Der Turm

Fünf Glocken befinden sich im Turm.

 

Ein Auszug aus der Zusammenstellung über die Pfarrgeschichte für das Jenbacher Buch von Franz Lackner beinhaltet sinngemäß folgendes: 

(...) Erst im Jahre 1650 wurde das oberste Turmgeschoß errichtet, dessen runde Fenstersäulen die späte Fertigung bezeugen, und schließlich der hölzerne Turmhelm aufgesetzt.

(...) Vier der ehemals fünf bronzenen Glocken fielen dem ersten Weltkrieg zum Opfer und wurden zu Patronenhülsen verarbeitet ...

Pfarrer Hörbst ließ 1923 fünf neue Glocken schmucklos in militärisch unbrauchbarem Stahl von der Glockengießerei Böhler in Kapfenberg ausführen. Diese wurden am 25. März des gleichen Jahres (Maria Verkündigung) von Bischof Waitz aus Brixen geweiht und läuten bis heute. (Fotos: Jenbacher Chronik, M.Vogl; Hoy)

1. "Barbara" 2.480 kg Ton C1 
2. "Josef" 1.750 kg Ton D1
3. "Maria Verkündigung" 1.250 kg Ton E1
4. "Notburga" 755 kg Ton G1
5. "Schutzengel" 535 kg Ton A1                                  

Eine Kostprobe unserer Glocken auf YouTube ... 

Zum 100-jährigen Bestehen unserer Glocken im Jahr 2023 schreibt Mag. Monika Singer folgenden Artikel:

DIE JENBACHER STAHLGLOCKEN - ein hundertjähriges Provisorium? 

"(...) Kirchenglocken sind als Herolde des katholischen Gottesdienstes schon seit zwölf Jahrhunderten im Gebrauche" schrieb Pfarrer Franz Hörbst im Festprogrammheft zur Weihe des neuen Geläutes der Jenbacher Pfarrkirche am 18. März 1923. 

Der Rohstoffknappheit des 1. Weltkrieges waren neben vielen anderen auch unsere Glocken zum Opfer gefallen. Während Prof. Hans Tusch in seiner Häuser- und Familienchronik von "Tage(n) tiefster Trauer" berichtete, bemerkte Pfarrer Hörbst nicht nur, "dass den Leuten die Tränen in den Augen standen", sondern stellte auch nüchtern fest, dass "das Gesamtgeläute schlecht zusammenstimmte", weil es "aus drei verschiedenen Gießereien (Anmerkung: Rippo/München, Dengg/Jenbach, Grassmayr/Innsbruck) und drei verschiedenen Gußzeiten (Anmerkung: 1673, 1855, 1905) stammte". Trotz aller wirtschaftlichen Widrigkeiten wurden 1922 fünf Stahlglocken bei der Firma Gebrüder Böhler und Co. AG Stahlwerke in Kapfenberg bestellt. Pfarrer Hörbst dankte den Spendern inder Festbroschüre und betonte in " (...) welch einzigartiger Weise vom Hüttenwerk die ganze Angelegenheit der Glockenneubeschaffung nach jeder Richtung hin dem Ziele zugeführt wurde". Die Entscheidung für ein Stahlgeläute wurde von Pfarrer Hörbst mehrfach begründet: kostgengünstiger (1/3 der Kosten eines Bronzegeläutes), auf noch weitere Distanz hörbar, höherer Schmelzpunkt bei einem Brand (1450 Grad statt 800 Grad bei Bronze), unbrauchbar für die Kriegsindustrie (Anm.: die Wiesinger Glocken mussten z.B. im zweiten Weltkrieg erneut abgeliefert werden!).

Nach dem notwendigen Umbau des Glockenstuhles nach den Plänen der Firma Innerebner&Mayer wurden schließlich am 18.3.1923 um 15 Uhr durch den apostolischen Administrator Bischof Dr. Sigismund Waitz "Barbara", "Josef", "Mariä Verkündigung", "Notburga" und "Schutzengel" geweiht. Die Auswahl der Namen begründet Pfarrer Hörbst so: "Jenbachs älteste Industrie wird durch das Berg- und Hüttenwerk dargestellt (und so) "(...) scheint es schon vom historischen Standpunkte passend, wenn die große Glocke den Namen der Patronin der Berg- und Hüttenarbeit (...) tragen wird. Jenbach ist Industrieort. Der Kasbach hat seit ältesten Zeiten Hämmer und Werke in Bewegung gesetzt, in neuerer Zeit insbesondere beim Sensenwerk. Jenbach wird Industrieort bleiben, solange der Kasbach fließen wird, und der weitaus größte Teil seiner Bevölkerung wird stets der Industrie angehören. Der Patron der christlichen Arbeit und des Handwerks ist der heilige Josef; ihm zu Ehren soll die zweitgrößte Glocke geweiht sein, die mit mächtigem Klange über das Dorf tönen wird. Die dritte Glocke soll uns täglich dreimal aufrufen zum Gebete "Der Engel des Herrn"" Sie soll zu Ehren Mariä Verkündigung geweiht werden! (...) Es ist ein uralter Brauch, dass um 11 Uhr geläutet wird. Nach des Halbtags schwerer Arbeit, soll diese aussetzen, wer arbeitet, soll auch essen! Weit hinausklingen in die Felder soll der zum Mittagstisch einladende Glockenton, freundlich mitklingen mit den Glockenzeichen der Fabriken. Möge Gott den Mittagstisch, überhaupt unsere Speisen, stets segnen, (...). Eine liebliche Legende erzählt, wie die unserer Gegend entstammende heilige Notburga zeitliche Verrichtungen mit dem Geiste des Gebetes (...) zu verbinden verstand, und wie sie hiezu unter anderem auch das Glockenzeichen benützte. Die (viertgrößte) Glocke soll daher den Namen der Heiligen des Unterinntales tragen. Die kleine Stahlglocke soll (...) u.a. als Sterbglöcklein dienen. Unser heiliger Schutzengel möge uns in der Todesstunde beistehen (... und) wird unsere Seele vor das Gericht Gottes geleiten."

Zwölfe Jahre später vermerkte Professor Tusch: " Als große Wohltat erwies sich auch das in letzter Zeit (Anm.: 1930 von den Herforder Elektricitäts-Werken) installierte elektrische Läutwerkl. (...) Sind auch die Zeiten wirtschaftlich schlecht, zur Ehre der Pfarrangehörigen sei es gesagt, sie lassen die Kirche nicht im Stiche und teilen auch in der Zeit der Not noch den letzten Groschen mit ihr (...)."

In den letzten hundert Jahren haben die Glocken viel von ihrer Bedeutung für die Bevölkerung eingebüßt, ja manchmal hat man auch in Jenbach den Eindruck, dass das "Gebimmel" manchen lästig ist. Oder wenn kaum jemand mehr etwas mit dem "Betläuten" - vor allem um 6 Uhr morgens - anfangen kann. Um allzu viel Unmut zu vermeiden, schweigt das Schlagwerk der Turmuhr nach 22 Uhr bis 6 Uhr früh. Im Gegensatz zu unserer Bezirkshauptstadft Schwaz pflegen wir den Brauch des "Wetterläutens" schon seit Jahren nicht mehr. Und wer wäre nicht versucht, den Begriff "Sturmläuten" von einer Situation abzuleiten, wenn ungeduldige Besucher*innen die Hausglocke über Gebühr betätigen? Dabei stammt er aus einer Zeit, in der es noch keine Sirenen gab, die auf einen Unglücksfall, Unwetter oder Bombenangriffe hinwiesen. Das ist mit dem Fortschritt der Technik nun nicht mehr notwendig.

Jedes neue Jahr wird jedoch immer noch mit dem Klang aller 5 Glocken begrüßt. Der Unterschied zu ländlicheren Gemeinden zeigt sich beim Wunsch nach dem Läuten der Sterbeglocke. In Jenbach wird kaum danach verlangt. Viele arbeiten auswärts, sind untertags also nicht da. Deshalb hat sich in der letzten Zeit in der Pfarre Jenbach eingebürgert, dass die kleine Glocke unmittelbar nach dem Sterberosenkranz geläutet wird, damit es die Angehörigen und Freunde auch wahrnehmen können. Ein bewusstes Zeichen der Wertschätzung ist es auch, wenn bei den Taufen zur Begrüßung eines neuen Pfarrmitgliedes und bei einer Beerdigung zum Abschied die große Glocke erklingt.

Als im Sommer 2022 bei "Barbara" die Klöppelaufhängung repariert werden musste, erklärte mir der Facharbeiter unserer Vertragsfirma, dass Stahlglocken eigentlich eher ein Provisorium wären. Für Bronzeglocken-Kenner mögen sie vielleicht sogar hart klingen, aber bereits vor hundert Jahren stand im "Protokoll über die Prüfung des neuen Geläutes für die Pfarrei Jenbach vom 26. Oktober 1922: (...) Jede der fünf Glocken ist auf den betreffenden Ton vollkommen rein gestimmt. Weiters stimmen die Glocken im Zusammenläuten sehr rein und harmonisch. (...) Volltönigkeit, die jeder großen Stadtkirche Ehre machen würde. (...) Der Pfarrkirche Jenbach ist zu dieser Erwerbung des schönen Geläutes nur von ganzem Herzen zu gratulieren."

Und etwas ist trotz allem ungebrochen vorhanden: Das Interesse der Erstkommunionkinder, den Turm zu besteigen und unser "hundertjährisges Provisorium" einmal persönlich in Augenschein zu nehmen.