Ritter-Grepl: Katholikinnen wollen andere Macht als klerikale

Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung bei Tagung in Innsbruck: Kirche erzielte seit dem Konzil Fortschritte hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit - "Knackpunkt" für einen nicht diskriminierenden Umgang mit Frauen bleibt allerdings die Frage der Weiheämter

 Frauen in der Katholischen Kirche "bemühen sich um eine andere Macht, als die jetzt klerikal praktizierte". Das hat die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Angelika Ritter-Grepl, am Montag bei einer Tagung an der Universität Innsbruck unterstrichen. Sie attestierte der Kirche mit Blick auf das vor 60 Jahren mit dem Anliegen eines "Aggiornamento" (dt.: Verheutigung) der Kirche eröffnete Zweite Vatikanische Konzil, dass sich in dieser Zeit viel zum Positiven verändert habe, die kirchlichen Strukturen befänden sich "im Wandel" hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. "Knackpunkt" für einen nicht diskriminierenden Umgang mit Frauen bleibe allerdings die Frage der - bisher Männern vorbehaltenen - Weiheämter, so Ritter-Grepl.

 

Die kfbö-Vorsitzende äußerte sich in einem Vortrag bei der Tagung "Religion.Macht.Strukturen.Missbrauch", veranstaltet vom Forschungszentrum Synagoge und Kirchen der Universität Innsbruck an der dortigen Katholisch-Theologischen Fakultät. Am Montag und Dienstag geht es dabei um "Machtlogiken" im Kontext der Missbrauchskrise in der katholischen Kirche, um die Möglichkeiten des kirchlichen Strafrechts, Exorzismus und "geschlechtergerechte" Theologie. Ein Blick ins benachbarte Deutschland ("Macht- und Gewaltenteilung in der Kirche. Erfahrungen und Einsichten aus dem Synodalen Weg") beschließt am Dienstagvormittag die Veranstaltung. Vortragende sind u.a. die deutsche Theologin und Buchautorin Doris Reisinger, Exorzismus-Expertin Nicole Bauer, Kirchenrechtler Wilhelm Rees und die im Synodalen Weg engagierte Claudia Lücking-Michel.

 

Seit dem Konzil einige Fortschritte
Angelika Ritter-Grepl verwies eingangs auf die damals durchaus fortschrittlichen Richtungsweisungen durch das am 11. Oktober 1962 eröffnete Zweite Vatikanische Konzil: In den Konzilsdokumenten sei die Frauenproblematik klar als Zeichen der Zeit thematisiert worden; die Konstitution "Gaudium et spes" z.B. hielt fest, dass jede "Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person, sei es wegen des Geschlechts, der Rasse, der Farbe, der gesellschaftlichen Stellung, der Sprache oder Religion" zurückzuweisen sei (GS 29). Und dies zu einer Zeit, als Frauen ohne Erlaubnis ihrer Männer nicht erwerbstätig sein durften und als Witwen einen männlichen Vormund für ihre Kinder brauchten, wie Ritter-Grepl erinnerte. 

 

In den 1960-Jahren seither habe sich eine Zusammenarbeit der Kirchenhierarchie mit Laien und Frauen entwickelt. "Gleichzeitig sind die Themen der Eingaben an das Konzil von damals - Diakonat der Frauen, Priestertum für Frauen - nicht gelöst, ebenso die Frage der Leitung durch Laien", merkte die kfbö-Vorsitzende an. Genau diese Themen fänden sich auch im nationalen Synodenpapier, das im Zuge des von Papst Franziskus ausgerufenen Synodalen Prozesses von Österreich nach Rom geschickt wurde, wieder.

 

"Manche von uns waren und sind skeptisch bezüglich des Ausgangs dieses Prozesses", gestand Ritter-Grepl. Doch zu dessen Halbzeit ließe sich eine positive Wirkung hinsichtlich der Einbeziehung bzw. Mitwirkung von Laien, der Thematisierung der Frauenfrage und der Frage nach dem Priestertum feststellen. Die Vortragende nannte als Beispiele die maßgebliche Mitwirkung von Fachfrauen im nationalen Synodenteam und auch die Einladung von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen zu einem gemeinsamen Studienteil mit der Bischofskonferenz bei deren Treffen 2021. Auch weltweit seien Laienchristen - Frauen und Männer - in die Leitung der Kirche eingebunden, aufgrund des Priestermangels sogar in Dienste und Funktionen, die Priestern, also geweihten Männern vorbehalten sind.

 

"Betondecke" Weiheamt
Trotz dieser Fortschritte blieben in der täglichen Arbeit der Kirche die Mitbestimmungsrechte und die ausgeübte pastorale Praxis von Frauen beschnitten durch das Weiheverbot von Frauen, bedauerte Ritter-Grepl. "Dies wird von vielen Frauen und Männern beklagt und ist ein Stachel im Fleisch der Kirche." Als schwere Bürde erweise sich das naturrechtliche Geschlechterverständnis des kirchlichen Lehramtes mit seinen "wissenschaftlich unhaltbaren Zuschreibungen" von "angeblich spezifischen, weiblichen Eigenschaften und deren theologische Überhöhung". Idealisierte Geschlechterbilder schrieben laut Ritter-Grepl eine Differenz fest und stellen "gleichzeitig eine Hierarchie der Geschlechter" her. 

 

"Berufssoziologisch" seien die Weiheämter in der Kirche "die wichtigsten und damit die statushöchsten" Funktionen und Dienste. Die kfbö-Vorsitzende plädierte für ein Weiterdenken der Ämterfrage und ein Hinterfragen der dahinterstehenden Geschlechterkonstruktion unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der humanwissenschaftlichen Forschung. Und sie berief sich auch auf biblische Vorgaben: Die bisherigen Weiheämter sollten überschritten werden im Sinn von "...nicht männlich und weiblich in Christus", wie es im Galaterbrief heißt (Gal 3,28).

 

Dafür regte die Expertin an, den angeblichen Status "endgültig" bezüglich der Ablehnung des Frauenpriestertums aufzuheben, den Johannes Paul II. in seinem Lehrschreiben "Ordinatio Sacerdotalis" 1994 formuliert hatte. Sie erhoffe sich davon "die Möglichkeit, die Diskussionen sachlicher zu fuhren ... außerdem wäre der Illoyalitätsvorwurf, der in diesem Zusammenhang immer wieder erhoben wird, vom Tisch".

 

Frauenförderung ermöglicht es laut Ritter-Grepl, die "gläserne Decke" für Frauen auch in der Erwerbsarbeit der Kirche aufzubrechen. Lapidarer Nachsatz: "Aber die Betondecke, die da heißt Weiheamt, ist mit Frauenförderung nicht bearbeitbar."

 

Eine Meldung von www.kathpress.at