Tiroler Caritasdirektor warnt vor Spaltung der Gesellschaft

Scheidender Direktor Schärmer zieht im "Tiroler Sonntag"-Interview Bilanz seiner 23 Jahre an der Spitze der Caritas - Kritik an Bundespolitik und Lob für zunehmende Solidaritätsbewegung unter jungen Menschen

Der Tiroler Caritasdirektor Georg Schärmer geht nach 23 Jahren an der Spitze der diözesanen Caritas in Pension. Im Interview mit dem "Tiroler Sonntag" zeigte er sich besorgt über die politische Entwicklung, zugleich aber auch hoffnungsvoll über viel Solidarität. Er lobte die Stadt Innsbruck und das Land Tirol, kritisierte zugleich aber die Bundespolitik. "Vor 23 Jahren zum Beispiel war das Wort Asyl positiv besetzt", so der Caritasdirektor: "Dass es die Politik schafft, aus einem positiven Wort ein Unwort zu machen, oder Mindestsicherungsempfänger unter den Generalverdacht zu stellen, sie seien Faulpelze, das hätte ich mir nicht träumen lassen." Statt der Förderung des Zusammenhalts gehe es immer mehr um Spaltung, so Schärmer, der von einer "besorgniserregende Entwicklung" sprach.

 

Hoffnung mache ihm hingegen eine zunehmende Solidaritätsbewegung von Menschen, vor allem auch von jungen. "Es gibt viele, die sich im Bereich Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit engagieren, einen Lebensstil pflegen, der nicht nur ausbeuterisch ist", so Schärmer. Das sei auch die edelste Aufgabe von Caritas: "Solidarität zu stiften, Mitliebende zusammenzuführen und Landeplätze für ihre Einsatzbereitschaft zur Verfügung zu stellen."

 

Zur Frage, ob es ihm nach 23 Jahren schwerfalle loszulassen, meinte Schärmer: "Festhalten kann man nur etwas, das einem gehört. Aber die Caritas hat mir nie gehört, darum fällt es mir nicht schwer, sie loszulassen. Die Caritas gehört den Armen und sie gehört Jesus, den ich als meinen obersten Chef ansehe und mir Freund ist."

 

Kraft habe er immer aus den konkreten Begegnungen mit Menschen geschöpft: "Dort, wo ich den Armen persönlich begegne, dort entsteht meine Kreativität. Der größte Auftraggeber der Caritas sind für mich die Armen."

 

Zur Frage, mit welchen Initiativen und Projekten er sich in besonderer Weise verbunden fühle, führte Schärmer gleich mehrere an. In den ersten Jahren sei dies die Hospizgemeinschaft gewesen. Leidenschaftsthema waren für ihn weiters immer die Unterstützung von pflegenden Angehörigen, ganz besonders am Herzen liegen würden ihm zudem drogenkranke Menschen, "weil sie ganz unten stehen auf der sozialen Leiter und von der Gesellschaft ausgegrenzt werden".

 

In der Pension wolle er verstärkt "Gastgeber" sein. Es geh ihm darum, "an verschiedenen Orten einfach da zu sein und Menschen einzuladen. Wer kommen will, kann kommen." Er sei davon überzeugt, "dass offene Türen und warme Herde ein wesentliches Element einer Kirche der Zukunft sein müssen. Dazu möchte ich etwas beitragen."

 

Eine Meldung von www.kathpress.at

Georg Schärmer mit seiner Stellvertreterin und Nachfolgerin Elisabeth Rathgeb