Kromp-Kolb: Religionen maßgeblich für Umdenken bei Klimafragen

Laut der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb können Religionsgemeinschaften einen entscheidenden Beitrag dabei leisten, den Umdenk-Prozess bezüglich Klimafragen in der Gesellschaft voranzutreiben.

Die im neuen Lebensstil geforderten Qualitäten, wie etwa Genügsamkeit, Ehrfurcht vor allem Leben, Mitgefühl und Solidarität oder Verantwortungsbewusstsein, würden nämlich in praktisch allen Religionen als Tugenden gelten, erläuterte die Klimaforscherin im aktuellen Newsletter der "ARGE Schöpfungsverantwortung". Religionsgemeinschaften könnten insofern "wesentliche Verbündete" im Bemühen um ein Umdenken sein.

Einen Umdenk-Prozess vorantreiben, könne auch das vielen Religionen immanente Prinzip des längerfristigen Denkens. Gutes Handeln werde, obwohl meist nicht umgehend belohnt, dennoch gefordert. "Neben dem Überdenken von Werten ist das längerfristige Denken eines der Rezepte, mittels derer vom Aussterben bedrohte Zivilisationen überlebt haben", so die Klimaforscherin. Kromp-Kolb kritisierte allerdings, "dass sich die meisten Religionsgemeinschaften zu diesen, für die Menschheit existentiellen Fragen, noch kaum geäußert haben".

Die tragende Rolle der Religionsgemeinschaften für einen Umdenk-Prozess bezüglich Klimafragen betonte auch Roland Zisser, Mitarbeiter der "ARGE Schöpfungsverantwortung" und des "European Christian Environmental Network". Ohne religiöse Motive sei die weltweite öko-soziale Bewegung nicht denkbar, denn die Veränderung der Außenwelt könne nicht ohne eine Veränderung der Innenwelt passieren. "Wer immer sich mit den Problemen der Sonnenenergie, einer gesunden Landwirtschaft oder eines fairen Handelns herumschlägt, hat es nicht nur mit Maßzahlen wie CO2, Nitrat oder Euro zu tun, sondern auch mit Gefühlen, Werten, Weltbildern und Gesellschaftsvisionen", so der Theologe.

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Anders als Wissenschaft und Politik pflegten Religionen eine "Art Anti-Utilitarismus", der sich nicht mit einem alleinigen Nutzrecht des Menschen über die Erde vereinbaren lasse. Die Erde werde in den Denkmustern vor allem der monotheistischen Religionen vielmehr als Schöpfung Gottes begriffen, in der alle Lebewesen ihr Existenzrecht hätte. Aber etwa auch in indigenen Traditionen komme dem Schutz der Natur eine tragende Rolle zu: Der Mensch sei dort nur ein Teil der beseelten Natur, "die seelische Verbundenheit mit allen Lebewesen hat Priorität", so Zisser.

 

Laut dem Theologen hätten alle Religionen Partei für das Sein ergriffen, Raff- und Machtgier seien hingegen tabu. "Deshalb versteht es sich fast von selbst, dass Religionen und spirituelle Gemeinschaften oft zu einem Lebensstil der Einfachheit auffordern und dem irrwitzigen Konsumismus und Trend zum Immer-mehr entgegentreten. Teilen des Reichtums ist angesagt, da sind sich die Religionen einig, und zwar vom globalen Norden zum globalen Süden hin."

 

Trendwende schwer vorstellbar

 

Bei Betrachtung der Entwicklung der Emissionen in den letzten Jahrzehnten hält die Arbeitsgemeinschaft eine Trendwende allerdings für schwer vorstellbar. Nach wie vor würden fossile Energieträger, verbunden mit einem massiven CO2-Ausstoß, dominieren. Kritik übte der Verband vor allem an den USA und Saudi-Arabien, die sich beim UN-Klimagipfel in Polen im vergangenen Jahr gegen eine ambitionierte Klimapolitik gestellt hätten. Wenn dem Klimawandel wirksam Einhalt geboten werden soll, sei Einigkeit und Geschlossenheit der Internationalen Staatengemeinschaft allerdings unabdingbar.

 

Zudem brauche es das Bewusstsein der Weltbevölkerung für den Klimawandel, um eine Trendwende einzuleiten. "In dieser kritischen Situation, in der wir uns heute befinden, können Lösungen nur im Zusammenwirken von Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft erreicht werden." Insofern wertete die Klimaforscherin Kromp-Kolb die letzten Klimakonferenzen als Erfolg, "denn erstmals hat die Zivilgesellschaft aus allen Bereichen - Umwelt, Soziales, Wirtschaft, Finanzen, Gerechtigkeit oder Demokratie - zusammen an einem Strang gezogen. Sie hat erkannt, dass ihre divers erscheinenden Anliegen untrennbar verwoben sind, dass etwa Armutsbekämpfung und Klimaschutz Hand-in-Hand gehen". 

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