Mit Glockenklang Akzent gegen Terror und Krieg setzen

Bischof Hermann bei Weihe von neuer Telfer Friedensglocke: "Klang der Friedensglocke ist dringliche Mahnung, in allen Bereichen des Lebens Räume für Dialog, Versöhnung und Begegnung zu öffnen"

In Zeiten des Terrors und Krieges versagen die Worte - und es bleibt nurmehr das Schweigen "oder ein Glockenklang". Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler angesichts der Weihe der neuen Friedensglocke in Telfs am Sonntag betont. Der Klang der Friedensglocke sei "eine dringliche Mahnung, in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens Räume für Dialog, Versöhnung und Begegnung zu öffnen. Über alle Grenzen und ideologischen Barrieren hinweg." Am Sonntag war die neue, von der Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr gefertigte Glocke von Bischof Glettler geweiht und erstmals angeschlagen worden.

 

"Glocken besetzen nicht. Sie öffnen einen Raum. Sie verstärken die Sehnsucht nach Verbundenheit und Zugehörigkeit", so der Bischof. Ihr Klang könne "eine Hilfe sein, um vom 'Modus der Aggression' in den 'Modus der Resonanz' zu kommen." Zudem ermutige der Klang der Friedensglocke dazu, "achtsamer, dankbarer und zärtlicher mit dem Leben umzugehen."

 

Die neue Friedensglocke wiegt mehr als zehn Tonnen. Sie trägt die Wappen aller Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer" sowie eine Inschrift, die an deren Gründung im Jahr 1973 erinnert. Der neue Standort direkt am Wanderweg zum Lottensee biete "eine imposante, barrierefreie Aussichtsplattform mit wunderbarem Blick ins Inntal sowie attraktive Möglichkeiten zu Rast und Besinnung in einer Art Arena im Gelände rund um die Glocke", berichtete die "Tiroler Tageszeitung" über die neue Attraktion mit friedensethischem Anspruch. Nach der Umbauphase soll die Glocke nun wieder täglich um 17 Uhr weithin hörbar für Frieden, Freundschaft und gute Nachbarschaft läuten.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Segnung der Glocke durch Bischof Hermann Glettler. © Land Tirol/Die Fotografen

Der heilsame „andere“ Klang

Bischof Hermann Glettler bei der Weihe der neuen Friedensglocke in Telfs, 22. Oktober 2023

Mehr als nur Worte 

In diesen Tagen erleben wir von Neuem die bedrängende Ohnmacht angesichts von Terror und Kriegen – Worte reichen nicht mehr aus, um dieser bedrohlichen Wirklichkeit gerecht zu werden. Man kann sie schlichtweg nicht in gültige, belastbare Worte fassen. Zahlreiche Kommentare widersprechen sich. Worte versagen, werden selbst zur Last, weil sie meist erklären, erfassen, verteidigen, rechtfertigen, ja selbst Partei ergreifen wollen. Was tun? Schweigen. Nur die Stille kann heilsam sein. Oder ein Glockenklang. Berührend, tröstend, nicht erklärend. Höhe und Abgründigkeit empfindend. Eine Stimme vor dem Unsagbaren. 

 

Hörend das Leben achten 

Glocken besetzen nicht. Sie öffnen einen Raum. Sie verstärken die Sehnsucht nach Verbundenheit und Zugehörigkeit – gestört und übertönt vom Zuviel an Informationen, bedrängenden News und negativen Botschaften. Der Glockenklang kann eine Hilfe sein, um vom „Modus der Aggression“ in den „Modus der Resonanz“ (Hartmut Rosa) zu kommen. Nur in einem hörend-aufmerksamen Wechselklang kann das Leben, können Beziehungen gelingen. Kann unser Menschsein und In-der-Welt-sein gelingen. Wir müssen Resonanz-fähig werden! Nur so gibt es Zukunft für unsere Mitwelt, für Gottes Schöpfung und für ein soziales Miteinander in pluraler Gesellschaft. Der Klang der Friedensglocke ermutigt uns, achtsamer, dankbarer und zärtlicher mit dem Leben umzugehen. Es unbedingt zu schützen. 

 

Versöhnung einüben 

Im Getöse empörter Anklagen, Vorwürfe und Verurteilungen braucht es eine Gegenstimme. Der Klang der Friedensglocke ist eine dringliche Mahnung, in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens Räume für Dialog, Versöhnung und Begegnung zu öffnen. Über alle Grenzen und ideologischen Barrieren hinweg. Ja, wir müssen angesichts der gefährlichen Sackgassen von Hass und Vernichtung den Frieden auf die große Glocke hängen – entschlossen und leidenschaftlich! Beginnend mit den unmittelbaren Lebensräumen, die wir selbst zu gestalten und zu verantworten haben. Und davon ausgehend weltweit. Es braucht eine kontinuierliche Erziehung zum Frieden. Und wir alle sind Lernende. Unsere Familien, Nachbarschaften und Dörfer sollten Lernorte gewaltfreier Konfliktlösung sein. 

 

Zukunftsmut aufnehmen 

Die Friedensglocke in Telfs ist bereits seit Jahrzehnten ein stimmiges Zeichen einer faszinierenden Verbundenheit und Zusammenarbeit im Alpenraum. Wir vertrauen, dass dies auch in Zukunft möglich ist. Der Klang dieser größten Glocke Tirols soll nachhaltig viel Gutes zum Schwingen bringen – und allen, die auf sie achten, Zukunftsmut vermitteln. „Selig, die Frieden stiften, sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden“ (Mt 5,9), lautet die aktuell wichtigste Seligpreisung Jesu. Gottes Segen wird jedenfalls mit Sicherheit die vielen Schwingungen dieser Friedensglocke verstärken. Ist doch der Friede Gottes erstes Geschenk und sein Herzensauftrag an uns alle. 

Bischof Hermann Glettler ist Botschafter der Friedensglocke - hier mit LH Anton Mattle, Bürgermeister Christian Härting und Josef Federspiel, Obmann des Freundeskreises der Friedensglocke im Alpenraum. © Land Tirol/Die Fotografen