Gedanken und Briefe von Eltern an ihre Kinder

 

 

Meine kurze Begegnung mit Daniel

Im Februar 1986 erfuhr ich von meiner Schwangerschaft (war zwar nicht geplant – da mein Mann und ich noch recht jung waren - doch freuten wir uns RIESIG auf unser Baby).

Errechneter Geburtstermin:  Oktober 1986

Die Freude wurde schon bald getrübt, im April 1986 (16.SSW.) bekam ich leichte Blutungen wurde ins Krankenhaus Hall eingeliefert, wo ich für eine Woche stationär aufgenommen wurde.

Die Komplikationen konnten gleich unter Kontrolle gebracht werden – meine Angst um unser Baby nicht so schnell.

Nach dieser Komplikation verlief meine Schwangerschaft eigentlich normal – ich hatte regelmäßige Untersuchungen im Krankenhaus Hall.

Bis Anfang Juni 1986 traten keine Auffälligkeiten (Komplikationen) mehr auf.

Bis ich an einem Morgen durch heftige Schmerzen wach wurde .Darauf hin setzte ich sofort meinen Mann darüber in Kenntnis.

Wir überlegten kurz, fuhren anschließend mit unserem PKW ins Krankenhaus Hall (wo vorzeitige Wehen diagnostiziert wurden). Von dort wurde ich aber sofort in die Uniklinik Innsbruck geliefert, da im Krankenhaus Hall keine Intensivstation für Neugeborene eingerichtet und ohne Intensivstation in der 26.SSW ohnehin kein Überleben des Babys möglich ist.

In der Klinik wurden mir sofort Infusionen mit Wehenhemmern verabreicht.

Weiters bekam ich Medikamente, um die Lungenreife unseres Babys zu beschleunigen.

Auf die Wehen-hemmenden Medikamente habe ich sofort angesprochen – sprich die Wehen haben wieder aufgehört.

Dieser Zustand hielt einige Tage an und mir und unserem Baby ging es gut.

Bis am 11. Juni 1986 meine Wehen wieder einsetzten – ich bekam zwar sofort wieder diese Medikamente die zuvor so erfolgreich waren, aber der gewünschte Erfolg blieb diesmal leider aus.

So kam es schließlich zur Geburt (in der 27.SSW).

Unser Baby musste mit der ersten Presswehe geboren werden, da sonst schon hohe Lebensgefahr besteht. Allein der Druck bei der Geburt wäre  zu groß - man muss sich vorstellen bei einem Gewicht von nur 850g Körpergewicht .

Ebenfalles ist die Gefahr eines eventuellen Sauerstoffmangels zu groß.

So wurde unser DANIEL mit der ersten Wehe, als vollkommen gesundes, kleines (leichtes) Baby geboren – sofort versorgt und mit dem Inkubator auf die Säuglingsintensivstation gebracht.

Mir und unserem DANIEL ging es den Umständen entsprechend gut.

Ich konnte ihn auch bereits am nächsten Tag besuchen – es schien alles in Ordnung zu sein.

Er nahm zu, verdoppelte sogar sein Geburtsgewicht, wurde von Anfang an mit reiner Luft (ohne zusätzlichen Sauerstoff) künstlich beatmet .

Es war alles in Ordnung, bis  zu dem Zeitpunkt, als ich an einem Nachmittag, die Nachricht über eine Blutvergiftung bekam.

Von da an benötigte Daniel viele Medikamente und auch Blutplasma wurde von da an dringend notwendig.

Nach einigen Tagen kam die nächste viel schlimmere Nachricht; Daniels Nieren versagten, es sammelte sich bereits sehr viel Flüssigkeit in seinem kleinen Körper an, die Daniel nicht mehr ausscheiden konnte.

Es wurde uns eine Nierendialyse OP angeraten – wir wurden auch in Kenntnis gesetzt, dass eine derartig große und schwierige Operation bei einem so kleinen Patienten wie Daniel es war, noch nie durchgeführt wurde.

Weiters setzte man uns über weitere mögliche Komplikationen in Kenntnis – Gefahr der Vollnarkose bei so einem kleinen Körper – besteht durchaus LEBENSGEFAHR!!

Wir stimmten der OP zu! Unser Daniel schaffte diese OP gut.

Es sah so aus, als ginge alles in Ordnung und dass unser Daniel wieder gesund wird.

Leider erreichte uns dann die nächste, schlimme Nachricht:

Sollte Daniel diesen Tag überleben, wird eine weitere OP dringend nötig, da so harte Röhrchen verwendet wurden die ihn

a)      durchstoßen können

b)      daher nicht länger als 24 Stunden im Körper bleiben dürfen

 

Unser Daniel besaß die Kraft diesen weiteren Tag zu überleben, so wurde diese zweite OP dringend notwendig – es bestand für Daniel wieder LEBENSGEFAHR durch die Narkose und die weitere OP.

Alles verlief zu unserem Glück gut – so GLAUBTEN WIR ALLES GESCHAFFT ZU HABEN.

 DIE DIALYSE FUNKTIONIERTE EINWANDFREI!!!!

Nach weiteren 2-3 Tagen (kann mich leider nicht mehr genauer erinnern) versagte die Dialyse vollständig.

In Daniels kleinem Körper hatte sich derartig viel Flüssigkeit angesammelt; wo man ihn berührte, blieben kleine Einbuchtungen zurück (ein sehr schlimmer Anblick wie man sich sicher vorstellen kann).

Dies schaffte unser Daniel etwa  einen Tag (genaue Erinnerung fehlt)!!

Die viele Flüssigkeit gelangte bis zu seinem kleinen Herzen – das dann schließlich zu schlagen aufhörte……………………..

 

…………………………und aus unserem Baby…………………………..

.............ein kleiner E N G E L wurde…………

 

Ingrid Gapp 

 

Brief an Theresa Carina

 

Wir haben uns auf dich gefreut.

Wir haben dich gespürt im Bauch deiner Mama.

Du hast gestrampelt, manchmal richtig wild, vor allem nachts.

Manchmal hast du festen Schluckauf gehaben.

Wir haben dein Herz schlagen hören, wenn wir unser Ohr auf Mamas Bauch gelegt haben.

Du bist gewachsen, ein bisschen langsam zwar – aber wir waren ja auch nicht so große.

Wir haben dich im Ultraschall gesehen – wir haben einen Film von dir und Fotos.

Wir alle haben uns darauf gefreut, dich im Arm halten zu dürfen, dich zu streicheln, dich zu verwöhnen, für dich zu sorgen.

Wir haben schon etwas vorbereitet für dich und ausgesucht, was wir dir anziehen, wenn wir dich abholen.

Christina hat dir einen kleinen Hasen geschenkt, den sie dir auch in Brutkasten legen durfte und der dich begleitet hat.

 

Und dann bist du – heiß ersehnt – geboren.

Und wir mussten gleich erfahren, dass deine Lebenskraft bald zu Ende gehen wird.

Aber wir durften dich alle streicheln und angreifen.

Wir durften dir sagen, dass wir dich lieb haben, dass wir da sind.

Wir haben dich getauft – Theresa Carina –

Und wir haben für dich gebetet, als wir um deinen Brutkasten herum standen.

Da hast du gerade all deine Kraft zusammengenommen, damit es dir gut ging, als wir um dich standen.

Ein Wattestäbchen mit Mamas Milch hat dir dein Papa als Schnuller geben dürfen.

Aber zugleich wussten wir, dass wir uns bald wieder von dir verabschieden müssen, kaum dass wir dich begrüßen und ein bisschen kennen lernen durften.

 

Und dann in der Nacht gingen deine Kräfte zu Ende. Deine Mama kam und du durftest ganz friedlich im Arm deiner Mama einschlafen und dein Papa war dann auch gleich bei uns und auch er hat dich liebevoll im Arm gehalten.

Und später kamen auch deine Geschwister um Abschied zu nehmen.

Liebevoll haben wir dich gehalten, dich gestreichelt, dich bewundert – deine süßen Ohren, deine Stupsnase, deinen kleinen runden Mund, deine Locken, deine Hände mit den kleinen Fingern – einfach dich – Theresa Carina.

Wir haben dich geküsst und dir Kreuze auf die Stirn gemacht.

Wir haben von deinem kurzen Leben viele Photos – wir können dich immer wieder anschauen.

Zum Schluss haben wir noch ein Familienfoto gemacht – mit dir im Mittelpunkt.

 

Dann haben wir uns von dir verabschiedet.

Voll Trauer im Herzen müssen wir dich gehen lassen – wir können dich nicht halten.

Aber wir können auch an die schönen Augenblicke zurückdenken – die Schwangerschaft mit dir, als wir dich streicheln durften und dass wir Zeit hatten, uns von dir zu verabschieden.

 

Liebe teure, kleine Theresa Carina, du wirst immer einen Platz in unserer Familie haben und wir sind dankbar, dass wir dich kennen lernen durften. Du hast deine Spuren in unserem Leben hinterlassen.

Waltraud Stibernitz 

Brief an Benjamin

Wenn mich jemand fragt, wie es mir jetzt geht, sage ich: „Es geht mir wieder gut!“

Jetzt, wo ich aber diese Zeilen schreibe, stehen mir die Tränen in den Augen. Ich vermisse dich so sehr!!!

Gerade vorher war ich am Kindergrab und hab eine Kerze angezündet. Vor einem Monat war dein Begräbnis. So sehr ich mir gewünscht habe, dass auch deinen kleinen Körper einen guten Platz und damit auch seine Ruhe findet, so schmerzlich war dein Begräbnis auch für mich.

Die Vorstellung, du und alle anderen Babys im Sarg, die weinenden Mütter, …

Und als wir hinter dem Sarg zum Grab gegangen sind, ist es mir wieder so richtig bewusst geworden, wie verkehrt, ja pervers es ist, wenn ein Kind vor seinen Eltern stirbt!

Am Sonntag vorher feierten wir eine Messe für dich. Diese hab ich als sehr schön empfunden. Ich habe diese Messe sehr persönlich gestaltet, für dich, aber auch für mich selbst.

Bei dieser Messe wurdest du bei deinem Namen genannt, obwohl dich ja noch niemand gekannt hat. Bei dieser Messe bekamen wir Gottes Segen und bei dieser Messe konnte ich mich bei allen bedanken, die uns in dieser schweren Zeit zur Seite gestanden sind.

Ich bin sehr froh, dass ich diese Möglichkeit in diesem schönen Rahmen hatte.

Am Tag von deinem Begräbnis hat dein Osttiroler Opa einen Baum bei uns im Garten gepflanzt, deinen Baum! Ich hab ihn gehätschelt und gegossen und hatte solch eine Freude, als die ersten zarten Triebe hervorgekommen sind. Dieser Baum wird wachsen und größer werden, wie du es leider nicht mehr kannst.

Ich war letzte Woche auch noch einmal im Krankenhaus. Ich hatte auf eine Befundbesprechung mit einem Arzt bestanden. Bei diesem Gespräch ist es mir nicht so gut gegangen. Wir waren wieder im gleichen Raum wie damals und der Arzt, ja ich weiß auch nicht...

Jedenfalls konnte ich alles dort lassen, was damals in der Ambulanz nicht gut gelaufen ist. Und wie nach dem Begräbnis, hat es mich zuerst noch einmal brutal aufgewühlt, aber jetzt konnte es sich wieder legen und diesbezüglich ist Ruhe eingekehrt.

Am schlechtesten ist es momentan, wenn ich hochschwangere Frauen sehe, und mein Gott, es gibt so viele davon!

Ich gönne es ja jeder einzelnen, aber warum war es uns nicht vergönnt?!

Letztens bin ich vor der Terrassentür gestanden und hab hinaus geschaut. Da ist, wie aus dem Nichts, eine kleine Feder ganz langsam herunter geschaukelt, direkt bei mir vorbei. Und für mich war sofort klar, das war jetzt ein Gruß von dir!

 

Lieber Benjamin, ich hoffe, es tut irgendwann einmal nicht mehr so weh, wenn ich an dich denke!

Ich hab dich lieb!

Mama

Helga Gostner