Die Obs

Mittelalterlicher Versammlungsraum

Wortbedeutung:  

Vorhalle, Vorraum, Vordach

Das Wort „Obesa“ wurde bzw. wird nach wie vor im Ötztal für Vorhalle/Vorraum benutzt.

Im „Tiroler Idiotikon“, J.B. Schöpf, aus dem Jahre 1866 ist der Begriff „obsen“ folgendermaßen definiert:

obsen, f., Vordach, Vorhalle vor einer Kirche; ahd. opasa, obisa, vestibulus. In yeder Statt, Marckt und Landgericht sollen ains, zway, drey oder mer Vierdtail, Stäb, Oblayen oder Malgreien gemacht werden. 

 

Geschichte: 

Erbaut wurde die Obs um das Jahr 1510, als ein selbständiger, in die nördliche Friedhofsmauer eingesetzter, gewölbter Bau, versehen mit einem hohen Krüppelwalmdach. 1512 wurde der Raum von Michael Ortner gepflastert. 1527 wurde die  Friedhofsmauer von Meister Andre (Mitglied der Hagauer Bruderschaft) erneuert und die Obs im selben Jahr neu eingedeckt. Für die Eindeckung waren 19 Bäume, vier Lärchen, 60 Latten, 8 dicke Läden und 12000 Nägel und Schindeln notwendig.

Im 16. Jahrhundert wurde eine Holzstatue der Mutter Anna an der westliche Innenwand angebracht. Die Tochter Maria wurde erst in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts nachträglich hinzugefügt. Die Szenerie stellt dar, wie Mutter Anna ihrer Tochter Maria das Alte Testament erklärt bzw. ihr das Lesen lehrt. Die Statuen wurden im Rahmen der Renovierung der Obs im Jahr 2013 aus Sicherheitsgründen abgenommen. Die Statuen werden aktuell im Widum verwahrt.

Im 18. Jahrhundert erhielt die südlichen Außenwand ein gemaltes Marienbild, eine Kopie des Gnadenbildes vom Hochaltar.

 

Bedeutung: 

Die Obs war nicht nur eine einfache Kirchenvorhalle oder ein Friedhofseingang, sondern diente als Versammlungsraum der Gemeinde. Hier wurden Nachrichten angeschlagen, Neuigkeiten ausgetauscht und wohl auch so mancher Handel getätigt.

 

Text: Chronistenteam Münster
Bilder: Helmuth Mühlbacher, Chronistenteam Münster