Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale wiederöffnet
Mit einem feierlichen Gottesdienst ist am Sonntag die Sankt-Hedwigs-Kathedrale im Zentrum Berlin wiedereröffnet worden. Sechs Jahre war die wichtigste katholische Kirche in der Hauptstadt wegen eines Umbaus geschlossen. Sie wurde nach Plänen des Architekturbüros Sichau und Walter sowie des österreichischen Künstlers Leo Zogmayer im Inneren neu gestaltet. Auch der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler lieferte einen Beitrag, von ihm stammt die aus rund 300 Kreuzen bestehende Kunstinstallation "crossfit" in der neu gestalteten Krypta der Hedwigskathedrale.
In seiner Predigt betonte der Berliner Erzbischof Heiner Koch den Wert der Hoffnung und des Miteinanders, den die Kathedrale durch ihre Architektur symbolisiere: "Diese Kirche ist eine Rundkirche, und wir sitzen mit dem Bischof zusammen auf einer Ebene um den Altar, um Christus herum." Dies sei auch Ausdruck von Synodalität, von dem, was Papst Franziskus immer wieder ins Bewusstsein rufe: "Lebt normal, gestaltet die Kirche normal." Am Ende des Gottesdienstes sagte Koch: "Jetzt kann's losgehen! Das ist 'ne runde Sache."
"Ein Stück vom Himmel"
Papst-Botschafter Nikola Eterovic sagte in seinem Grußwort, mit der Wiedereröffnung der Kathedrale sei in Berlin-Mitte "ein Stück vom Himmel zurückgekehrt". Die Vorsitzende des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum Berlin, Karlies Abmeier, unterstrich: "Endlich gibt es mit der wiedereröffneten Hedwigs-Kathedrale wieder einen katholischen Ort im politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Zentrum der Hauptstadt."
Der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein sieht in der sanierten Kathedrale ein "großes ökumenisches Zeichen". In ihrer Nähe befänden sich mit dem Berliner Dom und der Marienkirche "katholisch anmutende" evangelische Kirchen. In Anspielung auf die karge Ausstattung der Kathedrale sagte Stäblein ironisch: Nun könne man den Eindruck haben, "ihr hättet den Spieß hier ein bißchen umgedreht".
An dem Eröffnungsgottesdienst nahmen Spitzenvertreter aus Politik, Kultur und Gesellschaft teil, darunter der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegener (CDU), der die Kathedrale als ein "besonderes Gebäude" bezeichnete. Wegener betonte: "Ich glaube, gerade in diesen Zeiten von Krisen und Kriegen, von Verunsicherung und Spaltung brauchen wir mehr Glauben, mehr Hoffnung, mehr Zuversicht und mehr Zusammenhalt."
Die Kosten für Umbau und Sanierung blieben den Angaben zufolge im geplanten Rahmen und belaufen sich auf 44,2 Millionen Euro. Markanteste Änderung der umstrittenen Neugestaltung im Inneren ist die Schließung der großen Bodenöffnung in der Mitte des Kirchenraums.
Kardinal Woelkis Idee
Die Bischofskirche liegt am Bebelplatz, nahe dem Boulevard Unter den Linden. Die Idee zum Umbau wurde während der Amtszeit von Kardinal Rainer Maria Woelki als Erzbischof von Berlin (2011-2014) entwickelt. Woelki nahm auch an dem Gottesdienst teil.
Das Erzbistum Berlin umfasst neben der Hauptstadt den nördlichen Teil Brandenburgs sowie die Region Vorpommern und Havelberg in Sachsen-Anhalt. In der Hauptstadt Berlin machen die etwa 275.000 Katholiken sieben Prozent der Gesamtbevölkerung von 3,4 Millionen Einwohnern aus.
Hunderte kleine Kreuzfiguren
Aus rund 300 Kreuzen besteht die Kunstinstallation des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler. Unter dem Titel "crossfit" präsentiert der Bischof und Künstler ein Netz aus hunderten kleinen Kreuzfiguren. Die Kreuze wurden vor ihrer Kremation von Särgen abgenommen und stehen sinnbildlich für namenlose, oft vergessene Verstorbene. Die Installation zeige damit ein filigranes Netz, das Tod und Solidarität, Verzweiflung und Hoffnung thematisiert, beschreibt der Bischof selbst sein Werk. Die Installation, die bereits in Graz und Innsbruck ausgestellt war, wird in Berlin erstmals in der neu gestalteten Unterkirche als dauerhafte Wandgestaltung in einer der Seitenkapellen präsentiert.
Bischof Hermann beschreibt seine Intention selbst: "Eigentlich sind es nicht Kreuze, die hier in ein solidarisches Netz eingewoben sind, sondern unzählige Hüllen des Gekreuzigten - geschlossene und offene Formen, zurückgelassene Kokons, die von den Schmetterlingspuppen nicht mehr gebraucht werden." Die Kunstinstallation stelle aber auch einen Hoffnungsschimmer dar, so der Bischof. So gehe es bei den hunderten Kreuzen nicht nur um die Toten und namenlosen Verstorbenen, sondern um "eine Vision verwandelter Körper" - es sei damit eine "faszinierende Schau der Überwindung des Todes. Ein Hoffnungsbild: Am Ende ein Tanz der Erlösten, die alle Schwere losgeworden sind."
Für Johannes Rauchenberger, Leiter des Kulturzentrums der Minoriten in Graz, berührt die Arbeit die Abgründe menschlicher Brutalität, verweist aber auch auf eine mögliche Solidarität über den Tod hinaus. "Jedes Kreuz also steht für einen Toten. Jedes davon war am Sargdeckel befestigt, ehe es entsorgt wurde", so Rauchenberger. Glettlers Installation "crossfit" stelle damit auch eine Auseinandersetzung mit der Mechanisierung von Todessymbolen. Die scheinbar schwebenden Kreuz-Figuren transformierten die anonymen Toten in zu einem Bild der Verbundenheit und Überwindung des Todes, meinte der Theologe.
Der Titel "crossfit" rekurriert auf eine gleichnamige Fitnesstrainingsmethode. Für Rauchenberger verweisen die vielen Kreuz-Körper auf eine Art "kollektives Turnen" und damit "spirituelle Fitness". Die neu gestaltete Krypta der Berliner Kathedrale bildet für die Installation einen sakralen Rahmen.
Auch Unterkirche neu gestaltet
Im Zentrum der ebenfalls neu gestalteten Unterkirche (Krypta) befindet sich ein auffällig großes Taufbecken, das auch Ganzkörpertaufen möglich machen soll. Die Unterkirche besitzt mit Kapellen und Bischofsgräbern zu Ehren der heiligen Hedwig und des seligen Dompropstes Lichtenberg im Unterschied zu ihrer früheren Erscheinung vor dem Umbau eine mystisch-dunkle, katakombenähnliche Aura. Das kreuzförmige Taufbecken ist von einem Kapellenkranz, durch Bodenplatten markierte Kreuzweg-Stationen und Beichträumen umgeben.
Gegenüber der neapolitanischen Krippe aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts befindet sich die Kapelle der Wiederkunft Christi, die zur eucharistischen Anbetung dient. Und in der Kapelle steht eine Leo Zogmayer entworfene Scheibenmonstranz mit der geweihten Hostie vor der Kunstintervention "crossfit".
Eine Meldung von www.kathpress.at