Glocken

Glocken sind Musikinstrumente. Die ersten Glocken wurden im 9. Jahrhundert v. Chr. in Vorderasien aus Bronze gegossenen Glocken. Seit dem 6. Jahrhundert wird die Glocke in Europa im sakralen Bereich eingesetzt, noch bis ins 19. Jahrhundert wurden sie im weltlichen Bereich als Wetterglocke, Feuerglocke, Gerichtsglocke und Ratsglocke gebraucht, als Zeit-(Uhr-)Glocke bis heute.
 der Glocke entwickelte sich im Mittelalter aus der Bienenkorb- und der Zuckerhutform. Die Technik des Glockengießens wurde anfangs von Mönchen ausgeübt. Früher wurden die Glocke mittels Seil von Hand geläutet. Heute geht das Glockenläuten mittels Motoren viel leichter. Elektronische Steueruhren lassen die Glocken auch zu den entsprechenden Zeiten läuten. 

Die Glocken, welche vom Ehrwalder Kirchturm klingen, stammen aus dem Jahre 1948 aus der Innsbrucker Glockengießerei Graßmayr und sind in f - as - b - des gestimmt und tragen die Namen Heimkehrer-, Gefallenen-, Vermissten- und Sterbeglocke (siehe Glockenbeschreibung weiter unten).

 

Unsere Glocken

  • rufen die Gläubigen zur Messe, zu den freudigen und traurigen Anlässen der Pfarrgemeinde.
  • läuten zum Gebet um 7 Uhr in der Früh, um 12 Uhr mittags und um 20.00 Uhr am Abend (Glocke 1 an Sonn- und Feiertagen, Glocke 2 an Werktagen).
  • läuten zum Gebet für die Verstorbenen jeden Abend nach dem Betläuten (Glocke 3).
  • läuten zur Todesstunde Jesu am Freitag um 15 Uhr (Glocke 1).
  • läuten den Feierabend vor Sonn- und Feiertagen ein (z. B. Samstag, 17.00 Uhr, alle Glocken).
  • künden vom Ableben eines Pfarrangehörigen (Glocke 4 = Sterbeglocke).
  • schlagen als Uhrschlag zur vollen (Glocke 1) und zur Viertel-Stunde (Glocke 2).

Wann welche Glocke einzeln oder gemeinsam mit anderen geläutet wird, ist in einer Läutordnung geregelt, ebenso die Läutdauer. Die Steuerung des Geläutes erfolgt durch einen Uhrencomputer von der Sakristei aus. Um die Nachtruhe zu gewähren, pausieren die Glocken von 22.00 Uhr bis 7.00 Uhr (Uhrschlag).

Manche Menschen empfinden Glockenklang leider heutzutage als Lärm. Doch das Schweigen der Glocken hat nie etwas Gutes bedeutet: Es waren die schrecklichen Kriegs- und Nachkriegsjahre, in denen die Glocken geschwiegen haben, weil ihr Metall für die Waffenproduktion missbraucht wurde, so wie auch die Menschen in jener Zeit für sinnlose Machtspiele missbraucht wurden. Ein sinniger Glockenspruch, der auf manchen Glocken nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebracht wurde, lautet: „Wer mich berührt, den Krieg verliert, schon zweimal ausprobiert.“

Die Ehrwalder Glocken können nunmehr seit vielen Jahrzehnten des Friedens zum Gebet, zum Gottesdienst und zur Besinnung von den Türmen der Kirche und der Kapellen rufen. Mögen den Ehrwalder Glocken das Schicksal ihrer Vorgängerinnen erspart bleiben, möge sich das Dichterwort aus Goethes „Lied von der Glocke“ erfüllen: 

„Sie bewegt sich, schwebt,
Freude dieser Stadt bedeute,
Friede sei ihr erst Geläute.“ 

Glocke 2 aus dem heutigen Geläute von 1948

Wappen der Glockengießerei Grassmayr, Innsbruck 1948

Glocken bis 1874

Die nachweisliche Geschichte der Ehrwalder Glocken geht bis ins Jahr 1642 zurück, in welchem die Chronik vom Guss einer ca. 150 kg schweren Glocke berichtet. Die Kirche wurde aber erst 1648 fertig gebaut. Am 15. August 1648 konsekrierte der Weihbischof von Brixen (Ehrwald gehörte damals zur Diözese Brixen) die neu erbaute Kirche „Maria Heimsuchung“ mit zwei Altären, dem Friedhof und zwei Glocken. Eine dürfte die oben genannten Glocke gewesen sein. Ob die zweite Glocke auch für die Kirche oder für eine Kapelle war, ist nicht bekannt.

Im Laufe der folgenden Jahrzehnte kamen noch weitere Glocken hinzu: 1677 eine ca. 600 kg schwere Glocke, geweiht vom Abt der ehemaligen Benediktinerabtei Seeon am Chiemsee, Adalbert II Gruber, und 1788 zum 100-jährigen Jubliäum der seelsorlichen Selbstständigkeit eine Glocke mit ca. 350 kg Gewicht.

So bestand bis 1874 folgendes gewachsenes Geläute:

  • Die Marien-Glocke mit 600 kg und Inschrift „Inireatae Sapientiae Genetrici Sanctissimae virgini Mariae. Hanc devoto consecrat servorum infimus Adalbertus, Abbas Seon anno 1677.“ („Der Mutter der unerschöpflichen Weisheit, der heiligsten Jungfrau Maria gewidmet. In Demut weiht diese der niederste der Diener, Adalbertus, Abt von Seeon, im Jahre 1677.“)
     
  • Die Engel-Glocke mit 350 kg und Inschrift „Sanctus Michael et omnes sancti Angeli et Archangeli orate pro nobis! Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto. Laus Deo, honor Mairae, gloria sanctis Angelis, Elisabethis, Mariae Magdalenae tribus sanctis nostrae ecclesiae Patroniae 1788“ („Heiliger Michael und alle heiligen Engel und Erzengel, bittet für uns. Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Gott zum Lobe, Maria zum Ruhm, den hl. Engeln, der hl. Elisabeth, der hl. Maria Magdalena, den dreiheiligen Patronen unserer Kirche zur Ehre. 1788“) [Anmerkung: Der Hochaltar der Kirche ist der Gottesmutter Maria geweiht, der linke Seitenaltar der hl. Maria Magdalena, der rechte dem hl. Erzengel Michael]
     
  • Eine Glocke mit 150 kg und Inschrift „Ich lob Gott mit meinem Klang - Zum Lob ruf ich das Volk zusam - Ich bitt, o Herr, bewahr die Gmain - Dein heilig Engl laß stets dasein - Erschlag durch Dein Kreuz und Nam - Den Satan und sein Anhang. 1642 goß mich Hans Diebolt Allgäuer in Ulm“

   

Gedenktafel für den Stifter der Glocken von 1874, Josef Anton Schennach

Das Geläute von 1874

Als unter der Ehrwalder Bevölkerung der Wunsch nach einem großen zusammenklingenden Geläute aufkam, erklärte sich Josef Anton Schennach, ein lediger Bauer, wohnhaft im Haus Nr. 47 (alte Hausnummer, heute Innsbruckerstr. 15) bereit, dieses zu stiften. Laut Inschrift auf der Gedenkplatte an den großzügigen Gönner neben dem Südeingang der Pfarre waren es vier Glocken, laut Aufzeichnungen der Glockengießerei Graßmayr, damals noch im Ötztal, wurden dort am 5. Mai 1874 drei Glocken mit folgendem Gewicht gegossen:

  • "Joseph Anton" mit 1.218 kg,
  • "Jakob" mit 721 kg und
  • "Crescentia" mit 423 kg,

dazu noch diese Glocke, die bei Grassmayr nicht, jedoch im Pfarrarchiv erwähnt wird:

  • "Griseldis" (ohne Gewichtsangabe),

Diese vierte Glocke ist wohl die kleine Sterbeglocke, die bis heute im Turm der Aufbahrungskapelle hängt.

Es muss Pfarrer Lutz schwer getroffen haben, als in den Jahren 1916/17, mitten im Ersten Weltkrieg, die Glocken vom Turm herabgenommen werden mussten, um aus ihrem Metall Waffen herzustellen. 1916 wurde die große und die drittgrößte Glocke abgenommen, um die vorgeschriebene Menge an Metall zu abliefern zu können. Schwer fiel dabei wohl die Ablieferung der großen Glocke mit ihrem besonders schönen Klang. Auch ein reger Schriftverkehr mit dem zuständigen Amt in Innsbruck änderete nichts am Schicksal der Ablieferung. 1917 musste dann auch die zweitgrößte Glocke noch abgenommen werden. Nur das kleine Sterbeglöcklein von 1874 verblieb alleine im Turm.

Gedicht zum Abschied der Glocken 1916: 

Wir beklagen heute, jung und alt,
Du sollst scheiden aus Ehrwald.
Die Schuld trifft uns wohl alle nicht,
Es heißt gehorchen nur der Pflicht.
Drum rufen wir in tiefem Schmerz,
Leb wohl, Du schönes blankes Erz.
Wir trauern alle, uns ist bang
Um Deinen wunderschönen Klang. 

  

Glockenabnahme 1916

Glockenabtransport 1916

Das Geläute von 1923

Trotz der Not der Nachkriegszeit, der turbulenten Zeit der Ersten Republik, wurde 1923 ein neues großes Geläute bestehend aus vier Glocken aus der Glockengießerei Adler & Hahn in Reutte angeschafft.

Die Disposition dieses größten Geläutes, das Ehrwald je hatte, lautete:

  • d' (1400 kg)
  • f' (750 kg)
  • g' (525 kg)
  • a' (400 kg)

Am 7. Oktober war der Tag der Glockenweihe durch den Abt von Ettal. Es wurde ein großes Fest, von dem ein Zeitungsbericht abschließend meint:

 
„Es wird wohl kaum eine zweite Gemeinde geben, welche soviel an mustergültiger Ordnung, geradezu künstlerischen Dekorationen und Aufmachungen bieten kann, wie dies die Ehrwalder bei diesem Fest gezeigt haben.“ 

  

Da das alte Sterbeglöcklein mit dem Ton d'' im Turm nicht mehr Platz hatte, wurde es in den Glockenhelm der 1928 erbauten Aufbahrungskapelle im Friedhof gehängt.

Glockenweihe 1923

Glockenweihe 1923

Nicht lange währte die Freude über das Geläute von 1923. Schon 1942, nun mitten im Zweiten Weltkrieg, mussten alle vier Glocken wieder vom Turm.

Während der nächsten sechs Jahre wurde das alte Sterbeglöcklein aus der Friedhofskapelle im Kirchturm aufgehängt und versah einen einsamen, traurigen Dienst.

  

Glockenabnahme 1942

Das heutige Geläute von 1948

Bereits mit Kriegsende 1945 gab Pfarrer Andreas Raggl bei der Glockengießerei Grassmayr in Innsbruck ein Geläute mit vier Glocken und einem ungefähren Gewicht von 3.000 kg in Auftrag (was dem alten Geläute entsprach).

Der 1946 neu eingesetzte Pfarrer Alois Haueis war nun um die Finanzierung bemüht. Auf Grund der großen Spendenfreudigkeit der Ehrwalder Bevölkerung und der Geschäftswelt - trotz der kargen Nachkriegszeit - konnten im Jahre 1948 die heutigen Glocken gegossen werden.

Am 13. Juni 1948 fand das Fest der Glockenweihe statt, das erste große Fest im Dorf nach dem Krieg. Konsekrator war der Provikar der Apostolischen Administratur Innsbruck, Draxl. In einem feierlichen Festzug wurden die Glocken vom Bahnhof abgeholt und durch das reichlich geschmückte Dorf begleitet.

Um 15.30 Uhr fand am Kirchplatz die Weihe statt. Lehrer Hannes Klement gedachte in seiner Festrede der bedeutungsvollen Namen der vier neuen Glocken: Heimkehrer-, Gefallenen-, Vermissten- und Sterbeglocke. Anschließend wurden sie in den Kirchturm aufgezogen, im neuen Glockenstuhl montiert und zum ersten Mal geläutet.

Da für den Kirchturm nach entsprechender Prüfung ein Geläute in der Größenordnung des alten nicht mehr erlaubt wurde (das alte hatte ca. 3.000 kg Gesamtgewicht, das neue nur mehr ca. 2000 kg), vermissten manche Ehrwalder nun den Ton einer „richtig“ großen Glocke. Dieser Umstand ließ auch den Wunsch nach einer fünften „großen“ Glocke aufkommen, der aber nie in die Tat umgesetzt wurde.

Dem neuen Geläute wurde im Prüfbericht ein einwandfreier, reiner Klang bescheinigt. Durch die kluge Entscheidung, keine so großen Glocken wie früher mehr in den Turm zu hängen, bleiben heute manche Probleme am Kirchturm, am Glockenstuhl und an den Armaturen erspart.

Die vier Glocken sind im so genannten Ideal-Quartett - im „Parsifal-Motiv“ - gestimmt. Die Glocken 1 bis 3 haben Klöppelfänger.

 

1. HEIMKEHRERGLOCKE
Schlagton f, 940 kg

Inschriften:
„Die Glocken wurden angeschafft im Jahre 1948, als Andreas Bader Bürgermeister und Alois Haueis Pfarrer war.“
„Euch Heimkehrer mahne ich mit lautem Gebot:
Gott hat Euch gerettet aus Banden und Tod,
erfüllet nun, was ihr gelobt in der Not!“
„Dnjester-Brückenkopf 14.5.1944“ 

Stifter:
Wilhelm Otto, Köck Albin, Somweber Anna, Leitner Walter, Schimek Othmar, Leitner Robert, Guem Josef, Hosp Resi, Wilhelm Alois, Somweber Rudolf, Somweber Eduard, Geschwister Bader, Somweber Martin 

 

2. GEFALLENENGLOCKE
Schlagton as, 529 kg

Inschrift:
„Über die fernen Gräber ich tön,
Gott lass die Gefallenen auferstehn
und uns zum ewigen Leben eingehn.“ 

Förderer:
Hosp Ferdinand, Somweber Adalbert, Zotz Anna, Jourez Hugo, Guem Josef, Wilhelm Aloisia, Bader Max, Bader August, Köck Erich, Dr. Ritzau Else, Schretter Eduard, Leitner Erhard, Guem Willi, Kalbitz Berta, Zugspitzbahn AG, Bader Anna, Stricker Ludwig, Spielmann Amalia 

 

3. VERMISSTENGLOCKE
Schlagton b, 376 kg

Inschrift:
„Alle Vermißten im Land
Gott führe sie gnädig an seiner Hand
aus dem Elend heim ins himmlische Land.“
1948 

 

4. STERBEGLOCKE
Schlagton des, 217 kg

Inschrift:
„St. Josef leg am Lebensende
unsere Seel in Gottes Hände“
1948 

Glockenweihe 1948

Glockenaufzug 1948