Bischof Glettler: "Man kann nie genug segnen"
"Man kann nie genug segnen. Denn Segnen bedeutet, jemandem etwas Gutes zuzusprechen und im Leben der Menschen entdecken, dass sich Gott schon in deren Leben eingeschrieben hat." Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler gegenüber dem ORF betont. Insofern sei es seine Position und die vieler Bischöfe und auch vieler Seelsorgerinnen und Seelsorger, dass man Menschen, die ausdrücklich um einen Segen bitten und ihren Weg mit der Kirche gehen wollen, den Segen nicht verweigert. Glettler äußerte sich am Mittwoch in der Spätausgabe der "Zeit im Bild", in der er seine Sicht auf die heftig diskutierten Stellungnahme der vatikanischen Glaubenskongregation darlegte, wonach die katholische Kirche keine Vollmacht besitze, Verbindungen von Menschen gleichen Geschlechts zu segnen.
Der Innsbrucker Bischof räumte ein, dass er "enttäuscht" gewesen sei über die Erklärung, weil sie den seelsorglichen Gestaltungsraum doch sehr einschränke. Man müsse nun auch in der Seelsorge neue Wege andenken. Begleitung sei dabei essenziell, so der Bischof, der unterstrich, dass es etwa in seiner Diözese erfahrene und gute Seelsorger gebe, die gleichgeschlechtliche Paare begleiten.
Jene Menschen, die sich von der vatikanischen Erklärung irritiert und verletzt seien und die sich von der Kirche wieder zurückgewiesen fühlten, bitte er um Verzeihung, sagte der Innsbrucker Bischof. Es sei viel Vertrauen zerbrochen worden, das nun erst wieder mühsam aufgebaut werden müsse.
Bischof Glettler ortete in der katholischen Kirche grundsätzlich die Schwierigkeit, gelebte Homosexualität positiv zu bewerten, weil diese in Diskrepanz zur Schöpfungsordnung gesehen wird. Die Kirche unterstreiche, was in der Heiligen Schrift gesagt wird, dass Gott den Menschen als Mann und Frau schuf, in Unterschiedenheit und zugleich aufeinander zugeordnet.
Es sei ein Lernprozess notwendig, "wie man grundsätzlich gelebte Homosexualität bewerten soll". Wie der Bischof sagte, müsse die Kirche auch humanwissenschaftliche Erkenntnisse noch wesentlich ernster nehmen. Er bitte zugleich auch um etwas Geduld. Die Erklärung der Glaubenskongregation, die so viel Irritation und Enttäuschung ausgelöst hat, könnte auch ein guter Anstoß sein, diese grundsätzlichen Fragen innerkirchlich gut zu klären.
Außer Frage stehe dabei, dass jede Diskriminierung homosexueller Menschen grundsätzlich abzulehnen sei. Die Kirche müsse ihnen menschliche und spirituelle Heimat geben und ihnen auch Verantwortung übertragen. Das finde sich auch in dem Schreiben der Glaubenskongregation.
Bischof Glettler unterstrich zugleich, dass das wesentliche Anliegen der lehramtlichen Klarstellung Rom auch darin bestanden habe, den Unterschied zwischen einer kirchlichen Eheschließung und einer Segnung deutlich zu machen. Hier solle es zu keiner Verwechslung kommen. Aber diese Klarstellung hätte man auch "stressfreier" haben können.
Menschen begleiten, nicht abwerten
Die Kirche soll Menschen begleiten und sie nicht abwerten: Das hat die Katholische Aktion Steiermark in einer Aussendung am Donnerstag betont. Viele Menschen leben in Beziehungen, Lebens- und Liebesformen, die vom traditionellen katholischen Bild abweichen. Diese werden im Versuch der Glaubenskongregation, die Besonderheit einer sakramentalen Ehe wertzuschätzen, herabgewürdigt, kritisierte Andrea Ederer, Präsidentin der Katholischen Aktion Steiermark. Dankbar verwies sie auf die jüngsten Aussagen von Kardinal Christoph Schönborn, der festgehalten habe, dass Segen nicht Belohnung für Wohlverhalten sei, sondern "Bitte um Schutz".
Aus ihrer Sicht, so Ederer, müsse es darum gehen, "im Sinne des Zukunftsbildes der Katholischen Kirche Steiermark vom Leben der Menschen auszugehen und sich der Frage zu stellen, wie Kirche mithelfen kann, das Leben in all seinen Dimensionen gut zu leben und aus dem Glauben zu gestalten".