Bischof Manfred Scheuer zu den Missbrauchsvorwürfen

"Im Umgang mit Anschuldigungen haben wir als Kirche Fehler gemacht. Wenn auch in den letzten Jahren schon daraus gelernt worden ist, werden wir weiterhin zu lernen haben." Dies betont Bischof Manfred Scheuer in einer Stellungnahme zu den Missbrauchsv...

Sexueller Missbrauch sowie Formen physischer und psychischer Gewalt seitens kirchlicher Verantwortlicher und besonders von Priestern und Ordensleuten erschüttern auch die Kirche in unserem Land. Sexuelle Übergriffe und Gewalt sind ein großes Unrecht, besonders wenn sie gegen Kinder und Jugendliche gerichtet sind. Missbrauch jeder Art widerspricht dem religiösen und moralischen Anspruch, dem die Kirche verpflichtet ist. Jedes einzelne Vergehen macht mich tief betroffen, ist zutiefst beschämend und ich bedauere es sehr. Die  Aufforderung der österreichischen Bischöfe an die Missbrauchsopfer, ihre Erfahrungen mitzuteilen, auch wenn diese bereits viele Jahre zurückliegen, und die eingehenden Meldungen zeigen die abgründige Dimension der Problematik. Als zuständige Kontaktpersonen in der Diözese Innsbruck haben Generalvikar Jakob Bürgler und Ombudsmann Hans Tauscher die Situation in unserer Diözese aufgezeigt und gehen Anfragen bzw. Meldungen aktiv, ernsthaft und ehrlich nach.

Personen und ihre schmerzlichen Erfahrungen sind keine Fälle. Missbrauch wurde in der Kirche und in der Gesellschaft oft verschwiegen. Der Schmerz der Betroffenen geht auch nach Jahrzehnten nicht vorbei, wie ich aus persönlichen Gesprächen und Briefen weiß. Im Umgang mit Anschuldigungen haben wir als Kirche Fehler gemacht. Wenn auch in den letzten Jahren schon daraus gelernt worden ist, werden wir weiterhin zu lernen haben. In erster Linie geht es dabei um die Sorge für die Opfer und um die Folgen der gegen sie begangenen Handlungen. Vergangene Taten können nicht rückgängig gemacht werden. Sie fordern aber den Schutz gegen den Rückfall von Tätern.

Die Verharmlosung von Missbrauch betrifft uns als Kirche wie auch als Gesellschaft. Nicht Pauschalverdächtigungen, sondern nur genaues Hinsehen und der Wille zu Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit können den konkreten Menschen weiter helfen. Es ist daher notwendig, nach den Ursachen und nach dem Umfeld sexuellen Missbrauchs zu fragen, damit ähnliche Fälle sich in Zukunft nicht wiederholen. Dazu gehören eine Auseinandersetzung von Kirche und Gesellschaft mit der Sexualität wie auch mit der zölibatären Lebensform. Die Forderung nach Aufhebung des Zölibats allein wird dabei dem Leiden der Betroffenen nicht gerecht. Ich hoffe inständig, dass wir auf dem eingeschlagenen Weg vorankommen, dass Wunden heilen und so wieder ein Klima des Vertrauens entstehen kann.

Manfred Scheuer, Bischof von Innsbruck

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Bischof Manfred Scheuer zu den Missbrauchsvorwürfen