Bischof Scheuer: Mensch und Kirche sind erlösungsbedürftig

Die große Erlösungsbedürftigkeit jedes einzelnen Menschen, aber auch der ganzen Kirche unterstrich der Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer bei der Messfeier am Gründonnerstag Abend im Innsbrucker Dom in seiner Predigt.

Die große Erlösungsbedürftigkeit jedes einzelnen Menschen, aber auch der ganzen Kirche unterstrich der Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer bei der Messfeier am Gründonnerstag Abend im Innsbrucker Dom in seiner Predigt. Am Gründonnerstag gedenkt die katholische Kirche weltweit der Einsetzung der Eucharistie. Die Messfeier an diesem Tag bildet den Auftakt zur dreitägigen österlichen Feier des Todes und der Auferstehung Jesu.

 

Scheuer wandte sich nachdrücklich gegen ein zu idealisiertes Bild und Verständnis von Kirche. Die konkrete Kirche, so der Bischof, sei „nicht eine Gemeinschaft von ausschließlich Gesunden und Reifen, sondern eine höchst gemischte Gesellschaft“. Das habe sich schon beim Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern gezeigt und gelte heute noch.

 

Kirche der Sünder und Heiligen

 

Mit den Worten des Theologen Albert Görres bezeichnete der Bischof die Kirche als Gemeinschaft „für alle“: für „Gerechte und Unge­rechte, Sympathen und Unsympathen, Dumme und Gescheite; für Senti­mentale ebenso wie Unterkühlte, für Neurotiker, Psychopathen, Son­der­linge, für Heuchler und solche wie Natanael, an denen kein Falsch ist; für Feig­linge und Helden, Großherzige und Kleinliche. Für zwanghafte Legalisten, hysterisch Ver­wahrloste, Infantile, Süchtige und Perverse. Auch für kopf- und herzlose Bü­rokraten, für Fa­natiker und auch für eine Minderheit von gesunden, ausgeglichenen, reifen, seelisch und geis­tig begabten, liebesfähi­gen Naturen.“ Diese lange Liste sei nötig, um klarzumachen, „was man eigentlich von einer Kirche, die aus al­len Menschensorten ohne Ansehen der Per­son, von den Gassen und Zäunen wie wahllos zu­sammengerufen ist und deren Führungspersonal aus diesem bunten Vorrat stammt, erwarten kann.“ Ebenso gebe es aber auch „Heilige, Erleuchtete und Leuchtende“: „Wer sie sucht, kann sie finden. Wer sie nicht sucht, wird sie nicht einmal entdecken, wenn sie jahrelang neben ihm gehen, weil er sie vielleicht nicht wahrhaben will oder kann.“

 

Die Erlösung durch Jesus

 

Genau in diese „höchst gemischte Gesellschaft“ hinein – die sich im Übrigen auch in jedem Menschen widerspiegle - habe sich Jesus „verschenkt“. Jesus habe „Erlösung und Heil“ gestiftet. Durch die „Einwurzelung in Gott“, durch das „freudige Ja“ zur Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen habe er das Böse leidend durchgetragen, ohne neues Böses zu schaffen Er habe die „unheilvolle Kette von Gewalt und Gegengewalt“ durchbrochen. Am Kreuz, „dem Gipfel der Feinddesliebe, der Bereitschaft zu Vergebung und Versöhnung“ habe er „die Aggressionen der Anderen“ auf sich gezogen und an sich auslaufen lassen.

 

Für Christen gilt es laut Bischof Scheuer, sich die eigenen Anteile des „Verrats“ an Jesus und der „Verdunkelung“ seiner Frohbotschaft gegenüber Mitmenschen bewusst zu machen. Zugleich gelte es aber auch, die Liebe Gottes an sich geschehen zu lassen, die Selbsthingabe Jesu mit zu vollziehen und den Glauben in Wort und Tat weiter zu geben. (Schluss)
  

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