Stellungnahme zu Diskussion: Religion – Ethik

Die Diskussion über den Religions- und Ethikunterricht hat mehr Ebenen als in den Veröffentlichungen der vergangenen Tage sichtbar wurden. Sie bedarf einer differenzierten Analyse.

Im Moment scheint gesellschaftlich anerkannter Mainstream zu sein, dass die einzig berechtigte Position zu Religion die der angeblichen Neutralität sei. Dieser Blickwinkel wird als einziger anerkannt und damit absolut gesetzt, was einer wirklichen Neutralität widerspricht.  

Religion ist wirksam. Insofern darf Religion nicht nur im privaten Raum verhandelt werden, sondern muss sich im öffentlichen Diskurs bewähren. Dazu gehört die Schule als wichtiger öffentlicher Raum des Wachsens junger Menschen.

Religion ist mehr als Ethik, mehr als die Auseinandersetzung um Werte. Sie bezieht die Fähigkeit des Menschen mit ein, über sich selber hinauszudenken und sich mit Sinnfragen auseinanderzusetzen. Umgekehrt fordert jede Religion ethisches Verhalten. Wir begrüßen die Initiative, dass alle Schülerinnen und Schüler religiös-ethische Bildung erfahren und es keine simple Abmeldemöglichkeit mehr geben soll.

Religionsunterricht ist nicht Mission. Wer ihm diese Absicht unterstellt, hat die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte verpasst. Über andere Religionen respektvoll und wertschätzend zu informieren, ist seit langem Teil der Lehrpläne und geschieht in einem heutigen Religionsunterricht und durch die Lehrpersonen in den Schulen. Die Aussage, einzig und allein Religionslehrerinnen und -lehrer könnten von der eigenen Weltanschauung nicht abstrahieren, ist eine unzulässige Unterstellung. Respekt, Wertschätzung und Sensibilität für unterschiedliche Zugänge zur Weltdeutung sind selbstverständliche Haltung. Und werden von den meisten Lehrpersonen auch geleistet, egal ob sie Religion oder Geschichte oder Sachunterricht unterrichten.

Wie ein erwachsener Mensch mündig und reflektiert mit der eigenen Religion umgehen kann, das erleben Kinder und Jugendliche wesentlich auch an ihren Lehrpersonen. Damit tragen diese einen wichtigen Teil zur Entwicklung einer diskursfähigen und reflektierten Religiosität bei. Abschlussprüfungen in den unterschiedlichen Schultypen zeigen diese Fähigkeiten. Auch das ist Ziel einer ganzheitlichen Bildung.

 

Maria Plankensteiner-Spiegel | Leiterin des Bischöflichen Schulamtes Innsbruck

 

lesenswert dazu: kathpress [Experten: Ethik- nicht gegen Religionsunterricht ausspielen]