anfang nähme", sagte Lackner. Jesu Wirken aber sei nicht aus sich heraus geschehen, "sondern er lebte und verstand dieses ganz vom Vater her".

 

Zsifkovics: "Pilger der Hoffnung sein"
Das Heilige Jahr 2025 als einen dringend benötigten Weg innerer Erneuerung, von dem religiöse, soziale, politische und auch gesellschaftsverändernde Kraft ausgeht, hob der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics zum Weihnachtsfest hervor. "Hoffnung kann man nicht verordnen, Glauben nicht überstülpen, Liebe nicht erzwingen, aber wir alle können in diesem Heiligen Jahr als Menschen-Christen zu Pilgern der Hoffnung werden und reifen", sagte er beim Festgottesdienst am Christtag im Dom von Eisenstadt. 

 

Weihnachten erinnere die Christen daran, dass Gott die Tür zu ihm neu geöffnet hat, "dass er sich aber von uns die Umkehr zu ihm und die Hinkehr und Zuwendung zum Mitmenschen erbittet". Es brauche eine neue Hinwendung zu Gott, der aus dem privaten und öffentlichen Leben heute oft ausgeschlossen sei; genauso eine Zuwendung zum Mitmenschen im persönlichen Leben, in Kirche und Gesellschaft, im Zusammenleben von politischen Überzeugungen, Religionen, Nationen, Sprachen und Kulturen, forderte der Eisenstädter Bischof. Auch sei der neue Blick auf die Armen notwendig. "Das Kind von Bethlehem und seine Botschaft verpflichten uns dazu."

 

Dies müsse auch bei der aktuellen Regierungsbildung bedacht werden, so Zsifkovics. Christen, die Weihnachten feiern und dem Kind in der Krippe die Tür ihres Herzens öffnen, könnten selbst zu Türöffnern, Lebensschützern und Lichtträgern in der Welt werden. "Kirche und Gesellschaft brauchen in unruhigen Zeiten solche Menschen, Pilger der Hoffnung."

 

Scheuer: Menschenwürde ist unantastbar
Ein Plädoyer für die unbedingte und unantastbare Würde jedes Menschen hielt der Linzer Bischof Manfred Scheuer in seiner Weihnachtspredigt am Christtag. Erfülltes, sinnvolles Leben sei weder an einen perfekten Körper, noch an Intelligenz, Reichtum oder wirtschaftlichen Erfolg gebunden, mahnte er im Linzer Mariendom und warnte: "Bei allen Fortschritten ist eine zunehmende Unfähigkeit wahrzunehmen, im Menschen trotz Defizit und Behinderung etwas Liebenswertes zu sehen." 

 

"Menschenleben ist kein verfügbares Produkt", betonte Scheuer und kritisierte die Rede von einem "Schaden", wenn behinderte Kinder zur Welt gebracht werden, oder die Reduktion von Menschlichkeit auf Körperlichkeit, "Oberfläche" und Ästhetik. Im Leben gebe es Behinderung, Krankheit, Sünde, Schwächen und Defizite, aber: "Im Glauben dürfen wir uns vom Druck entlasten, innerweltlich Heil herstellen zu müssen. Und wir sind als Christen gerufen, Zeugnis zu geben für die über alle 'Defizite' hinausgehende Würde eines jeden Menschen."
Zu Weihnachten gehe es nicht um eine Perfektionierung menschlichen Lebens oder um eine gelungene Show, so der Bischof. Vielmehr werde in der Heiligen Nacht "unser Herz berührt, wie es von Menschen nicht machbar wäre", hielt Scheuer fest. "Menschen fühlen sich angenommen, wertgeschätzt und geborgen trotz all ihrer Fehler und Schwächen, auch mit all ihrer Gebrechlichkeit, Hinfälligkeit und Unvollkommenheit." 

 

Elbs: Mut zu Friede, Glaube, Zärtlichkeit
"Angst lähmt die Hoffnung und erstickt das Vertrauen, dass sich alles zum Guten wenden kann. Statt der Angst brauchen wir deshalb den Mut zum Frieden, der Krieg und Spaltung überwindet", sagte der Vorarlberger Bischof Benno Elbs am Christtag im Dom von Feldkirch. "Wir brauchen den Mut zur Zärtlichkeit, mit der wir anderen Menschen Würde und Nähe schenken. Wir brauchen den Mut zur Zuversicht, die uns an das Morgen glauben lässt. Und wir brauchen den Mut zum Glauben, der uns hoffen lässt und daran erinnert: Es gibt im Leben immer mehr, als man sehen kann." 

 

Weihnachten sei nicht bloß "eine Geschichte von damals", sondern heute Realität - wenn die Menschen das Geschenk der Menschwerdung Gottes annehmen und sich "ansprechen lassen vom Kind in der Krippe", rief Elbs auf. "Ein Kind appelliert nicht an unsere Vernunft, sondern an unser Herz. Unser Herz soll sich wandeln, damit durch jede und jeden von uns mehr Güte, Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Gerechtigkeit in der Welt spürbar wird."

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Bischöfe am Christtag: Hoffnung in die Welt tragen
Bild: Gerd Altmann/Pixabay

Ein Fest verlässlicher Hoffnung

Weihnachtspredigt von Bischof Hermann Glettler, Dom St. Jakob, Innsbruck, Christtag 2024

Einleitung: In der Weihnachtsnacht hat Papst Franziskus im Petersdom die Heilige Pforte geöffnet und damit das Heilige Jahr 2025 „proklamiert“. Ja, ganz feierlich und mit diesem uralten Ritual hat er ein Jahr der Hoffnung ausgerufen. Es ist eine Ansage und eine Einladung, die jedes menschliche Herz erreichen soll: Eine Tür steht offen! Im Herzen Gottes für jeden Menschen. Millionenfach wird diese Tür 2025 durchschritten werden. Aber wie geht Hoffnung in einer heillos überforderten und in vielen Facetten hoffnungslos erschütterten Welt? Ist es nicht naiv, unangebracht und wirklichkeitsfremd – zu hoffen? Und worauf hoffen? Bietet uns Weihnachten einen plausiblen Grund dazu oder ist es ein letzter frommer Wunsch? Eine verständliche Sehnsucht nach einem Zauber, um den harten Weltnachrichten zu entkommen? Tauchen wir gemeinsam ein in das Geheimnis der Weihnacht – Annäherung an eine verlässliche Hoffnung. 

 

1. Hoffnung, weil sich Gott an die Seite des Menschen stellt: Fürchte dich nicht!  

Im November wurde St. Hedwig, der katholische Dom in Berlin nach einer langjährigen Sanierung wieder geöffnet. Ich durfte dort eine Kapelle gestalten – mit einem Netzwerk von Christus-Figuren als Ausdruck einer Verbundenheit, die über den Tod hinausreicht. Erzbischof Heiner Koch erzählte mir am Rande der Feierlichkeiten von einer Begegnung mit einem Professor der Humboldt-Universität: Obwohl er sich selbst als Agnostiker bezeichnete, bat er ihn, für seine sterbenskranke Frau zu beten. Als sie dann verstarb, lud er ihn, den Bischof, zum Begräbnis ein. Es war eine rein säkulare Feier. Bei der persönlichen Verabschiedung nach der Zeremonie versicherte ihm der trauernde Mann, dass seine Anwesenheit  für ihn das Wichtigste gewesen sei. Darauf erwiderte Heiner Koch etwas überrascht, dass er nichts beigetragen habe. „Doch“, antwortete der Professor, „sie stehen für eine Hoffnung, die wir uns selbst nicht geben können“.  

 

Weihnachten ist die Proklamation einer Hoffnung, die wir nicht herbeizaubern können. Auch nicht mit Optimismus und positiver Denke. Die Hirten auf dem Feld wurden vom „Engel Gottes“ und damit von Gott selbst überrascht, der sich an ihre Seite stellte – tröstend und, ich möchte sagen „anwaltschaftlich“. Auf ihrem vertrauten Terrain wurden sie mitten in der Nacht in ein unfassbares Licht getaucht und hörten die Stimme: „Fürchtet euch nicht!“ Es war die Zusage von Gottes Nähe, die aller Finsternis trotzt. Diese erste Weih-Nacht hat nichts an Bedeutung verloren – auch wenn die Region um Betlehem heute wie gelähmt ist von Krieg, Rache und Vergeltung. Gott zieht seine tröstende Anwaltschaft nicht zurück – vor allem nicht für jene, die sich verlassen fühlen. Inmitten der vielen Nächte, mit Ängsten durchsetzt, richten wir unseren Blick auf Jesus – er ist die Hoffnung Gottes in Person, Gott selbst, der zu den Verlorenen steht. 

 

2. Hoffnung, weil eine Wandlung des Herzens möglich ist: Du kannst neu beginnen!  

In Telfs wurde heuer das wunderbare Christmas-Stück „Scrooge“ von Charles Dickens aufgeführt. Es ist die berührende Geschichte von einem alten, verhärteten Geizkragen, der seine Mitarbeiter ausbeutet und für Weihnachten schon gar nichts übrighat: „Alles Humbug!“ Arme, die ihn um Hilfe bitten, komplimentiert er mit Beschimpfungen zur Tür hinaus. Es müssen schließlich in der Nacht ein paar „Geister“ auftreten, um ihn sein Verhalten vor Augen zu führen. Mit drastischen Bildern weisen sie auf seinen hoffnungslosen Tod hin, falls er sich nicht bekehre. Geschockt von dieser himmlischen Intervention ist er zu einem Gesinnungswandel bereit. Und tatsächlich: Sein Herz wird in der Heiligen Nacht verwandelt! Sein Herz, das von der Gier nach Geld dämonisch besetzt war, auf wunderbare Weise frei gemacht – gewandelt zu einer einfühlenden Liebe, Fürsorge und ungeahnten Lebensfreude. Ja, diese Herzenswandlung ist möglich. Und das gibt Hoffnung!  

 

Aber es funktioniert nicht auf Knopfdruck. Gerade angesichts der zunehmenden Härte im Umgang miteinander. Und angesichts der Gewaltexzesse, für die das Massaker von Magdeburg nur die Spitze eines Eisberges ist. Im Johannes-Prolog, der uns zum Christtag vorgetragen wird, heißt es: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“ Diese Zusage gilt uns. Wir haben eine neue Existenz! Wir sind nicht mehr Kinder der Verbitterung und Bosheit, Kinder der ungezügelten Geltungswünsche und unstillbaren Gier nach Immer-Mehr. Gott ist am Werk – seit unserer Taufe und immer noch, damit wir neu werden im Denken und Tun. Sind wir dazu bereit? Der glaubwürdigste Grund der Hoffnung sind tatsächlich Menschen, die sich aus einem Versagen, aus Bitterkeit und Lieblosigkeit heraus aufgerichtet haben. Menschen, die die Chance eines Neubeginns genützt haben, sind die wahren Game-Changer hin zu einer hoffnungsvolleren Welt.   

 

3. Hoffnung, weil eine „Wallfahrt zueinander“ möglich ist : Macht euch auf den Weg!  

Bei einem Besuch im Wohntrakt der Psychiatrie in Hall traf ich auf einen älteren Herrn, der im Rollstuhl sitzt und mir mit Entschlossenheit erklärte, dass er nicht mehr kann. Als ich ihn nach seiner Familie fragte, erklärte er, dass er „mit denen“ schon vor vielen Jahren abgeschlossen hat. Enttäuschung war ihm ins Gesicht geschrieben, Verbitterung. Nach einiger Zeit gelang es mit Zuhören und Fragen, ihn aus seiner verhärmten Haltung herauszulocken. Und zum Abschluss der Begegnung, die uns beide positiv überrascht hat, habe ich ganz einfach für ihn gebetet – um ein kleines Wunder der Versöhnung . Wir werden sehen. In jedem Fall war es eine kleine „Wallfahrt zum Nächsten“, die sich da ereignet hat. Weihnachten, das Fest der ersehnten Geborgenheit, wirkt erst dann nachhaltig positiv, wenn wir uns zueinander auf den Weg machen. 

 

Im biblischen Text wird dieser Aufbruch genau markiert mit einem: „Es geschah!“ Das ist ein Hinweis, dass es nicht selbstverständlich ist, sich auf den Weg zu machen – die Bunker der eigenen Wohlfühlblasen und die verkrampften Bastionen der Abschottung vor den lästigen Nachbarn und den vielen, die anders denken, glauben und leben, zu verlassen. „Die Hirten sagten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen!“ Sie haben sich als „Pilger der Hoffnung“ auf den Weg gemacht – zu jenem Ort, wo der Mensch ganz klein, wehrlos und verletzlich ist. Und genau dort, in der Krippe, wurden sie beschenkt. Wir profitieren von Menschen, die vor uns gelebt und diesen Aufbruch gewagt haben. Papst Franziskus hat das beginnende Heilige Jahr 2025 mit dem schönen Motto „Pilgerschaft der Hoffnung“ überschrieben. Das ist eine Einladung zum Aufbruch! Hoffnung wächst genau dort, wo Menschen einander menschlich begegnen.  

 

Abschluss: Weihnachten in diesem Jahr ist vielleicht bewusster als sonst ein „Fest verlässlicher Hoffnung“. Tauchen wir staunend ein in dieses Geheimnis, bereit uns selbst verwandeln zu lassen und in größtmöglicher Verbundenheit mit den vielen, die heute und in diesen Tagen hoffnungslose Nächte der Bedrängnis durchzustehen haben. Hoffen wir – gemeinsam und stellvertretend, beschenkt durch Gottes Anwaltschaft, die er ganz verlässlich nicht zurückzieht.