Bischof Glettler auf Solidaritätsbesuch im Irak

Bischof Hermann nach Begegnung mit Erzbischof Najeeb Moussa von Mossul: Christen im Irak brauchen Solidarität und Hilfe.

Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hält sich derzeit zu einem mehrtägigen Besuch im Irak auf, der vor allem der christlichen Minderheit im Land gilt. Am Donnerstag traf Glettler u.a. den chaldäisch-katholischen Erzbischof von Mossul, Michael Najeeb Moussa. Dieser berichtete von einem langsamen Wiederaufbau der christlichen Präsenz in der Millionenstadt am Tigris. Mit der Eroberung Mossuls durch die Terrormiliz IS 2014 wurde diese Präsenz zunächst ausgelöscht. Seit der Rückeroberung der Stadt vor rund sechs Jahren ist erst eine geringe Zahl von Christinnen und Christen zurückgekommen. Najeeb berichtete von insgesamt 50 christlichen Familien, viele weitere hätten derzeit keine Chance zur Rückkehr, weil ihre Häuser und Wohnungen zerstört seien und sie auch keine Arbeit vor Ort hätten.

Dabei sei die Situation für eine Rückkehr derzeit recht günstig, so der Erzbischof. Mossul habe früher als eine Hochburg des Islamismus und Extremismus gegolten. Doch da unter der Schreckensherrschaft des IS nicht nur die Christen sowie Angehörige von religiösen Minderheiten gelitten hätten, sondern vielfach auch Muslime habe dies bei vielen Menschen ein gewisses Umdenken ausgelöst. Dies biete die neue Chance für ein friedvolles Zusammenleben von Christen und Muslimen, zeigte sich der Bischof überzeugt.

Zugleich brauche es noch viel Bildungsarbeit, um gegen den Islamismus in der Region anzukommen. Auch wenn der IS militärisch weitgehend besiegt wurde, sei seine Ideologie noch lange nicht zur Gänze verschwunden, mahnte der Bischof zur Wachsamkeit.

 

Papst brachte Zuversicht
Ungebrochen aktuell sei für die Christen der Region der Besuch von Papst Franziskus im März 2021. Der Papst habe den christlichen Gemeinschaften in der Region Hoffnung und Zuversicht geschenkt und ihnen das Gefühl gegeben, nicht vergessen, sondern Teil der einen großen Weltkirche zu sein. Zudem habe der Papst wesentlich dazu beigetragen, den internationalen Fokus auf die Region zu legen. 

Noch im 17. und 18. Jahrhundert war die Mehrheit der Bevölkerung christlich. Davon zeugen noch zahlreiche Kirchen in der Stadt. Allerdings: Alle 35 Kirchen Mossuls wurden vom IS zumindest teilweise zerstört bzw. bei der Rückeroberung durch das irakische Militär und schiitische Milizen dem Boden gleich gemacht. Einige wenige Kirchen wurden inzwischen wieder hergestellt. Bischof Glettler zeigte sich gegenüber Kathpress beeindruckt vom Überlebenswillen der Christen vor Ort. Zugleich brauche es Solidarität und Hilfe von auswärts, damit sie in ihrer Heimat bleiben können und eine Zukunftsperspektive haben, so Glettler.

 

"Initiative Christlicher Orient" 

Der Innsbrucker Bischof besucht aktuell mit einer kleinen Delegation der "Initiative Christlicher Orient" (ICO) , die von Obmann Slawomir Dadas angeführt wird, den Nordirak. Die ICO hat im gesamten Nordirak seit vielen Jahren Hilfsprojekte laufen. Die Österreich-Gruppe traf u.a. in der nordirakischen Stadt Zakho mit dem örtlichen Bischof Bischof Felix Al-Shabi zusammen. In der Diözese des Bischofs liegen zahlreiche abgelegenen Dörfer mit einer dramatischen Geschichte: Als der Konflikt zwischen dem Regime von Saddam Hussein und den Kurden in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre erstmals eskalierte, zerstörte die irakische Armee 20 Dörfer. In einem Dorf wurden sogar alle Bewohner ermordet. Die Christen wanderten in andere Landesteile ab, die meisten gingen nach Bagdad. In den verlassenen und noch bewohnbaren Dörfern der Christen wurden teilweise Kurden, Jesiden, aber auch Araber angesiedelt.

Die kurdische Regionalregierung wollte nach 2003 die Christen wieder zurückholen und baute 16 Dörfer für jene Menschen, die vor dem Terror in anderen Landesteilen in die ruhigere Kurdenregion flüchteten. Die Menschen standen im Nordirak allerdings vor dem wirtschaftlichen Nichts. Die ICO half mit zahlreichen Projekten, die Wirtschaft in den Dörfern anzukurbeln, baute Kindergärten und half auch bei der Etablierung eines neuen kirchlichen Lebens in der Region. Dieses Engagement habe die ICO bis heute beibehalten, so Obmann Dadas gegenüber Kathpress.

Eine weitere Station der ICO-Delegation war das Dorf Enishke in der Region Dohuk. Die örtliche Pfarre wird seit vielen Jahren von der ICO unterstützt, u.a. bei der Errichtung eines Pastoralzentrums, eines Kindergartens und bei der Durchführung zahlreicher humanitärer Hilfsprogramme. In den Jahren nach der Eroberung Mossuls und der Ninive-Ebene durch den IS beherbergte die Pfarre tausende christliche, jesidische und muslimische Flüchtlingsfamilien. Über die ICO hat die Pfarre auch mehrmals Corona-Soforthilfe geleistet und versorgt im Winter die ärmsten Familien mit Heizöl.

Die "Initiative Christlicher Orient" unterstützt seit mehr als 30 Jahren die Christen im Orient. Seit rund 20 Jahren ist das Hilfswerk im Irak aktiv.
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Bischof Hermann Glettler begegnet den Kindern im Dorf Heezawa. Foto: kathpress