Katholische Kirche erlaubt Segnung für homosexuelle Paare

Bischof Hermann Glettler freut sich über die überaschende Entscheidung im Vatikan: "Segnen bedeutet, jemandem Hoffnung zusprechen".

Homosexuelle Paare können ab sofort auch in der katholischen Kirche gesegnet werden. Die vatikanische Glaubensbehörde veröffentlichte am Montag eine Grundsatzerklärung, wonach katholische Geistliche unverheiratete und homosexuelle Paare segnen dürfen. In dem Text mit dem Titel "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) wird betont, dass dabei eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden muss. Auch darf ein Geistlicher den Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilen.

Die Erklärung der Glaubensbehörde wurde am Montag im Vatikan in mehreren Sprachen veröffentlicht, darunter auch auf Deutsch. Sie trägt die Unterschrift des Präfekten der Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, und wurde von Papst Franziskus ausdrücklich genehmigt.

In dem Text der Behörde betont Fernandez, dass die Kirche ihr Verständnis von dem, was ein Segen ist, im Licht der seelsorgerischen Ideale von Papst Franziskus "erweitert und angereichert" habe. Mit diesem weiterentwickelten Verständnis des Segens sei es möglich, "Paare in regelwidrigen Situationen und Paare desselben Geschlechts zu segnen, ohne damit ihren Status offiziell zu bestätigen oder die seit jeher gültige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu ändern".

Noch im Februar 2021 hatte die vatikanische Glaubensbehörde mitgeteilt, Segnungen homosexueller Paare seien in der katholischen Kirche nicht möglich. Laut geltender katholischer Lehre ist es zwar keine Sünde, homosexuell zu empfinden. Gleichgeschlechtliche intime Handlungen seien aber "in sich nicht in Ordnung". Das Ausleben der Sexualität sei der Ehe vorbehalten, die nur von einem Mann und einer Frau geschlossen werden könne.

Der gesamte Wortlaut des Schreibens ist abrufbar unter https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2023-12/wortlaut-erklaerung-dikasterium-glaube-segnung-pastoral-homo-ehe.html)

 

Bischof Hermann Glettler: Segnen bedeutet, jemandem Hoffnung zusprechen 

Bischof Hermann Glettler in einer ersten Stellungnahme: "Ich freue mich über die überraschend publizierte 'Erklärung' des Dikasteriums für Glaubensfragen, weil sich in ihr eine echte pastorale Sorge ausdrückt. Gerade in einer Zeit großer Verunsicherungen und Belastungen braucht es die vielfache Zusage von Gottes Nähe in den 'tausend konkreten Lebensumständen', wie es im Text heißt. Wer um einen Segen bittet, weiß um die Verwundbarkeit des Lebens und anerkennt die Tatsache, dass wir uns einem größeren Geheimnis verdanken."

Bischof Glettler weiter: "Ich finde es erfreulich, dass im aktuellen Schreiben das urchristliche Verständnis des Segnens erneuert und vertieft wird. Segnen bedeutet demnach, jemandem zum Leben zu ermutigen und gemeinsam die Hilfe Gottes zu erbitten. Segnen ist nicht die Verteilung eines TÜV-Zertifikates nach erfolgter moralischer Prüfung. Segnen bedeutet jemandem Hoffnung zusprechen. Wie es im Text heißt, ist der Segen Ausdruck von Trost, Fürsorge und Ermutigung."

Der Innsbrucker Bischof abschließend: "Das vatikanische Schreiben macht dennoch eine wichtige Differenzierung. Es bekräftigt die Einzigartigkeit der sakramentalen Gestalt der Ehe, die durch den Ehewillen und Ehekonsens von Frau und Mann zustande kommt. Der liturgische Ehesegen bestätigt den geschlossenen Ehebund. Abgesehen davon ist nun jedoch auch ein kirchlicher Segen für unverheiratete, wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Paare möglich, ohne dass dieser rituell festgelegt werden sollte. Auf ausdrückliche Bitte von Papst Franziskus ist die Gestalt dieser Segnungen einfach zu halten und sollte in eine gute geistliche Begleitung eingebettet sein."