Bischof Manfred Scheuer zum Karfreitag

Medidation über das Kreuz von Bischof Manfred Scheuer zum Karfreitag 2013.

Gedanken für Bischof Manfred Scheuer zum Karfreitag 2013: 

 

In dieser Fastenzeit wurden in ganz Österreich religiöse Symbole in der Öffentlichkeit verhüllt: so auch Kreuze auf Plätzen und Brücken, Wegkreuze und Gipfelkreuze. Sie gehören zum alltäglichen Erscheinungsbild und werden normalerweise gesehen und noch öfters übersehen. Das Auge hat sich schon so sehr an sie gewöhnt, dass viele gar nicht mehr wissen, was denn dargestellt ist und was damit gemeint ist.

Es gibt gar nicht so wenig blinde Flecken mit einer großen Abstumpfung und Unempfindlichkeit. Verbunden sind diese blinden Flecken mit einem Zwang, weil die Lebensinhalte allesamt auf Unterhaltungsergiebigkeit getestet werden.

Die Verhüllung der Kreuze sollte Fragen auslösen: Was war denn eigentlich da? Woran gehen wir täglich vorbei? Wozu soll das gut sein? Geht uns ohne das Segenszeichen des Kreuzes etwas ab? Geht uns ohne Jesus etwas ab?

Heute am Karfreitag werden die Kreuze enthüllt. Das ist verbunden mit der Einladung: Aufwachen, die Augen öffnen! Vermutlich gibt es eine elementare Angst vor dem Sehen, vor dem genauen Hinsehen, vor jenem Hinsehen, das uns ins Gesehene uneindringbar verstrickt und nicht unschuldig passieren lässt? Not sehen und doch übersehen, das gehört zu den Kälteströmen der Gegenwart.

Jesus am Kreuz öffnet die Augen und die Wahrnehmung für das Leid anderer. Die Fühllosigkeit in der Wahrnehmung gegenüber Leid und Opfer wird auf Empfänglichkeit und Verwundbarkeit geöffnet. Gegenüber Konzepten, die Glück als Leidlosigkeit denken, mag wahre Liebe den anderen gut "leiden". Am Karfreitag sagt Gott uns: Du Mensch, ich kann dich gut leiden.

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