Bischof Scheuer präsentiert geheime Briefe mit KZ-Erfahrungen des Innsbrucker Priesters und Caritasdirektors Josef Steinkelderer

Buchpräsentation aus der diözesanen Schriftreihe „notae“: „Zum Verbrecher, zum Cretin, zum Tier“ - mit Sonderausstellung der Caritas

„Die Kirche hinter dem Stacheldraht: Gab es das? Ja! Im Dritten Reich wurde langsam und scheinbar unmerklich, aber zielsicher, um das ganze kirchliche Leben Stacheldraht gewunden: Einengung, Behinderung, Verwundung, weil Nazismus als Weltanschauung Religions-Selbsterlösung, Einschüchterung, Terror bei Gegenwehr, offene Gewalt, Haft, Schutzhaft, Schutz vor der Volkswut, Konzentrationslager.“

 

Buchpräsentation und Sonderausstellung im Haus der Begegnung Innsbruck 

Am Montag, 25. September 2017 präsentiert Bischof Manfred Scheuer um 18.00 Uhr im Haus der Begegnung den dritten Band der „notae“. Dieser Sonderband von „historischen Notizen aus der Diözese Innsbruck“ von Bischof Scheuer ist in Zusammenarbeit mit seinem ehemaligen theologischen Referenten Josef Walder entstanden und bewahrt die Erinnerungen an die KZ-Erfahrungen des Innsbrucker Priesters und Caritasdirektors Dr. Josef Steinkelderer. „Indem hier seine Aufzeichnungen und Schriften erstmals veröffentlicht werden, möge die Erinnerung zur Versöhnung führen“, so der Herausgeber Bischof Scheuer.

Anschließend findet eine Sonderausstellung zum Thema „Steinkelderer als erster Caritasdirektor“ durch die Caritas Tirol statt. Sie wird präsentiert von Caritasdirektor Georg Schärmer.

Interessierte sind zur Veranstaltung im Haus der Begegnung herzlich eingeladen!

 

Ein etwas anderer Priester  

Josef Steinkelderer wurde 1904 im Innsbrucker Stadtteil Wilten geboren und empfing seine Priesterweihe als Religionslehrer an der HAK in Innsbruck. Steinkelderer war immer in Konflikt mit dem Nationalsozialismus. Schließlich wurde er vom NS-Regime vom Schuldienst enthoben und war anschließend als Seelsorger in Karres tätig. Dort geriet er in Konflikt mit dem Bürgermeister, einem führenden SA-Mann. Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde er wegen ihm vorgeworfener „Greuelpropaganda“ als ein „Volksverräter“ verhaftet. Es wurde ihm unterstellt, auf seinem Heimweg von Freiburg im Breisgau nach Innsbruck US-Bürgern empfohlen zu haben, Deutschland zu verlassen, weil es zu unsicher werde. Steinkelderer wurde in Folge dessen in Innsbruck inhaftiert.

 

Inhaftiert in den KZs Sachsenhausen und Dachau 

Im November 1939 kam Steinkelderer ins KZ Sachsenhausen. Ein Jahr später, im Dezember 1940, wurde er dann ins KZ Dachau verlegt, wo er bis zum 28. März 1945 gefangen gehalten wurde. In Dachau gab es einen eigenen Block für Priester, in dem diese ab 1941 für sich selbst Gottesdienste feiern durften. Er schrieb aus dem Konzentrationslager zahlreiche, teils verschlüsselte, Briefe. In ihnen zeichnet er ein Bild vom Alltag im KZ, beschreibt aber auch die Solidarität der Häftlinge untereinander.

 

Als erster Caritasdirektor der Diözese Innsbruck setzt Steinkelderer deutliches Zeichen für den sozialen Wohnbau 

Nach Kriegsende im Jahr 1945 wurde Steinkelderer vom damaligen Bischof Paulus Rusch beauftragt, die Caritas als diözesanes Amt aufzubauen. Dabei waren seine vorhandenen Englischkenntnisse und seine überregionale Vernetzung von Vorteil. Schon damals wurde die Caritas mit ähnlichen Schwerpunkten wie heute – unter anderem Flüchtlingshilfe, Jugendhilfe, Hilfe für Suchtkranke und Internationale Zusammenarbeit – errichtet. Als die wirtschaftliche Situation eine Besserung erkennen ließ, engagierte sich Steinkelderer für die Bekämpfung der Wohnungsnot. Durch die Beteiligung an der Errichtung der Heiligjahrsiedlung in Innsbruck und der Siedlung Frieden in Völs wurde ein deutliches Zeichen gesetzt: Wohnungen für Menschen sollten vor der Renovierung der Kirchen stehen. Besonderen Weitblick bewies Steinkelderer beim Aufbau der Caritas-Sozialschulen. Somit war Josef Steinkelderer der erste Direktor der Innsbrucker Caritas bis zu seinem Tod im Jahre 1972.

 

notae – Historische Notizen zur Diözese Innsbruck 
Zeitzeugenberichte, Forschungsergebnisse, Chroniken, kritische Essays – abwechslungsreiche Beiträge von Forschern verschiedenster Disziplinen spannen einen Bogen über die vielfältigen Aspekte kirchlichen Wirkens in Tirol im Spiegel der Geschichte und initiierten so – anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Diözese Innsbruck 2014 – die Schriftenreihe „notae“ des Archivs der Diözese Innsbruck. Die Bände erscheinen in loser Folge. Mit „Zum Verbrecher, zum Cretin, zum Tier“ liegt der dritte Band, ein Sonderband, vor. 

Josef Steinkelderer gilt als der erste Caritasdirektor der Diözese Innsbruck. In Band 3 von „notae“, den historischen Schriften aus der Diözese Innsbruck, werden erstmals geheime Briefe des Priesters mit seinen Erfahrungen in den KZs Sachsenhausen und Dachau veröffentlicht. Bild: Diözese Innsbruck

Das Programm der Buchpräsentation

Montag, 25. September 2017, 18 Uhr
Haus der Begegnung, Rennweg 12, Innsbruck 

Präsentation des Bandes durch Bischof Manfred Scheuer: 

"Zum Verbrecher, zum Cretin, zum Tier" - Aufzeichnungen und Briefe des Priesters Josef Steinkelderer aus dem KZ

 

Präsentation der Ausstellung zum caritativen Wirken von Josef Steinkelderer im Haus der Begegnung: Caritasdirektor Georg Schärmer

Musik: Sunhild Anker, Violoncello